Wenn der Auspuff das Ave Maria singt
Oben: Ob mit Biker-Kutte oder zivil – nur selten geben Gottesdienstbesucher ein so vielfältiges Bild ab wie bei dieser Wallfahrt. Foto: Wiedenhaus
Werl/Erzbistum. Einmal im Jahr steht in Werl „die etwas andere Wallfahrt“ auf dem Programm: Die Teilnehmer entsprechen in ihrer Kleidung nicht unbedingt dem landläufigen Bild eines Pilgers, die Predigt dreht sich um Schrauben, Stoßdämpfer oder Scheinwerfer. Und nicht zuletzt die Art und Weise, wie zum Ende des Gottesdienstes der Gruß an die „Trösterin der Betrübten“ angestimmt wird, „hat was“: Aus Hunderten von Auspuffrohren erklingt ein ganz besonderes Ave Maria. Wenn „Moto Maria“ – die Motorrad-Wallfahrt nach Werl – ansteht, dann machen sich die „Biker“ auf zur Gottesmutter. Bei der siebten Auflage in diesem Jahr waren es rekordverdächtig viele.
von Andreas Wiedenhaus
Als beim Start unserer Gruppe an der Wallfahrtskapelle in Verne bei Salzkotten die Helme in Form eines Kreuzes auf den Boden gelegt werden, ist schnell klar: „Heute sind richtig viele dabei!“ Rund 70 Biker dürften sich zusammengefunden haben.
„Hier sitzt der BMW-Fahrer friedlich neben dem Harley-Fan“, hebt Mit-Organisator Thomas Mehr unter dem Lachen der Anwesenden bei der Begrüßung hervor und trifft damit etwas Entscheidendes dieser Wallfahrt: Der Glaube und das gemeinsame Hobby verbinden. Wer die Differenzen zwischen den Anhängern verschiedener Marken oder „Motorrad-Philosophien“ kennt, weiß, was so etwas bedeutet! Während gebetet wird, hört man noch den ein oder anderen Nachzügler eintreffen.
Ein paar kurze Informationen zu Strecke und Ablauf – und dann wird gestartet: Das tiefe Bollern der Harley-Motoren mischt sich mit dem eher dezenten BMW-Klang, hochtourige „Japaner“ runden den Sound nach oben ab. Ob die 30 PS meiner 46 Jahre alten Honda ausreichen, um mit den versammelten High-Tech-Bikes mitzuhalten? Vielleicht war es doch keine so gute Idee, sich einer Gruppe anzuschließen, statt wie in den vergangenen Jahren zu zweit oder zu dritt in gemächlichem Tempo Werl direkt anzusteuern?
Aber die Zweifel verfliegen schnell: Die Fahrerinnen und Fahrer sind absolut diszipliniert, kein „Heizer“ weit und breit. Zum stressfreien Ablauf tragen nicht zuletzt die Tour-Guides bei, die einen „perfekten Job“ machen: Zu erkennen an ihren orangefarbenen Warnwesten sorgen sie für freie Fahrt und sichern ab, sodass die imposante Kolonne schön zusammenbleibt.
Nur ab und zu muss man mal ein bisschen „am Kabel ziehen“, damit der Abstand nicht zu groß wird. Doch Tempo und Strecke sind so gewählt, dass alle unterwegs genau das genießen können, was den Reiz des Motorradfahrens ausmacht: kleine Nebenstraßen durch Felder und Wiesen, dazu passendes Wetter – trocken und nicht zu heiß.
Optimale Bedingungen, die dafür sorgen, dass die Parkmöglichkeiten um die Werler Wallfahrtsbasilika bei unserem Eintreffen ziemlich ausgereizt sind: Hunderte von Motorrädern stehen bereits dichtgedrängt.
An insgesamt vier Punkten war die Sternwallfahrt gestartet. Die anderen aus Beckum, Sundern und Dortmund sind wohl schon da. Doch auch für unsere Maschinen findet sich noch Platz. Und vor dem Gottesdienst ist auch noch Zeit für Kaffee und Kuchen, Bratwurst und (selbstverständlich alkoholfreies) Bier – und natürlich ist auch Gelegenheit zum ein oder anderen „Benzingespräch“.
Der Werler Wallfahrtsleiter Pater Ralf Preker ist von der Kulisse ebenso beeindruckt wie die zahlreichen Zuschauer, die ohne „Bike“ gekommen sind. Nach einer kurzen Begrüßung beginnt der ökumenische Gottesdienst, den Pater Ralf gemeinsam mit dem evangelischen Pfarrer Werner Vedder sowie Christa Mertens, Wolfgang Koch und Thomas Mehr vorbereitet hat.
Pfarrer Vedder, dessen 500er Yamaha wie immer ganz nah beim Bildnis der Gottesmutter steht, hat diesmal einen Scheinwerfer mitgebracht. Die Predigt dreht sich um Lampen und Leuchten, um ihre Rolle im Straßenverkehr und nicht zuletzt um die symbolische Bedeutung des Lichtes für den Glauben.
Bevor es dann mit der Ausfahrt losgeht – Pater Ralf wie immer im Seitenwagen eines gelben „Patermobils“ – kommt der akustische Höhepunkt: Die Biker grüßen die Gottesmutter auf ihre eigene Art, hochtourig und nicht ganz leise. „Da kann die Orgel einpacken“, meint der Fahrer einer Kawasaki und lacht.
Der Korso rund um den Wallfahrtsort bildet den Schlusspunkt. Für die meisten steht fest, dass sie auch im nächsten Jahr wieder dabei sind: „Moto Maria“ ist im Terminkalender vieler Fahrerinnen und Fahrer „gesetzt“.