Tornado in Paderborn – „Ein ökologisches Desaster“
Allein im Raum Paderborn hat ein Tornado an kirchlichen Gebäuden Schäden von fünf bis zehn Millionen Euro angerichtet. So ist etwa das Liborianum schwer getroffen und auch die imposante Rotbuche im Garten des Konrad-Martin-Hauses steht nicht mehr. Am Dom gibt es offenbar keine Schäden.
Paderborn/Höxter/Lippstadt (Flüter / -berg / -haus). Das Kreuz an der Spitze des Kirchturmes von St. Laurentius im Westen Paderborns ist mehr als zwei Meter hoch und schwer. Gegen den Tornado, der am späten Nachmittag des vergangenen Freitags durch Paderborn zog, hatte das Kreuz aus Kupferrohren keine Chance. Als die Windhose über das Kirchengelände an der Klöcknerstraße zog, wurde das Kreuz mit dem Windhahn an seiner Spitze abgebrochen wie ein Streichholz und fiel etwa dreißig bis vierzig Meter tiefer auf den Rasen. Die Einschlagsstelle ist im Grün gut zu sehen. Der Wetterhahn landete daneben.
„Gut, dass niemand in der Nähe war“, sagt Küster Adrian Mikus, der am nächsten Tag sauber machte. Kreuz und Hahn hatten Gemeindemitglieder noch am Freitagabend geborgen. In der Kirche ist Dreck von der Decke auf dem Boden gelandet, warum wusste am Samstag niemand. Ein Sachverständiger hatte am Samstag das Gebäude gecheckt und für Gottesdienste wieder freigegeben. Trotzdem hat die Gemeinde St. Laurentius die Messe am Samstag um 17.30 Uhr draußen auf dem Kirchhof gefeiert. So schnell hätte Adrian Mikus die Kirche nicht reinigen können.
Tornado in Paderborn – „Alle hielten den Atem an“
Pfarrer Benedikt Fischer hat den Tornado vor seinen Augen miterlebt. Als die gigantische Windhose durch die Stadt zog, saß er im Forum St. Liborius zusammen mit den anderen Gästen der Ausstellungseröffnung „SO GESEHEN“. Vor den großen Fensterflächen setzte zuerst ein starker Regen ein, bis plötzlich ein Ast der großen Platane im Innenhof abbrach und in“„Zeitlupe“ zu Boden segelte. Alle hielten den Atem an, aber der Ast landete vor dem Fenster des Forums.
„Sonst haben wir nicht mitbekommen, wie schlimm der Tornado in der Stadt gewütet hat“, sagt Benedikt Fischer, der den Pastoralverbund Paderborn Mitte-Süd leitet. Erst als er später durch die Stadt ging, wurde ihm das Ausmaß der Zerstörung bewusst. „Vor allem im Paderquellgebiet war es schlimm.“
Tornado hinterlässt enorme Schäden an der Kirche des Michaelsklosters
Die Kirche des Michaelsklosters wurde abgedeckt, in der Bartholomäuskapelle hat der starke Wind das Blechdach verbogen. Die Augustiner Chorfrauen sind körperlich unversehrt, wie sie auf ihrer Homepage mitteilen. Bis auf Weiteres sind alle Veranstaltungen und Gottesdienste im Michaelskloster nicht möglich. Die Kirche und der Zugang zum Kloster sind aus Sicherheitsgründen gesperrt. Dass die vielen alten Bäume um das Kloster herum entwurzelt seien, sei ein ökologisches Desaster, schreiben die Schwestern.
Noch schlimmer hätte das Naturereignis ausgehen können, wenn die Windhose einige Stunden früher durch Paderborn gezogen wäre. Hinter der Kirche St. Laurentius liegt die gleichnamige Kita. Dort hat der Tornado richtig gewütet. Ein großer, alter Laubbaum ist entwurzelt, einige massive Kiefern und Fichten in einer anderen Ecke des Kita-Spielplatzes hat die Windspirale mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 Stundenkilometern in der Spitze auf mittlerer Höhe einfach abrasiert.
Die Kirche selbst hat erstaunlich wenig mitbekommen. In einigen der großen Kirchenfenster und im Seitenfenster des Portals sind kleinere Löcher, Risse und Aufschlagstellen zu sehen. Doch der Schaden hält sich in Grenzen – wie überhaupt im Pastoralverbund Nord-Ost-West (NOW). Tatsächlich ist nur St. Laurentius betroffen, obwohl der Tornado in Richtung West nach Ost quer durch den Pastoralverbund gezogen ist. Die Herz-Jesu-Kirche am Westerntor, die vielleicht einen Kilometer weiter östlich in Richtung Innenstadt liegt, scheint von der Windhose und ihren Ausläufern nicht betroffen zu sein. „Wir haben viel Glück gehabt“, meinte Pfarrer Thomas Stolz, Leiter des pastoralen Raumes, am Sonntag.
Auch Vincenz-Altenzentrum in Paderborn schwer beschädigt
Weniger Glück hatte das Vincenz-Altenzentrum in Paderborn, eine Einrichtung der Caritas Wohnen und Werkstätten. Alle Bewohnerinnen und Bewohner sind unverletzt, aber der Baumbestand, die Fassade und vor allem das Flachdach sind schwer beschädigt.
Im Pastoralverbund Höxter leiden vor allem die Kirchengebäude in Lütmarsen und Ovenhausen unter starken Schäden, die durch die Windhose verursacht wurden. In Lütmarsen sind Dach und Fassade des Pfarrhauses in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Kirche St. Marien Salome wurde am Dach beschädigt, ein Wegkreuz aus Sandstein vor der Kirche von Ästen zerschlagen. Viele Bäume an der Kirche sind betroffen und mussten zum Teil gefällt werden. „Trotzdem haben auch wir Glück gehabt“, sagt auch Pfarrdechant Hans-Peter Krismanek.
Besonders gelitten hat der Kindergarten in Ovenhausen. Dort sind große Bäume auf den Spielplatz gekippt. Rund um die Kirche gibt es eine Reihe kleinerer Schäden, unter anderem am Dach, die in der Summe jedoch ein beträchtliches Maß annehmen. Mit bis zu 30.000 Euro rechnet der geschäftsführende Kirchenvorstand Hans-Werner Gorzolka: „Das Pfarrhaus ist durch eine Elementarversicherung abgedeckt, wie das bei der Kirche ist, weiß ich nicht.“
Bei einem derartigen singulären Ereignis würde Hans-Werner Gorzolka es begrüßen, wenn das Erzbistum zu 100 Prozent in die Schadensabdeckung gehen würde. „Sonst müssen wir immer einen Eigenanteil von 30 Prozent tragen. Wenn das Generalvikariat in dieser Frage entgegenkommen würde, wäre das ein großzügiger Schritt.“
Zerstörter Kirchturm in Hellinghausen
Auch Lippstadt war betroffen. Im Ortsteil Hellinghausen wurde die Kirche St. Clemens, eine gern genutzte Hochzeitskirche, schwer beschädigt. Die Turmhaube wurde heruntergerissen. Prälat Thomas Dornseifer und Diözesanbaumeisterin Carmen Matery-Meding informierten sich am Montagnachmittag vor Ort. Laut Pfarrer Thomas Wulf muss mit weiteren Schäden an dem Gotteshaus gerechnet werden.
(Fotos: Patrick Kleibold)