Vom Ziel her denken
Nicht der Weg, sondern das Ziel ist das Ziel und von ihm her denken die biblischen Texte dieses Sonntags. Foto: Thomas Ulrich/Pixabay
Es ist wieder so weit: Woche für Woche entzünden wir eine weitere Kerze am Adventskranz. Das für viele vertraute Ritual tut in diesem Jahr gut. Es zeigt, dass wir auf ein Ziel zugehen.
Die Lesungstexte des ersten Adventssonntags im Lesejahr B denken vom Ziel her:
In dem Lesungstext aus dem Buch Jesaja und im Ausschnitt aus dem Markusevangelium ist vom Kommen des Herrn bzw. von der Wiederkunft des Menschensohnes die Rede. Beide Texte haben einen endzeitlichen Charakter. Wie schon in der letzten Woche finden sich mächtige Bilder in den Texten. Ein offener bzw. erschütterter Himmel, zitternde Berge oder das Erlöschen des Lichtes von Sonne und Mond. Die Bilder zeigen, dass hier das Bekannte endet. Die Ankunft bzw. Wiederkunft des Herrn übersteigt die fundamentale Ordnung der Welt. Sie übersteigt Himmel und Erde, Licht und Finsternis.
Menschen erleben eine harte Zeit
Soll man da Angst bekommen oder ist das ein Grund zur Hoffnung? Für die Menschen, zu denen Jesaja schreibt, ist es vermutlich ein Hoffnungswort. Sie erleben eine harte Zeit. Die letzten Kapitel des Buches Jesaja sind vermutlich aus der frühen Zeit nach dem Babylonischen Exil. Die Erfahrungen der Jahre und der Zustand der Heimat lasten auf den Gemütern. Kein Wunder, dass der Autor sich auch hier eines Bildes bedient. Er spricht von der Gruppe in der ersten Person und nimmt das Bild des verwelkten Laubes, welches verweht wird.
Für die frühen Christen, zu denen Markus schreibt, ist die Situation ähnlich. Sie leben in der Zeit nach dem großen Jüdisch- Römischen Krieg. Der Krieg gipfelte in der Zerstörung des Tempels in Jerusalem. Das kannten die gläubigen Juden oder auch Judenchristen nur aus der Geschichte.
Grund zur Hoffnung
Wenn eine Generation so viel Schrecken erlebt, dann sind die Worte von einem Neubeginn ein Grund zur Hoffnung.
Im Markusevangelium wird das durch ein kleines Detail unterstrichen. Wenn der Menschensohn wiederkommt, wird er die Auserwählten durch die Engel zusammenführen. Hier ist ein feiner Unterschied zu dem Bild des wiederkehrenden Christus aus dem Matthäusevangelium. Im Matthäusevangelium wird der wiederkommende Christus als Richter beschrieben (vgl. Mt 25; davon konnten wir letzte Woche lesen). Diese Beschreibung findet sich bei Markus nicht. Stattdessen ist es das Zusammenführen und damit die Wiederherstellung der Gemeinschaft von Menschen und Gott. Das ist ein guter Grund zur Hoffnung.
Wachsam wie Wächter sein
Markus schreibt den Text aus der Perspektive der Naherwartung. Er rechnet damit, dass es noch zur Lebzeit eintrifft. Das ist auch der Grund für die Mahnung zur Wachsamkeit, die im zweiten Teil der Textstelle betont wird. Durch dieses Gleichnis schärft er seinen Lesern ein, wie der Wächter wachsam zu sein und sich auf die kommenden Dinge vorzubereiten.
Für die Menschen im Volk Israel und für die frühen Christen ist die Ankunft oder Wiederkunft des Herrn ein zentraler Inhalt des Glaubens und der Hoffnung. Das ist bis heute so. Gerade in diesem Jahr, wo wieder eine schwere Zeit über der Welt liegt, haben die Texte eine spürbare Dringlichkeit. Auch wir dürfen darauf hoffen, dass Jesus Christus wiederkommt und uns zusammenführt. Nicht nur physisch – auch das wünschen sich im Moment sehr viele – sondern vor allem in die Gemeinschaft mit ihm.
Zum Autor:
Thorsten Hasse ist Vikar in der Pfarrei St. Dionysius in Elsen.
Info
Die Zeit des Wachens
Ein biblischer Ausdruck für die Zeit der Vorbereitung ist das Wachen. Wer wach ist, kann das Wort Gottes hören und angemessen darauf reagieren. In vielen Texten steht das Wachen oder die Aufforderung vor zentralen Ereignissen: Beispielsweise soll Samuel wachen, um den Ruf zu hören; die Jünger sollen nach dem Abendmahl und vor seiner Passion mit Jesus wachen und auch der wiederkommende Herr soll seine Diener wachend vorfinden. Die Aufforderung zum Wachen hängt im NT mit der Naherwartung zusammen. Da erwartet wird, dass Christus in der nahen Zeit wiederkommt, sollen die Christen vorbereitet und wach sein.