Sehenden Auges durch die Krise
Abbildung: Bonifatius GmbH
Was kommt da in naher Zukunft auf uns zu? Krisenszenarien können einen irremachen. Doch „Gott gab uns nicht den Geist der Verzagtheit, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“, schreibt der Apostel Paulus. Wir haben uns im Erzbistum umgehört: Wie können wir Krisen meistern?
Worauf kommt es jetzt an?
„Offen rede man mit ihm über alles Harte und Schwere auf dem Weg zu Gott.“ (RB 58,8)
Die Worte, die der heilige Benedikt in seiner „Ordnung bei der Aufnahme von Brüdern“ schreibt, zeigen eine wichtige Haltung in Bezug auf Krisen jeder Art: Krisen gehören zum Leben. Sie kommen sowohl auf dem geistlichen Weg wie im alltäglichen Leben, beim Einzelnen wie in einer Gemeinschaft vor. Es bringt nichts, Krisen zu leugnen. Benedikt ist für eine offene Kommunikation schon mit den Novizen im Kloster: Ja, es geht nicht alles glatt im Leben, es ist nicht alles Zuckerschlecken, es gibt Hartes und Schweres. Vermeiden kann ich die Krise nicht, auch wenn ich sie leugne und nicht wahrhaben will. Wenn ich mir aber bewusst mache, dass es Krisen gibt, dann kann ich mich darauf vorbereiten – und nicht nur auf die Krise reagieren, sondern Handelnder bleiben – mitten in der Krise. Dann gehe ich sehenden Auges durch die Krise.
Was können wir tun?
„Dass aber alle zur Beratung zu rufen seien, haben wir deshalb gesagt, weil der Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist.“ (RB 3,3)
In der Krise ist Kommunikation das A und O. Alle müssen, so gut es geht, informiert sein – nicht immer über alles und im Detail, aber doch über Grundlegendes. Für Benedikt gibt es noch einen wichtigen Grund, warum alle informiert und zur Beratung hinzugezogen werden sollen. „Der Herr offenbart oft einem Jüngeren, was das Bessere ist.“ In einer Zeit, wo der sogenannte pater familias, der Hausvater, sogar über Leib und Leben seiner Kinder entschieden hat, war ein solcher Satz geradezu revolutionär. Benedikt setzt nicht nur auf die Weisheit der Alten, sondern auch auf das Überraschungsmoment der Jungen. Gerade wenn jemand neu im „System“ ist, noch nicht lange dabei, kann er oder sie eingespielte Sichtweisen aufbrechen und neue Lösungsperspektiven vorschlagen.
Warum lohnt es?
„Er (Christus) führe uns gemeinsam zum ewigen Leben.“ (RB 72,12)
Gerade in Krisenzeiten zeigt sich oft die Stärke einer Gemeinschaft. Wenn die Krise nicht verleugnet wird, wenn jeder informiert wird und wenn jeder seine Meinung frei sagen kann, dann kommt eine Gemeinschaft auch zu tragfähigen Lösungen. Und in allem dürfen wir darauf vertrauen, dass es einen gibt, der uns gemeinsam durch die Krise führt: Christus. Während der Corona-Krise hat einer meiner Mitbrüder einmal gesagt: „Auch wenn wir gerade keine Gäste haben, keine Sicherheit, wie es weitergeht, in Quarantänezeiten sogar kein gemeinsames Gebet, so haben wir doch uns.“ Gerade in Krisenzeiten habe ich bisher immer die Erfahrung machen dürfen, wie eine Gemeinschaft durch eine Krise ganz neu sich gefunden hat, zusammengewachsen ist – im Bewusstsein, dass es letztlich Christus ist, der uns gemeinsam durch die Krisen führt.
Der Autor
P. Maurus Runge ist seit 1997 Benediktiner in der Abtei Königsmünster in Meschede. Dort arbeitet er im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Internet/Social Media), in der Missionsprokura und als Exerzitienbegleiter.
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