Oberammergau im Sauerland
Eindrucksvoll wird die Kreuzigung bei den Passionsspielen in Hallenberg in Szene gesetzt. Im Bild die letzte Aufführung 2010.
Foto: Freilichtbühne Hallenberg
Hallenberg. Seit 70 Jahren wird es immer wieder mit dem traditionsreichen bayerischen Passionsspielort Oberammergau verglichen: In Hallenberg finden seit 1950 ebenfalls alle zehn Jahre Passionsspiele statt. Im Unterschied zu Oberammergau sind sie in Hallenberg für dieses Jahr aber noch nicht abgesagt worden. Nach wie vor steht der 7.Juni als Termin für die Premiere im Kalender. Dazu will auch Erzbischof Hans-Josef Becker kommen.
von Markus Jonas
„Natürlich kann keiner die Hand dafür ins Feuer legen, dass unsere Passionsspiele stattfinden können“, sagt Pressesprecher Georg Glade. „Niemand weiß, wie die Lage sich entwickelt.“ Sollte eine Verlegung nötig sein, denke man darüber nach, die Spiele auf 2021 zu verschieben– oder zweizuteilen mit einer verkürzten Saison in diesem Jahr und einer zweiten Hälfte im kommenden Jahr. In Oberammergau wurden sie bereits auf 2022 verschoben.
Schon jetzt verzeichnen die Passionsspiele in Hallenberg einen großen Zuspruch, 15000 Vorbestellungen gibt es schon. Nach einem zweitägigen Casting in Hallenberg sind die Rollen bereits im November vergeben worden. Seitdem sprießen die Bärte von Apostel- und Pharisäer-Darstellern. Erste gemeinsame Proben haben deshalb bereits vor der Corona-Krise stattgefunden. „Wir haben alle großen Rollen schon einmal durch. Jetzt kommt das Feintuning“, erklärt Georg Glade. In Einzelproben geht es nun weiter– über Videotelefonie. Dabei trifft sich Regisseur Florian Hinxlage mit den einzelnen Hauptdarstellern und übt mit ihnen. „Ich hoffe, dass wir dann im Mai wieder auf der Bühne stehen können.“
Anders als in Oberammergau gehen die Passionsspiele in Hallenberg nicht auf ein Gelübde zurück. 1950 hatte die Spielschar der vier Jahre zuvor gegründeten sauerländischen Bühne den Entschluss gefasst, zum Heiligen Jahr 1950 die Wirkungs- und Leidensgeschichte Jesu Christi aufzuführen. Den Anstoß hatte der damalige Pastor Gerhard Reker gegeben. Wenige Jahre nach dem katastrophalen Krieg rief er zur Rückkehr aus Streit und Zwietracht zu christlicher Nächstenliebe und zur „Christianisierung aller Bezirke des Lebens“ auf. „Eine Welt, die in Trümmern liegt, soll wieder umgeformt und aufgebaut werden“, sagte er damals. „Das ist nicht anders möglich, als mit dem Bauherrn der Welten, der die Zeiten in seiner Hand trägt.“ Dazu sollte die Hallenberger Passion heimatnah beitragen, um auch denen, die sich eine Fahrt zu den Oberammergauer Spielen nicht leisten konnten, das Erlebnis der Passion zu ermöglichen. Der Erfolg gab ihm recht: 40000 Leute kamen. Seither steht die Passion alle zehn Jahre auf dem Programm. 2020 würde– einschließlich eines zusätzlichen Spieles 1965– die neunte Passion aufgeführt. Anders als in Oberammergau werden auf der Hallenberger Freilichtbühne übrigens auch ganz „normale“ Theaterstücke aufgeführt. Doch die Passion zieht die meisten Besucher an– im Durchschnitt der Spieljahre 1960 bis 2010 rund 35000.
Bei der letzten Premierenfeier 2010 ging es dabei in der Naturkulisse der Freilichtbühne durchaus dramatisch zu. „Als Jesus sein Kreuz nach Golgatha hinauf schleppte, verdunkelte sich tatsächlich der Himmel, Gewitterwolken zogen auf, und als das Kreuz Christi hoch über dem Bühnengrund aufgerichtet wurde, füllten Blitz und Donner die Szenerie“, berichtet Georg Glade. Die Tageszeitung meldete damals eine „Kreuzigung im Gewitter“, und kommentierte: „Als hätte der Himmel Regie geführt.“