18.09.2020

Veränderungen

Dass der Klimawandel unser aller Leben bedroht und verändern wird, wissen wir alle, aber deswegen aufs Auto zu verzichten, ein Tempolimit einzuführen oder weniger Fleisch zu essen? Foto: Alexas_Fotos Pixabay

Zu den Wesensmerkmalen einer Demokratie gehört der reibungslose Amtswechsel. Aussichtsreiche Vertreter der Opposition werden nicht von der Straße weggefangen und ins Ausland verbracht oder gar vergiftet. Auch eine Verfassungsänderung, um dem, der gerade dran ist, das Amt bis ans Lebensende zu sichern, gehört nicht dazu. 

In einer Demokratie gibt es die Macht nur auf Zeit; aus dem Amt entfernt wird jemand per Abwahl. Am vergangenen Sonntag haben dies Menschen in NRW erlebt, erleben müssen. Manche müssen noch bis zur Stichwahl warten. So bitter das für die Betroffenen ist, ein solcher Misstrauensbeweis und seine Akzeptanz sind wichtig. Auch die Verlierer leisten als solche ihren Beitrag. Man könnte es etwas neutraler formulieren: Ohne Veränderungen geht es nicht, was sich nicht ändert, ist bald tot. „Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt“, formulierte einst der österreichische Lyriker Erich Fried.

Das alles sind nun irgendwie Binsenweisheiten und doch gehören Veränderungen nicht unbedingt zu des Menschen liebsten Hobbys. Ach, man weiß es ja aus eigener Erfahrung. Das hat womöglich nicht unbedingt etwas mit der Veränderung an sich zu tun, sondern damit, ob man sie selbst initiiert hat. Wenn nicht, dann reagiert man oft erst, wenn es nicht mehr anders geht und dann könnte es zu spät sein. Dass der Klimawandel unser aller Leben bedroht und verändern wird, wissen wir alle, aber deswegen aufs Auto zu verzichten, ein Tempolimit einzuführen oder weniger Fleisch zu essen? Ja, gut, das Fichtensterben sieht jetzt nicht schön aus, aber noch kennt man das alles eher aus dem Fernsehen, der eigene Alltag ist bislang nicht betroffen. Das war bzw. ist bei Corona anders. 

„Wir sind die Kirche eines industriell und technologisch hoch entwickelten Landes. Mit zunehmender Deutlichkeit erfahren wir heute, dass diese Entwicklung nicht unbegrenzt ist, ja, dass die Grenzen der wirtschaftlichen Expansion, die Grenzen des Rohstoff- und Energieverbrauchs, die Grenzen des Lebensraums, die Grenzen der Umwelt- und Naturausbeutung eine wirtschaftliche Entwicklung aller Länder auf jenes Wohlstandsniveau, das wir gegenwärtig haben und genießen, nicht zulassen. Angesichts dieser Situation wird von uns – im Interesse eines lebenswürdigen Überlebens der Menschheit – eine einschneidende Veränderung unserer Lebensmuster, eine drastische Wandlung unserer wirtschaftlichen und sozialen Lebensprioritäten verlangt, und dies alles vo raussichtlich noch innerhalb eines so kurzen Zeitraums, dass ein langsamer, konfliktfreier Lern- und Anpassungsvorgang kaum zu erwarten ist.“ Dies ist ein Zitat aus dem Beschluss „Unsere Hoffnung“ der Würzburger Synode, es stammt aus dem Jahr 1975. 

Erschreckend, oder?

Ihre

Claudia Auffenberg

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