Was kommt denn noch?
Foto: Grace Winter (pixelio.de)
von Claudia Auffenberg
Anfang März lief auf arte eine Dokumentation, die seither hohe Wellen in der Kirche schlägt. Zu Recht! Wer den Film nicht gesehen hat und über halbwegs gute Nerven verfügt, der sollte es auf sich nehmen, ihn anzuschauen. Der Film heißt „Gottes missbrauchte Dienerinnen“. Man findet ihn in der Mediathek von arte, Anfang April wird er noch mal ausgestrahlt. Er berichtet über den weltweiten sexuellen Missbrauch von Ordensfrauen durch Priester. Und er zeigt, wie systematisch von Ordensoberen (und Oberinnen) sowie Bischöfen dieser Missbrauch verschwiegen wurde. Die betroffenen Nonnen schildern ihre Scham über ein vermeintlich gebrochenes Keuschheitsgelübde, ihre Not, weil sie mit niemandem darüber sprechen konnten, auch weil sie keine Worte dafür hatten, was ihnen geschah. Das Wort „Vergewaltigung“ gehörte vor Jahren nicht unbedingt zum Wortschatz einer jungen Frau, die in einem Orden lebt. Es gibt Fälle, in denen Schwestern schwanger und zur Abtreibung gezwungen wurden. In Afrika haben sich die Priester aus Sicherheitsgründen in Klöstern bedient, weil sie da sicher sein konnten, sich nicht mit AIDS anzustecken, anders als im Bordell.
Über das Thema ist in den letzten Jahren bereits mehrfach berichtet worden, auch Papst Franziskus hat neulich bestätigt, dass es diese Art sexuellen Missbrauchs in der Kirche gibt. Das alles schildert dieser Film nun schockierend umfassend.
Es ist schrecklich, es fehlen einem die Worte, es ist einfach nicht zum Aushalten und man möchte nur noch schreien. Und doch wächst die Beklemmung: Ist die Kirche, in der man sich seit Jahrzehnten beheimatet fühlt, nur eine Illusion? Was kommt denn noch alles raus? Welcher Priester, aus dessen Händen man seit der Erstkommunion den Leib Christi empfing, hat sich schuldig gemacht?
Also: Was hält mich noch in dieser Kirche?
Für heute gilt: weil Menschen dieser Kirche mir von Jesus aus Nazareth erzählen und damit mein Leben bis heute unendlich reich machen. Weil es in dieser Kirche sowas wie die Sternsinger oder die 72-Stunden-Aktion des BDKJ gibt. Und weil es in dieser Kirche – auch das zeigt der Film – Menschen gibt, die das alles nicht akzeptieren, die aufklären und den Opfern beistehen. Hoffentlich reichen diese Gründe auch morgen noch.