Rüstzeug für die Zukunft erarbeitet
Arnsberg: Hier sprachen 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über das, was sie in ihrem Arbeitsalltag freut oder ärgert. Fotos: pdp
Erzbistum (pdp/nü). Zu drei Tagesveranstaltungen traf sich die Leitung des Erzbistums Paderborn in der vergangenen Woche mit Priestern, Gemeindereferentinnen und -referenten sowie Diakonen. Erzbischof Hans-Josef Becker hatte das pastorale Personal eingeladen, damit sich die Frauen und Männer mit der Bistumsleitung darüber austauschen konnten, was sie in ihrem Arbeitsalltag bewegt, was sie freut und was sie ärgert. Zu den Diskussionen, die in Arnsberg-Neheim, Dortmund und Paderborn stattfanden, kamen insgesamt über 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
„Mehr Raum, weniger Personal“, so beschrieb Jutta Hanmann, Gemeindereferentin im Pastoralverbund Dortmund Süd-West eine der Herausforderungen, mit denen das pastorale Personal in den katholischen Kirchengemeinden konfrontiert ist. Positiv hob sie hervor, dass sie sich durch das Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn in ihrer Arbeit und der Rolle als Gemeindereferentin bestärkt fühle.
„Zwischen Anforderung und Überforderung“ hieß denn auch der Titel, unter dem Erzbischof Becker zum Austausch eingeladen hatte. Um den Umgang mit diesen Anforderungen einer permanenten Veränderung in Kirche und Gesellschaft ging es in Dortmund bei einer Gesprächsrunde mit Dechant Klaus Fussy (Bielefeld), Jutta Hanmann (Dortmund), Diakon Wolfgang Andratschke (Wanne-Eickel) und Pastor Stefan Schmitz (Unna). Dabei beschrieb Dechant Fussy einerseits einen starken Wunsch in den Gemeinden, möglichst am Alten festzuhalten, andererseits aber auch eine neue Kirchenentwicklung. Diese zeige sich beispielsweise im CityKloster Bielefeld und der Gemeinschaft Sant’Egidio. „Hier wächst ein neuer Kirchentyp mit Menschen, die wir in den Gemeinden bisher nicht kennen“, erklärte Klaus Fussy.
Das vor knapp drei Jahren veröffentlichte Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn bildete den Hintergrund aller Gespräche. In Arnsberg beschrieben Pfarrer Andreas Schulte, Leiter des Pastoralen Raumes Balve-Hönnetal, Pastor Franz Drüke aus dem Pastoralverbund Soest, Gemeindereferentin Claudia Fischer aus der Pfarrei St. Johannes Baptist in Neheim-Voßwinkel und Diakon Michael Freundt aus der Pfarrei St. Peter und Paul in Siegen ihre gegenwärtige Situation. Sie berichteten einerseits davon, dass der pastorale Raum die Teamarbeit gestärkt habe, dass es besser möglich sei, eigene Schwerpunkte und Fähigkeiten einzubringen und dass die Begegnung mit Menschen eine wichtige Quelle von Freude und Zufriedenheit sei. Andererseits erlebe man aber auch eine größere Anonymität, ein Denken in Fronten, zwischen denen nur schwer zu vermitteln sei sowie die Tatsache, dass Kirche zum Beispiel bei kommunalen Ereignissen nicht mehr selbstverständlich dabei sei und „Beziehungsarbeit“ leisten müsse, um dabei zu sein.
Bei der Debatte in Paderborn betonten Pfarrer Michael Schmidt aus Meschede, Pastor Michael Krischer aus Versmold, Diakon Theo Breul aus Paderborn und Gemeindereferentin Alexandra Boxberger aus Paderborn das gute Miteinander in den Pastoralteams, das die Arbeit motiviere. Pfarrer Schmidt berichtete, dass oftmals der Wunsch an ihn herangetragen werde, die Kirche solle im Dorf bleiben. „Dafür muss das Dorf aber auch in der Kirche bleiben“, so Pfarrer Schmidt weiter. Was für die jeweiligen Berufsgruppen wichtig ist, sei Wertschätzung der Mitarbeiter, so Gemeindereferentin Boxberger. Pastor Krischer wünscht sich eine Stärkung der priesterlichen Identität. Mehr Tempo und mutige Entscheidungen, um einer Lethargie entgegenzuwirken, ist der Wunsch von Diakon Breul und für Pfarrer Schmidt ist es wichtig, dass die Veränderungen vor Ort auch von der Bistumsleitung mitgetragen werden.
