Wahrheit über mich
So ein wegweisender Engel, das wäre schön. Foto: dpa
Mehr als 300 Tage hat das Münchener Oberlandesgericht bereits über Beate Zschäpe verhandelt. Nun bekommt ein Gutachter das Wort. Er soll Auskunft geben über sie: Was für ein Mensch ist Beate Zschäpe? Warum lebte sie dieses Leben? Was ist von ihr in Zukunft zu erwarten bzw. zu befürchten? Auch sie selbst hat sich schon über sich geäußert, ebenso einige Zeugen.
von Claudia Auffenberg
Jetzt mal losgelöst von den wirklich schrecklichen Anlässen ist das, was sie da erlebt, doch eine faszinierende Sache, auf die man fast neidisch sein könnte: nämlich die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen die Wahrheit über sich herauszufinden. Die Wahrheit – nicht das, was in den gestanzten Formulierungen eines Arbeitszeugnisses oder – irgendwann – im Nachruf steht.
Wer bin ich? Wie erleben mich andere? Was ist von mir zu erwarten? Das sind Fragen, auf die man gern eine Antwort hören würde. Allerdings nicht unbedingt von jedem. Es müssen schon Menschen sein, die es gut meinen. Auf deren Wort würde man sich verlassen.
Aber, ach, wer weiß schon, wie es einem wirklich geht, was einen tatsächlich beschäftigt, über welche Fragen man im Innersten ringt. Vieles kann auch gar nicht ausgesprochen werden, weil es keine Worte dafür gibt oder die Sprache bei Weitem nicht ausreicht. Und dann sitzt man mit seiner Not irgendwem gegenüber, der einen schönen Angebotskatalog mit Hilfen und Möglichkeiten dabei hat und doch passt nichts so richtig, weil die eigenen Fragen in alldem gar nicht wirklich vorkommen.
So ein Engel, wie er im heutigen Evangelium dem Josef erscheint, so ein wissender Engel, der eine Erklärung und eine ermutigende Perspektive mitbringt, das wäre schön. Und so einen Engel wünscht man den Hinterbliebenen der NSU-Morde und, ja, nicht ganz leichten Herzens, auch Beate Zschäpe.