„Weihnachten ist nicht perfekt“
120 Teilnehmer der Weihnachtsfeier fanden im Dom trotz der Corona-Abstandsregeln Platz. Diether Wegener (vorne, rechts) trug die Weihnachtsgeschichte vor, Pater Bernd hielt die Predigt. Foto: Flüter
Paderborn. Die traditionelle Weihnachtsfeier für Menschen in Paderborn, die einsam und oft ohne festen Wohnsitz leben, hat in diesem Jahr im Dom stattgefunden. Die Veranstaltung wurde aus dem Salesianum in den Dom verlegt, um die Corona- Abstandsregeln einzuhalten. 120 Menschen nahmen an dem Gottesdienst und der anschließenden Bescherung teil.
Viele Ehrenamtliche dabei
Seit 1986 werden die „Schwestern und Brüder auf der Straße“ zu Weihnachten eingeladen. Veranstalter war immer der Paderborner Ordensrat. Heute sind viele Ehrenamtliche für die an Zahl weniger werdenden Ordensleute hinzugekommen. Mit dabei sind immer noch fünf Schwestern der Vincentine rinnen. Eine von ihnen ist Schwester M. Elrike Tyws, die viele Jahre als seelsorgliche Begleitung von Wohnungslosen in Paderborn unterwegs war und immer noch federführend im Organisationsteam mitarbeitet.
„Bei uns ist jeder willkommen“, sagt die Vincentinerin. Genau deshalb sollte die Weihnachtsfeier auch im Corona- Jahr 2020 nicht ausfallen. An der Veranstaltung nehmen Menschen teil, die einsam leben oder sich sonst vielleicht keine Weihnachtsfeier leisten könnten.
Bei den Verantwortlichen im Paderborner Dom traf die Bitte, in die Bistumskirche umzuziehen, auf offene Ohren. Domvikar Nils Petrat kann sich sogar vorstellen, die Weihnachtsfeier in Zukunft hier stattfinden zu lassen. Das wäre ganz im Sinne der Arbeitsgruppe, die die Weihnachtsfeier plant und durchführt. Auch das vor einigen Wochen eröffnete und in Schirmherrschaft des Metropolitankapitels stehende „Gasthaus“ für bedürftige und obdachlose Menschen in der Heiersstraße befindet sich in unmittelbarer Nähe des Domes.
Seit Monaten Spenden für Geschenke gesammelt
Die Organisatoren hatten den Ablauf so geplant, dass die Bedingungen des verschärften Lockdowns eingehalten werden konnten. Nach der Feier verließen die Teilnehmer den Dom durch das Paradiesportal, um über den Domplatz durch den Seiteneingang vor dem Generalvikariat das Gebäude wieder zu betreten. Dort fand die eigentliche Bescherung statt, für die Schwester Elrike verantwortlich zeichnet. In den vergangenen Monaten hat sie Spenden gesammelt und wohlüberlegt Geschenke gepackt, in denen sich genau das befand, was mittel- und wohnungslose Menschen brauchen: warme Kleidung oder praktische Dinge für den Alltag.
Wer den Dom anschließend durch den Kreuzgang verließ, stieß auf einen Imbisswagen auf dem kleinen Domplatz – ein Ersatz für das gemeinsame Weihnachtsessen, das sonst immer die Weihnachtsfeier abschließt. Ursprünglich war das Essen im Kreuzgang des Domes vorgesehen. Dort hätten alle Teilnehmer an Einzeltischen ausreichend Abstand voneinander halten können. Doch der harte Lockdown seit Anfang der Woche verhinderte diese Lösung. Dafür spendete ein Paderborner Unternehmen die Mahlzeiten, die außerhalb des Domes verteilt wurden.
Ein besonderer Gast der Weihnachtsfeier war Bürgermeister Michael Dreier. Ihm sei es sehr wichtig, an der Veranstaltung teilzunehmen, betonte das Stadtoberhaupt. Dreier wechselte direkt aus dem Dom zu der abschließenden Sitzung des Stadtrates für das Jahr 2020.
In ein Provisorium hineingeboren
In den Dom hatte der Bürgermeister ein besonderes Geschenk mitgebracht: einen Geschenkgutschein für Paderborner Geschäfte in Höhe von 15 Euro für jeden Teilnehmer der Feier. Bei dem Geld handelte es sich um die Summe, die sonst für das Festessen aller Ratsmitglieder am Ende des Jahres anfällt. Weil auch das in diesem Jahr nicht möglich war, war der Betrag auf die Gutscheine umgelegt worden. Als diese Vorgeschichte im Dom bekannt wurde, erhielt der Bürgermeister spontanen Beifall.
Die eigentliche Feier im Dom begann mit einem Lichtbildervortrag mit Bildern und Texten von Astrid Lindgren. Den Text dazu sprach Diether Wegener. Musikalisch begleitet wurde die Feier vom Posaunenchor aus Augustdorf.
Kennzeichen der Weihnacht
Die Predigt hielt Pater Bernd Heisterkamp, Leiter des Jugendhauses Salesianum. Auch Jesus sei in ein Provisorium hi neingeboren worden, sagte er. Das Provisorische, nicht Perfekte sei geradezu ein Kennzeichen der Weihnacht, aber auch des gesamten menschlichen Lebens: „Jesus nimmt uns, wie wir sind.“ „Durch Weihnachten wird nicht alles gut“, sagte der Pater den aufmerksamen Zuhörern im Dom, „aber es wird erträglicher und lichtvoller, als es vorher war.“