16.11.2017

Traut Euch mal was!

Riskiert mal was! Traut Euch und entdeckt und entfaltet Eure Talente.Foto: thoralf/pixabay

Talente entfalten ihren Wert, wenn sie zum Einsatz kommen.

von Arnold Otto

Wikipedia beraubt uns unserer Fantasie. Das, was wir uns früher selbst vorstellen konnten, was uns vielleicht der Priester sonntags in der Predigt deutete, kann heute jeder auf dem Smartphone nachlesen. Doch dazu später mehr.

Wir befinden uns in der Zeit, in der sich Jahr und Kirchenjahr dem Ende zuneigen. Das eine sehen wir an der Weihnachtsdekoration, beim anderen sind es die Sonntage im Jahreskreis, deren Zählung in den Dreißigern angekommen ist. Mit Allerheiligen und Allerseelen haben wir Feste gefeiert, die mit dem Einzug ins ewige Leben zu tun haben. Es ist Zeit, Rechenschaft abzulegen. Auch wenn das Erzbistum Paderborn kürzlich seinen Finanzbericht erst für 2016 – für das Vorjahr – veröffentlichte, passt das in die Zeit. Wir sind in der Stimmung für einen solchen Bericht.

„Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer“, sagt Antoine de Saint-Exupéry und möchte uns damit anregen, unsere Sehnsucht zu nutzen, um beim Erreichen unserer Ziele durchzuhalten. Denn Durchhaltevermögen brauchen wir dafür – und Talent. Doch was ist Talent? Die antike Metrologie (also nicht die Wetterkunde, sondern die Lehre von den Maßen und Gewichten) lehrt uns, dass dies eine Menge Silber ist, für die man ein großes Segelschiff kaufen kann. Ohne Männer. Ohne Sehnsucht. Einfach kaufen. Von den drei Männern im Evangelium erhält jeder den Gegenwert von ein bis fünf Segelschiffen. Ein Kapitän, zwei Reeder. Soll das eine kleine Aufgabe sein, wie der Herr bei seiner Rückkehr sagt? Ob sie tatsächlich welche gekauft haben, wissen wir nicht. Wir wissen nur, was der tat, der das eine Talent hatte. Und denken wir nicht auch oft so? Die anderen beiden haben ihre Talente verdoppelt, als der Herr zurückkommt. 72 : Zinssatz = Kapitalverdopplung, lehrt uns Warren Buffett. Wie lange die Reise war, kann sich jeder aussuchen. Doch egal wie lang, kommen mir dabei Johannes Calvin und Max Weber in den Sinn. Aus ihren Schriften und diesem Evangelium lässt sich dann vielleicht so etwas wie das kleine Evangelium der Vermögensverwalter zusammenstellen. Aber irgendetwas stimmt da nicht.

Warum geht bei den beiden Dienern in einer solch langen Zeit nicht auch einmal etwas schief? Warum ist der eine nicht noch etwas besser als der andere? Haben sie sich abgesprochen und das gleiche gemacht? Und jetzt kommt Wikipedia ins Spiel. Ein etymologisches Wörterbuch, also eines, das Auskunft über die Herkunft von Wörtern und Wortbedeutungen gibt, haben wohl nur wenige im Bücherregal. Aber es steht ja auch im Online-Lexikon: Dass wir heute ein Talent als Begabung verstehen, hat seine Ursache da­rin, dass Generationen von Predigern uns darauf hingewiesen haben, was uns Gott mit diesem Evangelium eigentlich sagen möchte: dass wir machen sollen. Dass wir etwas riskieren sollen, um Gottes willen.

Und auf einmal sind Calvin und Max Weber (die da auch ihren Platz haben) umringt von allen möglichen anderen Menschen, mit denen ich in der Kirche schon mal etwas riskiert habe. Beruflich und ehrenamtlich. Und ich muss an das Diözesane Forum denken, bei dem sicher ganz ähnliches deutlich wurde. Setzen wir unsere Talente ein! Dies ist gewiss kein neuer Gedanke zum Evangelium. Aber vielleicht einer, der gültig bleibt.

Zum Autor:

Dr. Arnold Otto ist Leiter des Erzbistumsarchivs Paderborn.

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