Synodaler Weg – Scharfe Kritik aus dem Vatikan
Beim Treffen der Bischöfe der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) mit den Leitern der vatikanischen Dikasterien im Zuge ihres Ad-limina-Besuches im Vatikan hagelte es ordentlich Kritik am Synodalen Weg in Deutschland.(Foto: KNA)
Vor knapp zwei Wochen waren die deutschen Bischöfe zum Ad-limina-Besuch in Rom. Erst mit einiger Verspätung veröffentlichte der Vatikan die Kritik von zwei wichtigen Kurienkardinälen am Reformprozess „Synodaler Weg“ im Wortlaut, die sie den deutschen Bischöfen in Abwesenheit des Papstes vorgetragen hatten.
Vatikanstadt (KNA/KLEI). Der Vatikan hat die Kritik von zwei Kurienkardinälen am Reformprozess im Wortlaut veröffentlicht. Die Reden hatten der Präfekt des Glaubens-Dikasteriums, Luis Ladaria, und der Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe, Marc Ouellet, den deutschen Bischöfen in Abwesenheit des Papstes vorgetragen. Digital publiziert wurden die Reden von Vatican News in mehreren Sprachen. Danach sollten sie auch in der italienischen und in der deutschen Ausgabe des „Osservatore Romano“ erscheinen. Ein Debattenbeitrag von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bleibt vorerst unveröffentlicht. Das Einführungsreferat des deutschen Episkopatsvorsitzenden Georg Bätzing hatte die Deutsche Bischofskonferenz vergangene Woche im Netz publiziert.
Kurienkardinal Luis Ladaria, der im Auftrag des Papstes über die Bewahrung der kirchlichen Glaubenslehre wacht, ging in seinem Beitrag auf die Kirchenkrise infolge des Missbrauchsskandals ein und sagte. „Es gibt sehr viele, die sich von den Männern und Frauen der katholischen Kirche zutiefst verraten fühlen […] und kein Vertrauen mehr in uns Bischöfe haben. Und das geschieht nicht ohne Grund.“ Ladaria lobte die Bemühungen der deutschen Bischöfe, dem Missbrauch mit Aufklärung, Strafen und Vorbeugung entgegenzutreten. Zugleich machte er kritische Anmerkungen zum Synodalen Weg, mit dem die Kirche in Deutschland weitergehende Konsequenzen aus dem Skandal zu ziehen versucht.
Kritik am Kirchenbild der Texte
Er merkte an, Texte des Synodalen Weges enthielten „allgemeine Aussagen über die im Volk Gottes vorhandenen Positionen, anspielende Verweise auf wissenschaftliche […] Erkenntnisse, die noch in der Diskussion sind, […] und schließlich Verweise auf ungenannte Theologen“. Ladaria schlug vor, das Gremium solle ein „Schlussdokument“ verfassen, in dem weniger solche ungesicherten Behauptungen enthalten seien.
Scharfe Kritik übte Ladaria am Kirchenbild der Texte. Sie würden die Kirche „auf eine bloße Machtinstitution reduzieren oder sie von vornherein als eine strukturell Missbrauch hervorbringende Organisation betrachten, die so schnell wie möglich unter die Kontrolle von Oberaufsehern gebracht werden muss“. Viele dieser Vorschläge liefen Gefahr, die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) von der Sendung der Bischöfe zu missachten.
Mit ähnlicher Schärfe wandte sich Ladaria gegen die Sexuallehre in den Synodaltexten. Sie erweckten den Eindruck, als ob auf diesem Gebiet der kirchlichen Lehre alles geändert werden müsse. Die Bewahrung des „Leben empfangenden und weitergebenden Charakters des Menschen“ bleibe aber unverändert eine der großen prophetischen Aufgaben der Kirche in einer Zeit der „fortschreitenden Kommerzialisierung der menschlichen Existenz“.
Die Frauenfrage und das Bischofsamt
Zur Frauenfrage bemerkte Ladaria, die Texte des Synodalen Weges reduzierten alles auf die Behauptung, dass die Würde der Frauen nicht respektiert werde, weil sie keinen Zugang zur Priesterweihe haben. Dies werde der kirchlichen Lehre nicht gerecht, zudem enthalte der Text viel Polemik. Ladaria regte an, der Synodale Weg solle dazu eine „Synthese“ verfassen, die deutlich mache, dass die deutschen Ortskirchen Teil der Weltkirche seien.
