09.05.2022

Weckruf eines Mediziners

Kampf um jeden Atemzug_Daniel Zickler

Mit seinem Buch „Kampf um jeden Atemzug“ will ein Berliner Oberarzt aufrütteln. Er fordert bessere Bedingungen für Intensivstationen und beschreibt, warum immer mehr Ärzte und Pfleger die Reißleine ziehen und aussteigen.

Berlin (KLEI). Daniel Zickler (42) möchte aufrütteln. Er fordert bessere Bedingungen für Intensivstationen. Sein Buch handelt von der Intensivmedizin in Deutschland – davon, wie der Klinikalltag seines Teams aussieht, wie die Belastung steigt und die Qualität auf den Intensivstationen zugleich „erodiert“. Das im Bonifatius-­Verlag erschienene Buch wurde von dem Internisten und von der Vizepräsidentin des Bundestages, Katrin Göring-­Eckardt, in Berlin vorgestellt.

Der Autor und Arzt erzählt darin vom Alltag während der Corona-­Pandemie auf der Intensivstation 43i im Virchow-­Klinikum der Charité, einer der führenden Intensivstationen Deutschlands. Er beschreibt die Personalnot in der Intensivmedizin und angesichts der hohen Arbeitsbelastung die Abwanderung von Medizinern und Pflegefachkräften. „Ja, es ist ein Kampf, es ist mental und körperlich anstrengend“, berichtet Zickler, der während der Corona-­Pandemie auch durch die viel beachtete TV-­Dokumentation „Charité intensiv“ bekannt geworden ist. Daniel Zickler will mit dem Buch Analysen, Dia­gnosen und Lösungsansätze bieten. Er zeigt auf, was verändert werden muss, um die zunehmende Abwanderung von Fachkräften aus der Intensivmedizin zu stoppen.

„Wir wollen Qualität einhalten, werden daran aber immer mehr gehindert“

Darin geht er auch auf verschiedene Fälle von Patienten näher ein. Er beschreibt beispielsweise, was er Angehörigen sagt, wenn auf seiner Station ein Mensch verstirbt. Insbesondere belasten den Oberarzt „die strukturellen und organisatorischen Probleme des Systems“. Diese erschweren ihm und seinem Team die Arbeit so zu machen, wie sie es am besten könnten. „Wir wollen Qualität einhalten, werden daran aber immer mehr gehindert und dazu gedrängt, Quantität abzuliefern“, schreibt Zickler und hält außerdem fest: „Das aktuelle System des Erwirtschaftens von Geldern, die nötig sind, um die Kosten zu decken, setzt falsche Anreize und sollte für die Intensivstationen überdacht werden.“

Zickler weiß, dass das Personal in der Intensivmedizin „kaputt“, „müde“ und „frustriert“ ist und dass der Personal- und Ressourcenmangel allen zusetzt – sowohl den Ärzten als auch der Pflege. Die Corona-­Pandemie habe zwar den Fokus auf die Intensivmedizin gelenkt und ihr damit eine öffentliche Basis gegeben. Allerdings habe sie die schwierigen Zustände, die es schon vorher gab, weiter verschärft, schreibt Zickler. „Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stoßen an ihre Grenzen oder haben für sich bereits eine Konsequenz gezogen.“

Auch Katrin Göring-­Eckardt hält Veränderungen in der Krankenhauslandschaft in Deutschland für nötig. Es müsse nicht überall eine flächendeckende Maximalversorgung im Krankenhaus geben, sagte die frühere gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen. Sie schlug Strukturen vor, wie es sie ehemals in Ostdeutschland mit Polikliniken und medizinischen Versorgungszentren gegeben hatte. Göring-­Eckardt hat für Zicklers Buch auch das Vorwort verfasst. Darin betont sie: „Unser Gesundheitswesen, um das uns viele in der Welt noch beneiden, droht zu erodieren, weil es auf die heutigen Herausforderungen zu unflexibel reagiert.“ Zickler weise darauf hin, an welchen Stellschrauben gedreht werden müsse, um einen weiteren Exodus der Fachkräfte aus den Pflegeberufen aufzuhalten.

Zickler fordert eine Reduzierung der Arbeitsbelastung

Im Buch nennt Zickler konkrete Forderungen, was sich in der Intensivmedizin verändern muss. Dazu zählten eine Reduzierung der Arbeitsbelastung, weniger Kostendruck, verbesserte Abläufe, Möglichkeiten zur freien Entfaltung von Intensivkräften, mehr Wertschätzung sowie weniger Intensivstationen. „Anhand von ergreifenden Erfahrungsberichten beschreibt Daniel Zickler die Hoffnungen, Erwartungen und Wünsche von Patienten sowie Ärzten und Pflegern. Sein Buch ist ein authentischer Insiderbericht, der zugleich Politik und Gesellschaft zum Nachdenken über aktuelle Problemfelder in der Intensivmedizin auffordert“, sagte der Programmleiter des Bonifatius-­Verlages, Stefan Rüth.

Weitere interessante Berichte finden Sie in der aktuellen DOM-Ausgabe. Schauen Sie mal rein, es lohnt sich bestimmt.

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