Auch Mitglieder der Bistumsleitung wurden nach der Einschätzung der derzeitigen Situation des pastoralen Personals gefragt. Erzbischof Becker sagte, er erhoffe sich von den Gesprächen den Beginn eines gemeinsamen Verständnisses, was die Sorge um und Fürsorge für die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge angehe. Der Tag solle dazu dienen, dass die Frauen und Männer mit den von außen und von innen kommenden Ansprüchen besser umgehen könnten. Becker zeigte sich überzeugt davon, „dass wir gegenwärtig keine Sterbestunde der Kirche erleben“. Zwar sei eine allgemeine Akzeptanz von Glaube und Kirche in der Gesellschaft nicht mehr gegeben, aber stattdessen gebe es die Erfahrung, dass im konzentrierten Miteinander neue Entdeckungen gemacht werden könnten.
Mit Blick auf das kommende Jahrzehnt sagte der Erzbischof: „Wir werden uns von dem Grundgedanken verabschieden müssen, dass wir alles flächendeckend leisten können.“ Ausdrücklich ermutigte er die anwesenden Seelsorgerinnen und Seelsorger dazu, auch Dinge aufzugeben. Hier sei es besonders wichtig, dass ein Team an einem Strang ziehe und die Entscheidung unterstütze.
Monsignore Dr. Michael Bredeck, Leiter des Projektes Bistumsentwicklung, sagte, dass man mit dem Zukunftsbild etwas Entscheidendes ins Gespräch gebracht habe: Es werde nicht „einfach abgeheftet“, sondern man arbeite an den Konsequenzen. Er erlebe außerdem, dass sich ganz unterschiedliche Leute aus unterschiedlichen Richtungen auf das Zukunftsbild beriefen. Die vielfältige Kommunikation und Vernetzung, die der Text ausgelöst habe, freue ihn. „Ich habe mir manches zwar schneller erhofft“, schloss er. „Aber wir dürfen die Menschen auch nicht überfordern.“
Dass auch die Bistumsleitung darum ringe, wo der Weg hingehe und was der richtige Weg sei, sagte Monsignore Andreas Kurte, Leiter der Zentralabteilung Pastorales Personal im Erzbischöflichen Generalvikariat. Er stellte fest, dass es immer schwieriger werde, Pfarrerstellen zu besetzen: einerseits weil die Zahl der Priester weniger geworden sei, andererseits weil nicht jeder ein komplexes Gebilde wie einen pastoralen Raum leiten könne. Generell werde der Personaleinsatz heute nicht mehr „auf dem Schachbrett geplant“, sondern funktioniere über den Dialog, sagte er. Es gehe nicht um Besetzung von Stellen, sondern um Menschen, die mit ihren Fähigkeiten „richtig“ und geeignet für eine Aufgabe sind. „Von den Priestern, Gemeindereferentinnen und Diakonen erwarte ich eine grundsätzliche Mitgehbereitschaft für den eingeschlagenen Weg“, betonte er.
Aus den Tagen für das pastorale Personal nimmt jeder Teilnehmer seine ganz eigenen Eindrücke und Wünsche mit. Für Monsignore Kurte ist dies zum Beispiel die offene Kommunikation zwischen Bistumsleitung und dem pastoralen Personal: „Ich habe diese konstruktive Art der Kommunikation bisher noch nicht so häufig erlebt. Das war für mich sehr bereichernd und ich wünsche mir, dass sie anhält.“
„Wir haben uns bereits sehr gut im Sinne des Zukunftsbildes entwickelt“, stellt Monsig-nore Bredeck hinaus, „doch wir müssen uns weiterhin noch viele Gedanken machen und dabei alle Ebenen in die Überlegungen mit einbeziehen. Ein Ende des Weges ist noch nicht zu sehen.“
Auch Prälat Dornseifer verspürt eine hohe Zufriedenheit hinsichtlich der Offenheit und Ehrlichkeit, die alle drei Tage über zu finden war. „Nun ist es unsere Aufgabe, diesen Austausch weiter zu pflegen und die Fragen der Zukunft sinnvoll zu stellen“, so Prälat Dornseifer.
Die Erwartungen von Erzbischof Becker waren vor Beginn der Begegnungen sehr durchmischt. „Das gebe ich ehrlich zu“, so der Erzbischof. „Doch ich gehe sehr ermutigt aus diesen Tagen heraus und bin sicher, dass wir ein gutes Rüstzeug erarbeitet haben. Dankbarkeit, Zuversicht und Nachdenklichkeit – das sind die drei Emotionen, mit denen ich nun die nächsten Schritte angehen werde.“ Die Begegnung und die Zusammenführung der Berufsgruppen habe er als einen förderlichen Austausch und wertvolle Ermutigung erfahren.