Vom Flüchtlingsgipfel enttäuscht
Anastasiia Kramarenko, Geflüchtete aus der Ukraine, mit ihrem Baby auf dem Schoß und ihrem Sohn daneben in ihrer Unterkunft im Aloisiuskolleg in Bonn am 6. Dezember 2022.
Aus Sicht von Ralf Nolte, Diözesan-Caritasdirektor und Flüchtlingsbeauftragter des Erzbistums Paderborn, leisten Kirche und Caritas einen wesentlichen Beitrag bei der Flüchtlingshilfe. Mit dem kirchlichen Einsatz würden besonders auch die Kommunen unterstützt.
Paderborn (pdp). Für die Politik seien Kirche und Caritas verlässliche Partner, „um die großen Herausforderungen unserer Gesellschaft zu meistern“, sagte Ralf Nolte in Paderborn. „Wir verfügen über langfristige Erfahrung, qualifiziertes Personal und genießen das Vertrauen der Menschen“, erklärte der Diözesan-Caritasdirektor, der zugleich Flüchtlingsbeauftragter des Erzbistums Paderborn ist. Damit entlasteten Kirche und Caritas auch die Kommunen, die bei der Aufnahme und Integration von geflüchteten Menschen vor Ort die Hauptlast zu tragen hätten. Ziel der gemeinsamen Anstrengung bleibe es, dass sich „Menschen, die ihre Heimat verloren haben“, willkommen fühlten.
Mit den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels ist Nolte nur mäßig zufrieden: „Es ist wichtig und richtig, dass das Thema auf der Bundesebene unter Beteiligung aller politischen Akteure beraten wird. Es bleibt zu hoffen, dass den Worten konkrete Taten folgen und nicht diejenigen, die in der Abschottung die Lösung sehen, sich mehr Gehör verschaffen.“ Die Erfahrung vor Ort aber zeige, wie viel bei der Flüchtlingshilfe tagtäglich zu tun sei, um das Leid der Geflüchteten zu lindern. „Wir müssen uns vor Augen führen, dass es in all diesen Krisen- und Notsituationen immer um Menschen geht. Vor diesem Hintergrund hält sich meine Begeisterung für die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels in Grenzen.“
Der Flüchtlingsbeauftragte hatte mehr erwartet: „Anstatt die Länder und Kommunen vor finanziellen Erwartungen zu warnen, würde ich mir von Bundesinnenministerin Nancy Faeser wünschen, dass sie die Sorgen derjenigen, die die Hauptlast vor Ort tragen, die Kommunen, ernst nimmt. Außerdem vermisse ich ein klares Bekenntnis zu den positiven Erfahrungen, die man mit der humaneren Integrationspolitik mit den Menschen aus der Ukraine gemacht hat.“
Zugang zum Arbeitsmarkt
Als konkrete Vorschläge für eine leichtere Bewältigung der Aufgaben in der Flüchtlingshilfe und eine bessere Integration von Geflüchteten nannte Ralf Nolte die Aufhebung der Wohnsitzauflage bei anerkannten Geflüchteten, die Steigerung der Attraktivität des Lebens auf dem Land, den Ausbau von Sprach- und Integrationskursen und die Bereitstellung von Kita- und Schulplätzen. Zudem seien die Rahmenbedingungen zu vereinfachen. Das betrifft den Familiennachzug, eine bessere medizinische und psychologische Versorgung, einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt und eine vereinfachte Anerkennung ausländischer Qualifikationen.
Um Menschen auf der Flucht zu helfen, stellt das Erzbistum finanzielle Unterstützung bereit, vermittelt Kooperationspartner und steht Initiativen beratend zur Seite. In den bistumsweit 24 Fachdiensten für Migration und Integration stehen insgesamt 1594 Haupt- und Ehrenamtliche den Menschen zur Seite, die hier Aufnahme und Schutz suchen. Mithilfe des bistumseigenen Flüchtlingsfonds werden viele Projekte für Migrantinnen und Migranten unterstützt.
Diesen Fonds zur Förderung der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen und Schutzsuchenden hat das Erzbistum Paderborn bereits 2014 eingerichtet. Die Gesamthöhe beträgt inzwischen 8,7 Millionen Euro. Mehr als 2300 Projekte wurden inzwischen unterstützt Die Mittel stammen aus dem Haushalt des Erzbistums Paderborn und aus privaten Einzelspenden. Mit dem Geld werden Kirchengemeinden sowie weitere Einrichtungen und Initiativen in der Erzdiözese unterstützt, die vor Ort ehrenamtliche Hilfe für Flüchtlinge und Schutzsuchende leisten. Verwendung finden die Fördergelder zum Beispiel für Sprachkurse, Unterkünfte, Begegnungsräume oder Hausaufgabenbetreuung und Spielangebote für Kinder und Jugendliche. Die vollständigen Vergaberichtlinien sind öffentlich auf den Internetseiten des Erzbistums Paderborn abrufbar.
Flüchtlingshilfe für die Ukraine
Unmittelbar nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine stellte das Erzbistum Paderborn 410.000 Euro Soforthilfe zur Verfügung. Mit Ankunft der ersten geflohenen Ukrainerinnen und Ukrainer im Erzbistum Paderborn erweiterte die Erzdiözese ihre Vergaberichtlinien des bereits bestehenden Flüchtlingsfonds. Seitdem werden auch Maßnahmen für Flüchtlinge aus der Ukraine gezielt gefördert. Auf 150 Anträge wurden bereits 450.000 Euro an Förderung zur Verfügung gestellt: für Sprach- und Integrationskurse, Freizeitangebote, kunsttherapeutische Angebote, Fahrtkosten, Nachbarschafts- und Willkommensfeste, Hausrat, Einrichtung und Ausstattung von Wohnraum, finanzielle Überbrückungshilfen bei Engpässen, Warentransporte in die Ukraine, Bekleidung, Elektrogeräte und PCs, Kinderbetreuung, Lebensmittelpakete oder Klassenfahrtenbeiträge.
Alle 24 Standorte des Fachdienstes für Migration und Integration melden eine hohe Inanspruchnahme der Hilfen durch Menschen aus der Ukraine. An manchen Standorten wurden zusätzlich ukrainisch- und russischsprachige Zusatzsprechstunden eingerichtet, zudem fünf teils spendenfinanzierte zusätzliche Vollzeitstellen für die Beratung eingerichtet. Schwerpunkte dabei sind insbesondere niedrigschwellige Angebote zur psychosozialen Stabilisierung.
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