31.07.2020

Satt, aber nicht träge!

Wir sind untrennbar eingewoben in die Liebe Gottes, die wir großzügig weitergeben können. Foto: Silvio Bilinski/Pixabay

Die Texte des heutigen Sonntags zeichnen ein Bild davon, wie überreich wir durch die Liebe Gottes beschenkt werden. In den Versen aus dem Buch Jesaja wird das Hören auf das Wort Gottes verglichen mit dem Essen des Besten und einem Laben an fetten Speisen. 

Die Verse dieser Lesung stammen aus einer Zeit, in welcher die Menschen mit Hunger vertraut waren. Auch wenn für viele von uns Hunger keine alltägliche Erfahrung mehr ist, kann uns dieser Vergleich daran erinnern, dass uns jedes Wort unseres Gottes nährt. Wir sollen offenbleiben dafür, dass Gottes Wort uns etwas schenken kann, was wir mit keinem Geld der Welt kaufen können. Vielleicht kennen wir das Gefühl, satt und träge, aber nicht zufrieden und belebt zu sein und die Verse der ersten Lesung führen uns vor Augen, dass wir trotz unserer Sattheit den Hunger der Seele nach Sinn und Wahrheit nicht vergessen dürfen: Im Wort wird die lebendig machende Wahrheit offenbar und es zeigt sich, mit welchem Überfluss und mit welch tragender „Nahrung“ uns Gott beschenkt – mit einem „ewigen Bund“ (Jes 55,3).

Liebe Gottes immer da

Auch Paulus erinnert mit seinen eindringlichen Worten an das Übermaß der Liebe, mit welcher wir durch Christus beschenkt wurden. Es scheint unvorstellbar, aber die Liebe Gottes ist in unserem Leben immer da. Sie ist ein unumstößliches Faktum, egal, was geschieht und was kommen mag. Paulus kann so sicher über diese Liebe sprechen, weil er weiß: Die Liebe Gottes ist eine Liebe, die in Jesus Christus alles, wirklich alles überwunden hat. In dieser Zusage steckt auch ein Appell: Lasst euch nicht trennen von dieser Liebe, die immer bei euch ist. Erzählt von ihr und seid würdige Boten dieser Liebe! 

Im Evangelium wird uns ebenfalls ein unvorstellbarer Überfluss vor Augen geführt. In der Gegenwart Jesu werden mehr als fünftausend Menschen von fünf Broten und zwei Fischen satt. Ein Schlüsselsatz dieses Evangeliums ist für mich die Aufforderung in Vers 16b: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ Ganz selbstverständlich fordert Jesus die Jünger auf, die zahlreichen Menschen zu versorgen, als diese ihm nahelegten, die hungrigen Menschen in die Dörfer zu schicken (vgl. Mt 14,15). Letztlich brauchen die Jünger die Hilfe Jesu, um die Menschen zu sättigen, denn sie sehen sich nicht in der Lage, mit dem Wenigen, was sie haben, die vielen zu versorgen. Jesus hilft ihnen, und die Jünger können Brot und Fisch in solch einem Überfluss verteilen, dass immer noch zwölf Körbe Brot übrigbleiben. 

Kümmert euch um die Menschen!

„Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Mt 14,16b) Kümmert euch um die Menschen! Schickt sie nicht weg! – Diese Aufforderungen ergehen auch an uns als Jünger und Jüngerinnen Christi. Wir selbst dürfen uns beschenken und überfluten lassen vom Übermaß und Überfluss der Liebe Gottes. Von einem Überfluss, der lebendig macht, der nicht ermüdet, lähmt und uns abstumpfen lässt. Gestärkt und  sicher, untrennbar verbunden mit der Liebe Gottes dürfen, können und müssen wir von dieser Liebe künden und uns um die Menschen kümmern. Dieses Kümmern kann beides bedeuten: Zum einen bedeutet es, die Menschen zu speisen, ihre Bedürfnisse im Blick zu haben, für eine gerechtere Verteilung der Güter auf der Welt einzu treten, gegen Hungerkatastrophen anzukämpfen und sie nicht als  gegeben zu akzeptieren. Zum anderen bedeutet es auch, zu verkünden, dass der Mensch nicht nur von Brot, sondern von  jedem Wort lebt, das aus Gottes Mund kommt (vgl. Mt 4,4b). 

Brotvermehrung: Mit dem Begriff „Brotvermehrung“ werden biblische Sättigungsgeschichten bezeichnet, wie sie uns bereits im Alten Testament begegnen. Auch im Neuen Testament sind verschiedene Brotvermehrungs erzählungen zu finden. Sie lassen sich zur Gattung der Geschenkwunder zählen, bei denen Jesus Menschen mit materiellen Gütern, hier dem Überfluss an Speisen, beschenkt. Bei diesen Erzählungen werden die Bedürfnisse, Hoffnungen und Nöte der Menschen aufgegriffen und sie werden aus einer Notlage befreit. Jesus stillt die Hoffnungen und Sehnsüchte der Menschen im Übermaß. Die Kraft und der Bedeutungsgehalt dieser Erzählungen wurden in der christlichen Ikonografie aufgegriffen und dargestellt.

Jessica Bohn, Diplom-Theologin, Studium der Theologie und Lehramtsstudium in Paderborn, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neues Testament an der Theologischen Fakultät Paderborn (derzeit in Elternzeit), verheiratet, 4 Kinder

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