24.07.2020

Pralles Leben in St. Patrokli

Der stolze Raubvogel versorgt seine Brut weiter, obwohl die Kleinen auch schon erste Ausflüge unternehmen.
Foto: Härting

Für die Naturschützer der Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz Soest (ABU) ist das ein großer Erfolg, denn die Wanderfalken drohen auszusterben. Im Moment, sagte Christian Härting, wissenschaftlicher Mitarbeiter der ABU, sei die Tendenz aber wieder steigend.

Rund 230 Brutplätze gebe es zurzeit in NRW und die Besiedelung des Soester St.-Patrokli- Domes geht direkt auf die Arbeit des ABU zurück: Bereits im Frühjahr 2016 richtete die ABU ein „Eigenheim“ für die Falken ein. 

Nistkasten gebaut

An diesem Service waren maßgeblich Dr. Ernst Hegemann, Jürgen Behmer und Dr. Henning Vierhaus beteiligt. Die Tischlerei Müller wurde beauftragt, einen großen Nistkasten zu bauen. Immerhin hat der ausgewachsene Wanderfalke eine Körperlänge von 34 bis 58 Zentimetern und eine Spannweite von etwa 80 bis 120 Zentimetern. 

Eigentlich brüten Wanderfalken in Bäumen, Felsenhöhlen, in Nestern anderer Vogelarten und sogar auf Strommasten. Doch auch in den Kirchtürmen der Städte, wie im St.-Patrokli- Dom, fühlen sie sich sicher. 

Nach vier Jahren hatte sich endlich ein Wanderfalkenpärchen zur Brut niedergelassen. Vor allem kümmert sich die ABU um die Falkenfamilie. Die Zusammenarbeit mit Propst Dietmar Röttger und Küster Georg zur Heiden mit der ABU sei sehr gut, führte der Experte Christian Härting weiter aus. 

Anfang Mai waren die drei Küken geschlüpft. Sie hatten lediglich einen zarten Flaum und waren nicht viel größer als ein 1-Euro- Stück. Sie wuchsen aber rasant und waren nach 35 Tagen flügge. Der weiße Flaum wich den schiefergrauen Federn. Dazu passend hat der Wanderfalke quietschgelbe Krallen. 

Kleine Rettungsaktion erforderlich

Inzwischen sind die Vögel flügge geworden und am 10. Juni fand der erste Jungvogelausflug statt. Eine kleine Rettungsaktion wurde beim Erwachsenwerden auch notwendig: Am 14. Juni entdeckte ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes einen der jungen Wanderfalken, der auf dem Boden in der Nähe des Nistkastens saß. Dieser hatte wohl die Orientierung verloren. 

Er gab ihn in die Obhut des Tierarztes Dr. Hegemann, der ihn zunächst versorgte. Am 15. Juni konnte der Wanderfalkennachwuchs in der Nähe des Nistkastens wieder freigelassen werden und er fand gleich zu seinen Artgenossen zurück. 

Die Kleinen werden von ihren Eltern noch eine ganze Zeit weiter versorgt, obwohl sie schon selbst jagen können. Auf der Speisekarte stehen fast ausschließlich fliegende Vögel, die sich im freien Luftraum befinden. Die in der Nähe des Glockenturmes lebenden Tauben müssen vorsichtig sein, denn auch sie gehören zur Beute.

Im Sturzflug

Im Sturzflug auf das Opfer kann eine Fluggeschwindigkeit von 390 km/h erreicht werden. Härting wohnt in der Nähe des Brutplatzes und hört jeden Tag, wie der Vogelnachwuchs noch um Futter bettelt. Noch sind die Falken da, doch bald werden sie ausfliegen und sich ein Revier sichern.

Die Identität des Elternpaares konnte festgestellt werden: Das Männchen wurde 2017 als Nestling einer 4er-Brut in Werne am Gerstein-Kraftwerk beringt. Das Weibchen wurde 2018 als Nestling einer 3er-Brut in Ebeleben/Kyffhäuser an einem Getreidesilo beringt. Damit beträgt die Entfernung zwischen Geburtsort und Brutplatz sogar 185 Kilometer.

Info

Der Wanderfalke

Der Wanderfalke zählt zu den größten Vertretern der Falkenfamilie und ist mit einer Spitzengeschwindigkeit von 320 km/h das schnellste Tier des Planeten. Wanderfalken sind hoch spezialisierte Vogeljäger; die Nahrung besteht fast ausschließlich aus kleinen bis mittelgroßen Vögeln, die im freien Luftraum erjagt werden. Die Sturzflüge aus großen Höhen bei der Jagd und die dabei erreichten hohen Geschwindigkeiten sind spektakulär.

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