Was die Familienbibel so wertvoll macht
Eine Familienbibel erhält auch persönliche Notizen der Vorfahren. Foto: Free-Photos/ Pixabay
Das war ja ein echter „Kaventsmann“, wie man in Paderborn sagt, die Familienbibel, auf der Joe Biden in der vergangenen Woche seinen Amtseid als 46. US- Präsident abgelegt hat. Auf alten Fotos sieht man, dass schon der junge Biden seinen Amtseid als Senator auf eben jener Bibel ablegte.
Man ist über dieses Buch auch deshalb beeindruckt, weil der Katholik als solcher, so dachte man jedenfalls bislang, zu Hause zwar eine Heiligenlegende hat, aber keine Bibel. Doch womöglich ist das nur im Land der Reformation so, wo man sich auch zu Hause irgendwie von den Evangelischen absetzen wollte. Wenn man bei einem großen Internetanbieter für Bücher mal nach Familienbibeln stöbert (und selbstverständlich stöbert man dort nur, gekauft wird in einer echten Buchhandlung!), dann werden einem Bibeln mit Extraseiten für Kinder oder für den Stammbaum angeboten. So sah das Buch, das Mrs Biden ihrem Mann zum Eid hielt, nicht aus. Es ist eine Ausgabe aus dem 19. Jahrhundert: Die Bibel haben Bidens Urgroßeltern 1893 erworben. Damals gab es nur eine Übersetzung aus dem Lateinischen ins Englische, die Douay-Rheims- Übersetzung. Die Familienbibel der Bidens enthält mehr als diese und das ist eben das Wesen einer Familienbibel. Da rin finden sich auch, so meldet es die Katholische Nachrichten- Agentur, wichtige Eintragungen aus der Familiengeschichte sowie alle Vereidigungen, die Biden im Laufe seiner politischen Karriere abgelegt hat.
Das alles könnte auch in einer Chronik stehen, aber offenbar geht es hier darum, das eigene Leben nicht nur mit dem der Eltern und Großeltern zu verknüpfen, sondern sich bewusst zu machen, dass man auf den Schultern ganz anderer steht bzw. dass man noch einen ganz anderen Halt im Leben hat. Das Wort Gottes, die Geschichten von Menschen, in deren Leben Gott eine Rolle spielt, sind der Rahmen des eigenen Lebens und das kommt durch so einen Bibelfolianten eindrucksvoll zum Ausdruck.
Heutzutage hat man die Bibel als App auf dem Handy, das ist auch schön, man hat sie immer dabei. Aber diese App kann man nicht weitergeben, man kann darin nichts eintragen und man wird beim Herumscrollen keine Spuren der anderen entdecken, also keine Eselsohren, keine vergessenen Notizzettel, keine Eintragungen. Und gerade das macht es doch aus. Man kennt das, wenn man Omas „Sursum Corda“ in die Hand nimmt und alte Totenzettel herausfallen von Menschen, die man nicht gekannt hat. Bei manchen wird man nie herausfinden, wer sie waren, welche Rolle sie für die Vorfahren gespielt haben, aber sie zeigen doch, dass auch wir Heutigen Teil einer großen Gemeinschaft sind, dass es ein „Vor uns“ und ein „Nach uns“ gibt bzw. geben wird, dass die Weltgeschichte eben nicht erst mit der eigenen Geburt begonnen hat. Die Familienbibel zieht den Rahmen noch weiter: Die eigene Geschichte hat begonnen, als Gott sprach: Es werde Licht.
Ihre Claudia Auffenberg