Oh Schreck, es ist Sonntag!
Foto: Gabi Schoenemann / pixelio
Sonntags auf dem Friedhof: Ein Mann steht im Blaumann und mit Spitzhacke auf einem Grab und versucht, Pflanzen zu retten, die während seiner längeren Abwesenheit arg gedürstet haben. So weit, so ehrenvoll.
von Claudia Auffenberg
Auf den Hinweis, man sei nur ein bisschen irritiert, dass er das an einem Sonntag macht, sagt er: Ach, den gibt es doch nur noch in Paderborn.
Echt??? Irgendwie scheint sich der Sinn des Sonntags zunehmend zu verflüchtigen. Und wenn er gesehen wird als eine altmodische Vorschrift einer noch altmodischeren Kirche, dann muss sich der moderne Mensch natürlich davon emanzipieren. Früher war der Sonntag klar geregelt durch Kirche und Tradition. Wenn die Alten erzählen, dann war das kein freier Tag, sondern einer mit anderen Pflichten als den werktäglichen: Sonntagspflicht, Sonntagsbraten, Sonntagsspaziergang, Sonntagsstaat, Christenlehre, Andacht usw. Diese Dinge sind mehr oder weniger weg. Christenlehre gibt es nicht mehr, Sonntagskleidung ist heute eher die Jogginghose, jedenfalls hat das Jogging den Sonntagsspaziergang vielfach ersetzt, im Zeitalter artgerechter Tierhaltung ist auch der Sonntagsbraten infrage gestellt und die Sonntagspflicht, ach Gott, ja …
So gesehen müsste der Sonntag neu erfunden werden. Aber wozu brauchen wir ihn überhaupt noch? Weil er ein Geschenk an die Menschheit ist. Weil er den Menschen zum Menschen macht. Biblisch argumentiert: weil erst mit ihm, dem Tag der Ruhe, die Schöpfung vollendet ist. Zwar sind auch die einzelnen Werke der Schöpfung, das Meer, der Himmel, die Pflanzen und Tiere, der Mensch für sich gut. Aber das Gesamte ist erst am siebten Tag vollendet. Vollendet sein, ist das nicht die Sehnsucht des Menschen? Dass Dinge fertig sind, dass man wirklich zur Ruhe kommen darf. Endgültig ist das im Leben nicht möglich, aber vorübergehend schon. Es geht, Mensch, du darfst mal nichts tun. Oder sollte es genau das sein, wovor du dich fürchtest?