Wege aus einer tiefen Krise
Diese jungen Frauen helfen verzweifelten Jugendlichen (hinten von links): [U25]-Teamleiterin Carolina Groppe mit den Peer-Beraterinnen Christine, Luisa, Alexandra, Viktoria sowie (vorn von links) Antonia, Carla, Antonia, Anna und Judith. Es fehlt Kimberly. Foto: CPD
Paderborn. Probleme in der Schule, Streit mit den Eltern oder Enttäuschung durch die erste Liebe: Viele Jugendliche können diese Dinge mit niemandem besprechen und verzweifeln daran so sehr, dass sie versuchen, sich das Leben zu nehmen. Eine kostenlose, anonyme Hilfe in dieser Not bietet die [U25]-Suizidprävention der deutschen Caritas an. Jetzt hat mit Paderborn der sechste Standort der Online-Beratung seine Arbeit aufgenommen – nach Berlin, Freiburg, Dresden, Gelsenkirchen und Hamburg. Zehn junge Menschen stehen in Paderborn als ehrenamtliche „Peer-Berater“ zur Verfügung.
Es ist wichtig, dass die Jugendlichen eine Anlaufstelle wie [U25] haben“, ist Antonia überzeugt, eine der ehrenamtlichen Beraterinnen. „Ich selbst habe damals in einer tiefen Krise gesteckt und war zu lange mit meinen Problemen alleine.“ Denn vielen falle es schwer, sich jemandem anzuvertrauen. „Ich hatte damals echt Glück, jemanden gefunden zu haben, dem ich alles erzählen konnte. Das Glück haben viele andere Jugendliche nicht.“
„Über die klassischen Beratungsangebote erreicht man Jugendliche immer seltener“, erklärt Simone Segin vom Diözesan-Caritasverband Paderborn, der das Projekt gemeinsam mit der Aktion Mensch finanziert. „Bei dem Projekt [U25]-Suizidprävention können sich junge Menschen über die Internetseite anonym anmelden und ihre Botschaft hinterlassen. Anschließend stellt sich ein Peer-Berater vor, nimmt sich der Sorgen an und begleitet den Hilfesuchenden per E-Mail über das Beratungsportal.“
Für den Standort Paderborn, der an den örtlichen Caritasverband Paderborn angebunden ist, bildete die Sozialpädagogin Carolina Groppe als hauptamtliche Teamleiterin zehn junge Frauen zwischen 16 und 23 Jahren in einer dreimonatigen Schulung zu ehrenamtlichen Krisenbegleiterinnen aus. Sie machte sie mit verschiedenen psychiatrischen Krankheitsbildern vertraut, trainierte sie, wie verschlüsselte psychische Botschaften in den E-Mails erkannt und gedeutet werden und wie Antworten aussehen können. Sie unterstützt sie auch während des gesamten Beratungsprozesses und lädt zu regelmäßigen Supervisionsgesprächen ein.
„Ich bin froh, wenn die Jugendlichen uns schreiben“, sagt Krisenbegleiterin Antonia. „Viele, die jetzt geschrieben haben, befinden sich schon in einer Krise, die sie allein nicht mehr bewältigen können.“ Dass das Projekt [U25] ein wichtiges Angebot für verzweifelte Jugendliche sei, zeige sich auch darin, dass alle neu ausgebildeten Krisenbegleiterinnen in Paderborn innerhalb von wenigen Tagen einen hilfesuchenden Jugendlichen zugewiesen bekamen, den sie jetzt online begleiten.
Wegen der hohen Nachfrage wird mit Unterstützung des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn und der Aktion Mensch ein weiterer Standort in Dortmund eingerichtet. Dort werden zurzeit elf junge Menschen auf die Krisenbegleitung vorbereitet. Mitte April sollen sie die Beratung aufnehmen. In Paderborn soll in Kürze ein weiterer Ausbildungskurs stattfinden, kündigte Teamleiterin Carolina Groppe an. „Unser Ziel ist, dass im Projekt etwa 25 ehrenamtliche Krisenbegleiter in Paderborn tätig sind. Besonders freue ich mich, wenn sich junge Männer für das Projekt engagieren würden.“
867 Kinder und Jugendliche haben sich 2014 im Rahmen des [U25]-Projektes der deutschen Caritas an speziell ausgebildete Peer-Berater wie Antonia gewandt. Im gleichen Jahr starben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes deutschlandweit 546 junge Menschen bis 25 Jahren durch Suizid. Es ist eine der häufig-
sten Todesursachen in der Altersgruppe.