10.08.2017

Urnengrab, Wahlgrab oder Ruhegarten?

Der Ruhegarten wurde 2013 auf der Fläche abgelaufener Gräberfelder angelegt. Foto: Plamper

Bergkamen. Einmal im Jahr, jeweils am ersten Wochenende der Sommerferien, lädt der ökumenische Arbeitskreis die Mitglieder der katholischen und evangelischen Kirchengemeinden in Bergkamen zu einer gemeinsamen Veranstaltung ein. Vergangenes Jahr ging es im Kanu auf der Lippe von Rünthe nach Heil. Diesmal führte sie die Tour per Rad zu drei Bergkamener Friedhöfen.

von Elisabeth Plamper

Die Idee, sich Friedhöfe in Berg­kamen anzusehen und ihre Geschichte zu erkunden, hatte Johanna Schäfer von der katholischen Kirchengemeinde Herz Jesu. „Zum einen ist es eine ökumenische Veranstaltung und zum anderen bietet die Tour die Möglichkeit, sich ein positives Bild von Friedhöfen zu machen.“ Schließlich seien sie ja nicht nur Orte, wo Menschen ihre letzte Ruhe fänden, sondern auch Orte, an denen sich Menschen begegneten.

Die 20-köpfige Gruppe traf sich am Rünther (Park-)Friedhof, wo zum Auftakt der Radtour gleich der erste Rundgang stattfand. Einen kurzen Rückblick in die Geschichte des Friedhofes warf Klaus Kuhlmann. Bereits 1909 sei dieser als kommunaler Friedhof eröffnet worden, erläuterte der Vorsitzende des Fördervereines Friedhof Rünthe. Um die Schließung zu verhindern, übernahm die evangelische Kirchengemeinde Rünthe im Jahr 2000 die Trägerschaft. Für einige Teilnehmer war neu, dass dort neben Christen beider Konfessionen auch Freidenker in Urnengräbern bestattet werden.

Weiter ging es abseits von Autostraßen auf idyllischen Radwegen durch Wald und Flur zum privaten Friedhof der Familie von Bodelschwingh in Velmede. Dieser wurde 1863 genehmigt. Friedrich Wilhelm von Bodelschwingh ließ die Geschichte des Friedhofes Revue passieren. Geschickt verspann er die Schicksale der dort Ruhenden mit den jeweiligen politischen und sozialgesellschaftlichen Umständen zu ihren Lebezeiten. Unter anderem ist dort auch sein Ur-Ur-Großvater Ernst Albert Karl Wilhelm Ludwig von Bodelschwingh (1794–1854) gemeinsam mit seiner Frau Charlotte begraben. Er war lange Jahre Staatsminister im Königreich Preußen. Auf der für einen Staatsmann eher schlichten, rechteckigen steinernen Grababdeckung sind die Namen des Ehepaares und die Orte und Daten ihrer Geburt sowie ihres Todes eingraviert. „Es war ein interessanter Vortrag“, stellte Rüdiger Brehm fest. „Herr von Bodelschwingh ist ein lebendiges Geschichtsbuch.“

Als dritter und letzter stand der evangelische Friedhof Oberaden auf dem Programm. Auch er bot so manche Besonderheit. So erzählte der Vorsitzende des Friedhofsvereines Oberaden, Horst Hiddemann, was es mit dem Glockenturm neben dem Pavillon, „wo alle Bestattungen beginnen“, auf sich hat. Die beiden Glocken stammten aus dem Jahr 1912 und riefen bereits an mehreren Orten in Bergkamen die Menschen zum Gebet. Ab 1958 hätten sie allerdings stumm im Heimatmuseum ihr Dasein gefristet, bis sie von Gemeindemitgliedern im Herbst 1991 einen Platz in dem neu errichteten Glockenturm am Jochen-Klepper-Haus in Sundern bekamen. Nach der Schließung der kirchlichen Begegnungsstätte im Jahr 2009 wurde der Turm samt seiner Glocken auf dem Ober­adener Friedhof aufgebaut.

Neben der Bewahrung von „Altem“ wird der Friedhof aber auch den Veränderungen in der Bestattungskultur gerecht. Seit 2013 gibt es beispielsweise den Ruhegarten in einem Quartier abgelaufener Gräberfelder. Die Gräber sind gestalterischer Teil einer Gartenlandschaft mit Rasenfläche, Wasserlauf, Brücke, Steinbeeten und Bänken zum Verweilen. Das Besondere an dem Ruhegarten sei, dass sich die Hinterbliebenen nicht um die Grabpflege kümmern müssten, erklärte Hiddemann. Und auch bei den pflegearmen Gräbern sind alternative Gestaltungsformen gefunden worden. Eine Variante sind Rasengräber mit kleinen Vierergruppen aus Basalt-Stelen und einem rund zwei Meter hohen Denkmal aus zwei Basalt-­Säulen, die durch ein Bronze-Kreuz miteinander verbunden sind.

„Die Radtour war sehr informativ“, fassten Annette und Karl-Heinz Biermann nach der Tour zusammen. „Einiges hat man über die Friedhöfe gar nicht gewusst.“ Gut gefallen habe ihnen auch der „launige Vortrag“ von Friedrich Wilhelm von Bodelschwingh-­Velmede. Mit gemeinsamem Grillen in gemütlicher Runde auf dem Friedhofsparkplatz endete die Tour.

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