Warum man Stille aushalten können muss
Für viele Menschen sind Kerzen das Symbol für Stille schlechthin. Im neuen Gottesdienstformat „wort– stille– licht“ arbeitet Prof.Dr.Egbert Ballhorn zudem mit Weihrauch, etwa bei den Fürbitten. Doch Stille kann auch belastend sein, wenn man sich nicht auf sie einlässt. Symbolbild: pixel2013/Pixabay
Dortmund. Stille gehört zur Liturgie, sie bekommt nur zu wenig Raum. Deshalb initiierte Prof. Dr. Egbert Ballhorn zusammen mit dem Dekanatskirchenmusiker Simon Daubhäußer ein neues Gottesdienstformat. Vier Minuten absolute Stille nach der Lesung – kommt man damit in unserem hektischen Alltag überhaupt zurecht? Das kommt auf einen Selbstversuch an.
Pressetermin mal ganz anders. Ich habe weder Kugelschreiber, Block noch Kamera dabei. Nichts soll mich ablenken, ich will das neue Format wie die anderen Kirchgängerinnen und Kirchgänger erleben. Und die sind bereits 15 Minuten früher da. 20 Gläubige werden es an diesem Sonntagabend zur Tatort- Zeit.
Ruhige Stimmung
Was sofort auffällt: Hier wird viel gesungen – Eröffnungslied, Psalm 36 im Wechsel, das Vaterunser – alles wird angestimmt vom Dekanatskirchenmusiker Simon Daubhäußer.
Dabei ist die Stimmung tatsächlich ruhig. Prof. Ballhorn selbst spricht ebenfalls bedacht. Und dann kommt der Moment, der den Gottesdienst aus meiner Sicht so interessant macht. Nach der Lesung folgen vier Minuten Stille. Nahezu reglos sitzen die Gläubigen mit dem nötigen Abstand, viele auch mit Mund-Nasen- Schutz, im Chorraum der Propsteikirche. Selbst draußen herrscht Ruhe.
Das Grübeln ausschalten
Schnell merke ich: Wenn man sich vor dem Gottesdienst aufgeregt oder sich Sorgen gemacht hat, ist die Stille nicht gerade hilfreich. Mein Gehirn nutzt gleich die Gelegenheit, weiter zu grübeln. Das ist alles andere als beruhigend.
Besonders ärgerlich: Nach der Stille wiederholt Egbert Ballhorn die Lesung. Auf den Effekt war ich besonders gespannt. Fallen mir neue Details auf, erschließen sich Zusammenhänge im Text besser? Leider nein, ich bin einfach nicht in der Stimmung und abgelenkt. Am Ende bleiben nur einzelne Worte hängen.
Nicht nebenbei
Mein Selbstversuch hat vor allem eines gezeigt: „wort – stille – licht“ ist kein Format, das man ganz nebenbei verfolgen kann. Das wird dem hohen inhaltlichen Anspruch, den Egbert Ballhorn und Simon Daubhäußer haben, nicht gerecht.
Sinnvoll ist es ferner, sich schon zu Hause oder auf dem Weg auf den Gottesdienst vorzubereiten. Heißt: Nicht mit offenen Fragen, Ärger oder Sorgen in die Propsteikirche gehen. Am besten dürfte das neue Format funktionieren, wenn man den Alltag tatsächlich draußen lässt. Doch das ist selbst an einem Sonntagabend schwerer als gedacht.
Info
Noch zwei Termine
Das neue Format „wort – stille – licht“ findet in diesem Jahr noch zwei Mal in der Propsteikirche in der Dortmunder City statt. Die Termine sind am 1. November und 6. Dezember (beides Sonntage) jeweils von 20.00 bis 20.40 Uhr. Weitere Informationen gibt es auch auf der Homepage des Katholischen Forums.
Für viele Menschen sind Kerzen das Symbol für Stille schlechthin. Im neuen Gottesdienstformat „wort – stille – licht“ arbeitet Prof. Dr. Egbert Ballhorn zudem mit Weihrauch, etwa bei den Fürbitten. Doch Stille kann auch belastend sein, wenn man sich nicht auf sie einlässt.