01.12.2017

Patron des Gemeinwohles

Der Glasmaler Nikolaus Bette gestaltete das Nikolaus-Fenster in der Pfarrkirche St. Jakobus d. Ä. in Winterberg.Foto: Ansgar Hoffmann

In Zeiten, in denen von unfassbarer Gier der eh schon Superreichen zu lesen ist, Stichwort: Paradise Papers, sei an einen Heiligen erinnert, den womöglich auch die ganz großen Steuersünder als Kinder schon mal in der Hand gehabt hatten: den heiligen Nikolaus.

von Claudia Auffenberg

Im Laufe der Jahre ist aus ihm ein Patron der Kinder geworden, eine knuddelige Figur, derer sich in gewissem Sinne auch ein amerikanischer Brause-­Hersteller bemächtigt hat. Aber Nikolaus ist kein Heiliger für die Kinder, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass man ihn zu den Kleinen ins Kinderzimmer schicken könnte, damit die Erwachsenen ihre Ruhe haben. Vielmehr ist er der Patron des Gemeinwohles und von daher wunderbar dazu geeignet, die Erwachsenen in Unruhe zu versetzen – auch zum Segen für die Kinder.

Wenn es bei Heiligengeschichten nur um biografische Daten ginge, wäre dieser Beitrag gleich zu Ende. Geboren wurde er vermutlich um 285 in der Türkei, gestorben ist er irgendwann um 350, ebenfalls in der Türkei. Er war wohl das Kind reicher Eltern und wurde als 19-Jähriger von seinem Onkel, der auch Nikolaus hieß und auch Bischof von Myra war, zum Priester geweiht. Das war es so ungefähr an historischen Fakten, die über ihn bekannt sind. Doch Heilige stehen immer auch für einen Aspekt der Botschaft Jesu und dieser wird bei Nikolaus in einem ganzen Strauß von Legenden erzählt, die sich in zahlreichen Bräuchen niederschlagen. Oft geht es dabei ums Schenken. Dies geht auf eine Legende zurück, die erzählt, wie Nikolaus in einer wirklich dramatischen Situation half und dies, als er noch gar nicht Bischof war. Ein Mann ist so arm, dass er seinen drei Töchtern keine Mitgift geben und sie somit nicht verheiraten kann. Der einzige Ausweg ist, sie zur Prostitution anzubieten. Nikolaus erfährt davon, er wirft nachts heimlich Gold durchs Fenster und bewahrt so die jungen Frauen davor.

Wenn diese Szene auf Altären oder in Kirchenfenstern dargestellt ist, verliert sie die Dramatik, zumal man in der Regel nur den großzügigen Nikolaus sieht. Daher sei noch mal klar gesagt: Wogegen Nikolaus hier agiert, gibt es bis heute. Die Rede ist von Zwangsprostitution, die – so sagen es die Fachleute – gerade in Deutschland ein ziemlich gutes Geschäft ist. Dies hat auch mit der Rechtslage zu tun. Seit 2002 hat Deutsch­land mit dem Prostituiertenschutzgesetz eine der liberalsten Gesetzgebungen zur Prostitution in Europa. Dazu kommentierte jüngst die Ordensfrau Schwester Dr. Lea Ackermann: „Damit ist Deutschland zum Transit- und Zielland für Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung geworden.“ Schwester Lea ist die Gründerin des Vereines ­SOLWODI – Solidarität mit Frauen in Not.

Es ist ein ekelhaftes Thema, der heilige Nikolaus hat sich dem gestellt. Und selbst wenn das nur eine Legende ist, sollte man sie weitererzählen. Denn es geht, auch wenn man es dem Nikolaustag gar nicht so anmerkt, am 6. Dezember durchaus um Leben und Tod. Das Christentum ist eben keine Frage der Deko.

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