Theatrum sacrum
Foto: Claudia Auffenberg
In Paderborn hingen bis vor kurzem Plakate, die auf den ersten Blick ziemlich fromm aussahen. „Gott lebt“, stand da oder: „Selig sind die Friedfertigen“.
von Claudia Auffenberg
Der klischeegeleitete Besucher dachte vermutlich, dass im knallkatholischen Paderborn natürlich die Katholiken solche Plakate aufhängen. Die Paderborner Katholiken dagegen wissen, dass Katholiken niemals solche Plakate aufhängen würden und hatten womöglich eher irgendwelche Evangelikalen im Verdacht. Die haben es doch mit solcher Art Bekennertum, oder nicht?
Tatsächlich steckte das Theater Paderborn dahinter, es warb damit für sein Stück „Das brandneue Testament“. Auf einem dieser Plakate war der Herr Jesus zu sehen, ihm gegenüber eine junge Frau, darüber stand: Mit Jesus abhängen. Das sollte vielleicht eine provozierende Überschrift sein. Wir lassen uns aber nicht provozieren, sondern viel lieber in uns alte Träume wach werden. Mit Jesus abhängen, das hat man sich doch schon in seinen stürmischen Zeiten gewünscht, damals, als man noch „abhing“, also, als man für ein gemütliches Essen mit Freunden weder Möbel noch Geschirr benötigte, jedenfalls nicht aus feinem Porzellan.
So leger müsste es heute nicht mehr sein, zumal man in einem Alter angekommen ist, in dem man ganz gerne einen Stuhl zum Sitzen hat, aber so ein ungezwungenes Miteinander wie damals, das wäre schön! Ein Gespräch führen, in dem man sich nicht beweisen muss, in dem man nicht auf seine Wortwahl oder seine Gestik aufpassen muss. Ein Gespräch in Freiheit und wohlwollender Atmosphäre, ohne Konkurrenzdruck, Taktik und Protokoll. Vielleicht – hoffentlich – ist so ein Gespräch mit ihm mal möglich.
Tja, und so löst ein ganz unadventlich gedachtes Plakat höchst adventliche Sehnsüchte aus …