Pfingstempfang – Zwischen Macht und Ohnmacht

Claudia Auffenberg moderierte die Podiumsdiskussion mit Reinhold Harnisch, Finja Miriam Weber, Michael Bredeck, Nadine Mersch und Kai Christian Moritz (v. l.). (Fotos: Patrick Kleibold)

Der Syno­dale Weg in Deutschland ist zu Ende. Doch was hat er gebracht und wie steht es aktuell um die Kirche? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des traditionellen ­Pfingstempfang des Diözesankomitees, der in diesem Jahr in Bielefeld-­Bethel stattfand.

Bielefeld-Bethel. Auslöser für den Syno­dalen Weg in Deutschland war der Missbrauchs­skandal der katholischen Kirche. Seitdem gibt es keine kirchliche Veranstaltung mehr, bei der dieses Thema nicht im Mittelpunkt steht, so auch beim diesjährigen Pfingstempfang des Diözesankomitees. „Das Thema ist nicht erfreulich, aber notwendig, denn schließlich geht es um die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche“, sagte die Moderatorin und Dom-­Chefredakteurin Claudia Auffenberg zu Beginn des Empfangs, zu dem 120 Personen gekommen waren. Ähnlich drückte sich der Vorsitzende des Diö­zesankomitees, Jan Hilkenbach, aus: „Heute haben wir ein ganz wichtiges Thema zu diskutieren. Der Umgang der katholischen Kirche damit entscheidet auch über ihre Zukunft.“

Was konkret geschehen muss, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, da­rüber diskutierten der Diözesanadministrator Monsignore Michael Bredeck, der Sprecher der Betroffenenvertretung im Erzbistum Paderborn, Reinhold Harnisch, die Vorsitzende des Diözesan­komitees, ­Nadine Mersch, die Syno­dale Finja Miriam Weber und der Schauspieler und Theologe Kai Christian Moritz, der mit einem Impulsvortrag die Podiumsdiskussion eröffnete. „Ob ihr wollt oder nicht, wir befinden uns immer noch in einem hierarchischen männerbündischen System. Es gibt systematische Ursachen für den Missbrauch, also braucht es auch systematische Ansätze, um ihn zu verhindern“, sagte Moritz. Jetzt käme es vor allem darauf an, das Machtgefüge innerhalb der katholischen Kirche zu verändern und die Macht auf viele Schultern zu verteilen.

„Ich bin selbst ein Überlebender, ich habe überlebt.“

Ähnlich sieht das der Sprecher der Betroffenenvertretung, Reinhold Harnisch, der selbst Opfer von Missbrauch wurde: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen. Aber es braucht auch ein ganzes Dorf, um es zu missbrauchen. Ich bin selbst ein Überlebender, ich habe überlebt.“ Eine der wichtigen Aufgaben der Kirche sei es, den Menschen Werte zu bringen. Das könne jedoch nur gelingen, wenn Kirche sich offen und ehrlich mit ihrer Vergangenheit und Herkunft beschäftige, denn wer seine Herkunft verleugne, der hätte auch keine Zukunft.

Dass jetzt im Erzbistum Paderborn entschieden wurde, auch die Amtszeit von Erzbischof em. Hans-­Josef Becker zu untersuchen, deutet ­Nadine Mersch als ein positives Signal. „Wir müssen alle Faktoren, die die sexuelle Gewalt befördern, beleuchten und schonungslos offenlegen. Wir müssen die erschlagende Macht­arithmetik in der Kirche durchbrechen, denn sie bedeutet, dass einige wenige die ganze Macht haben und alle anderen keine.“ Reinhold Harnisch fügte hinzu: „Die Macht teilen ist ­etwas, was die Kirche nicht kann.“

Diese düstere Prognose wollte ­Nadine Mersch jedoch nicht teilen. Sie habe immer noch die Hoffnung, dass es künftig gelingen könnte, Macht auf viele Personen zu verteilen. „Auch wenn wir beim Syno­dalen Weg nur einen Minischritt weitergekommen sind, so ist es trotzdem gut, dass wir ihn gegangen sind. Jetzt ist es auch unsere Verantwortung als Laien, bei den großen Themen nicht locker zu lassen.“ Sie selbst betrachtet die anderen Syno­dalen und sich selbst als wichtige Hoffnungsträger für die Zukunft der Kirche. Und sie fügte hinzu: „Lasst uns gemeinsam bewahren, was uns allen heilig ist, die Eucharistie. Wer ihr jedoch vorsteht, darüber sollten wir diskutieren.“

Laien stärker einbinden

Eine andere Gesprächs- und Diskussionskultur wünscht sich auch Finja Miriam Weber, die ebenfalls am Syno­dalen Weg teilgenommen hatte. „Anders als in der Kirche werden in meiner Generation Themen wie Sexualität nicht verschwiegen. Für uns ist es natürlich, darüber zu sprechen. Das wünsche ich mir auch von den Verantwortlichen in der Kirche. Wir müssen alle Themen gemeinsam in den Blick nehmen. Und die Laien müssen dabei viel stärker eingebunden werden.“

Wie das zukünftig aussehen könnte, wurde Monsignore Michael Bredeck gefragt. „Syno­dalität ist momentan noch ein Schlagwort, das von uns eingeübt werden muss.“ Der nächste Erzbischof stünde daher vor großen Themen. Er werde entscheiden müssen, wer künftig im Erzbistum in die Entscheidungsprozesse einbezogen werde. Und der neue Erzbischof werde es auch sein, der die Paderborner Missbrauchs­studie im nächsten Jahr entgegennehmen werde. „Das sind große Aufgaben“, sagte Bredeck.

Aus dem Publikum vom Pfingstempfang meldete sich die BDKJ-­Vorsitzende Annika Manegold zu Wort und lobte die bisherige Arbeit des Erzbistums: „In Paderborn gibt es ein gemeinsames Ringen, etwas, das es in anderen Diözesen so nicht gibt. Das ist ein Pfund und da­rüber freue ich mich sehr. Wir müssen jetzt aber auch ­aufpassen, dass wir das nicht wieder verlieren.“ Kai Christian Moritz knüpfte daran an und sagte, dass sich in allen Teilen der Kirche dringend die Haltung ändern müsse, ansonsten bräuchte man gar nicht erst über systemische Dinge reden und ansonsten ließe sich auch die Machtfrage nicht lösen. „Es braucht aber keine blutige Revolution und auch keine vatikanische Angst vor einer neuen Reformation. Es braucht jetzt eine handelnde Hoffnung“, sagte Moritz.

Patrick Kleibold

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