Regenbogen – Ein Editorial von Claudia Auffenberg

Der Regenbogen als Zeichen. (Foto: Unsplash)

Zu den vielen Libori-Regeln gehört auch die, dass es einmal in die Pötte (auf dem Pottmarkt) regnen muss. In diesem Jahr hat es deutlich mehr als einmal in die Pötte geregnet. Unter anderem musste die Schrein-Prozession zur Rückführung der Reliquien über den Pottmarkt entfallen. Aber manchmal mündet so ein Schauer in ein grandioses Naturschauspiel: den Regenbogen. So geschehen am Libori-Montagabend. Wie man schon bald bei WhatsApp und bei Facebook sehen konnte, war jener Regenbogen in diesem Jahr womöglich nach dem Schrein und dem Riesenrad das meistfotografierte Objekt. Und wer den richtigen Standort hatte, für den erschien der Regenbogen genau über dem Dom.

Das ist insofern bemerkenswert, weil genau an jenem Montag im Dom mehrfach für die Themen gebetet wurde, für die gemeinhin der Regenbogen, zumindest die Regenbogenfahne, steht: für Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit. Sowohl im Frauengottesdienst als auch in der Betstunde des Diözesankomitees ging es darum, dass sich jeder Mensch in dieser Kirche heimisch fühlen möge oder anders formuliert: dass die Kirche jedem Menschen eine Heimat bietet. 

Claudia Auffenberg: „Ja zur Schöpfung insgesamt“

Nun muss man sagen, dass dieses Bild von Kirche nicht die Idee irgendwelcher linksgedrehten „Alles muss anders werden“-Katholiken ist, sondern dass Gott sie in die Welt gesetzt hat. Dafür steht nach biblischer Überlieferung der Regenbogen, auch wenn es damals die Kirche noch gar nicht gab. Gott jedenfalls schließt einen Bund für alle kommenden Generationen, dass er nie wieder die Erde vernichten wird. Die Geschichte kennen wir alle seit Kindertagen. Es ist sein zweites Ja zur Schöpfung insgesamt. Dennoch stellt sich die Menschheit bzw. die Kirche bzw. ihre Leitung seit Jahrhunderten die Frage: Was meint „insgesamt“? Genauer gesagt wurde diese Frage nicht gestellt, sondern beantwortet: „Insgesamt“ meint nicht alle, sondern nur diejenigen, die bestimmte Kriterien erfüllen. 

Und – ehrlich gesagt – fallen einem selbst Leute ein, zu denen Gott doch nicht wirklich Ja sagen kann. Jedenfalls ist der Gedanke, dass der Bund Kriegstreibern und Despoten genauso gilt wie den zerschundenen Seelen in Odessa, in Syrien oder im Jemen, schwer erträglich. Das sind die ganz großen Bösewichte. In der eigenen Umgebung gibt es auch noch den einen oder anderen, der auf die persönliche „Muss nicht“-Liste käme. Und … ähm … man selbst steht womöglich auch auf irgendjemandes Liste. 

Dieses Gedankenspiel zeigt: So kann es nicht gehen, weil so Unfrieden gesät wird. Man muss nicht jeden mögen, aber jeder ist Teil der Schöpfung und somit Bündnispartner Gottes – des Gottes Jesu, und das ist der mit dem Regenbogen, mit dem grundsätzlichen Ja zur Schöpfung insgesamt. 

Ihre Claudia Auffenberg

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