Schließlich kritisiert Ladaria, dass der Synodale Weg die Lehren des Konzils über das kirchliche Lehramt der Bischöfe weitgehend vergesse. Es sei aber „nicht möglich, diese heikle und entscheidende Aufgabe im Leben der katholischen Kirche mit anderen Ämtern in der Kirche gleichzusetzen, wie zum Beispiel mit denen der Theologen und der Experten in anderen Wissenschaften“.
Ähnlich kritisch äußerte sich Marc Ouellet. Er sagte, die deutschen Vorschläge enthielten zwar viele „vertretbare“ Elemente, die aber hinsichtlich des Menschenbilds und der Kirchenlehre „ernsthafte Schwierigkeiten aufwerfen“. Kritiker sprächen deshalb von einem „latenten Schisma“, das die Synodaltexte festzuschreiben drohten.
Ouellet: Missbrauchsfälle würden ausgenutzt, um andere Ideen durchzusetzen
Dazu Ouellet: „Ich weiß sehr gut, dass es nicht Ihre Absicht ist, einen Bruch mit der universalen Gemeinschaft der Kirche herbeizuführen.“ Dennoch sei es „auffällig, dass die Agenda einer begrenzten Gruppe von Theologen […] plötzlich zum Mehrheitsvorschlag des deutschen Episkopats geworden ist: Abschaffung des Pflichtzölibats […], Zugang von Frauen zum geweihten Amt, moralische Neubewertung der Homosexualität, strukturelle und funktionale Begrenzung hierarchischer Macht, von der Gender-Theorie inspirierte Überlegungen zur Sexualität“.
Es entstehe der Eindruck, dass die Missbrauchsfälle „ausgenutzt wurden, um andere Ideen durchzusetzen, die nicht unmittelbar damit zusammenhängen“. Und weiter: „Es scheint uns, dass wir vor einem Projekt der ‚Veränderung der Kirche‘ stehen und nicht nur vor pastoralen Neuerungen im moralischen oder dogmatischen Bereich. Leider muss ich feststellen, dass dieser globale Vorschlag, in Deutschland und anderswo bereits weithin bekannt gemacht, die Gemeinschaft der Kirche verletzt, weil er Zweifel und Verwirrung unter dem Volk Gottes sät. Tagtäglich erreichen uns unmittelbare Zeugnisse, die das Ärgernis beklagen, das dieser unerwartete, einen Bruch mit der katholischen Tradition darstellende Vorschlag bei den Kleinen verursacht.“ Daher sei es nicht verwunderlich, dass diese Ergebnisse nicht nur die örtliche Bischofskonferenz und die Kirche in Deutschland spalteten, sondern auch den Weltepiskopat, der es nicht an einer erstaunten und besorgten Reaktion habe fehlen lassen.
Synodaler Weg: Glaubensproblem in Bezug auf das Lehramt
Ouellet kritisierte auch die Haltung des Synodalen Weges gegenüber der endgültigen Entscheidung von Johannes Paul II. hinsichtlich der Unmöglichkeit für die katholische Kirche, die Priesterweihe von Frauen vorzunehmen. „Diese Haltung offenbart ein Glaubensproblem in Bezug auf das Lehramt und einen gewissen um sich greifenden Rationalismus, der sich nur dann an Entscheidungen hält, wenn sie persönlich überzeugend erscheinen oder vom allgemein verbreiteten Denken akzeptiert werden. Dieses symbolische Beispiel untergräbt zusammen mit den anderen moralischen und disziplinarischen Veränderungen, die befürwortet werden, die Verantwortung der Bischöfe für ihr primäres Amt und wirft einen Schatten auf die Gesamtheit der erwähnten Bemühungen der Versammlung, die offenbar stark von Interessengruppen beeinflusst und daher von vielen als riskante Initiative beurteilt wird, die dazu bestimmt ist, zu enttäuschen und zu scheitern, weil sie ‚aus der Bahn geraten‘ ist.“
Am Ende seiner Rede schlug Ouellet deshalb ein „Moratorium“ für den Reformprozess Synodaler Weg vor. Dieser Vorschlag wurde jedoch von fast allen deutschen Bischöfen in Rom abgelehnt.
Weitere Berichte zum Prozess Synodaler Weg unter www.derdom.de