28.10.2016

Wenn Politik Ausbildung behindert

Bäckermeister Thomas Fröbrich ist zufrieden mit seinem neuen Auszubildenden Fahat Rezai. Und der ist glücklich, dass die Ausländerbehörden ihm die Ausbildung doch noch gestattet haben.

Barntrup. Eigentlich war alles klar. Thomas Fröbrich, Bäckermeister in Barntrup, suchte einen Auszubildenden. Fahat Rezai wollte, und er hatte schon in der Bäckerei seines Vaters gearbeitet. Doch dann drohte alles zu scheitern, weil Fahat Rezai ein Flüchtling ist. Die deutsche Arbeitsmarkts- und Flüchtlingspolitik, die doch Azubis motivieren und Zuwanderer in Arbeit bringen soll, hätte die Ausbildung von Fahat Rezai beinahe im letzten Moment vereitelt.

„Das war ganz schön nervenaufreibend“, erinnert sich Wolfgang Patzelt vom Pfarrgemeinderat an die letzten Tage im August. Fahat Rezai hatte den Ausbildungsvertrag unterschrieben, als die Detmolder Ausländerbehörde Kreis Lippe ihre Genehmigung zu der Ausbildung versagte.

Seit dem 25. Juli dürfen Flüchtlinge im Kreis Lippe keine Ausbildung antreten, wenn sie aus Afghanistan kommen. Der Vertrag von Fahat Rezai war jedoch erst am 27. Juli geschlossen worden. Die Ausbildung drohte noch vor dem ersten Arbeitstag zu enden.

Die Absage kam nach einem fast sechsmonatigen Abstimmungsmarathon zwischen den verschiedenen Behörden. Fahat Rezai hatte ein Betriebspraktikum in der Bäckerei gemacht, Wolfgang Patzelt hatte die Korrespondenz mit den Behörden erledigt, Thomas Fröbrich hatte mit der Innung gesprochen – und dann das.

Es war der Intervention des Barntruper Sozialamtes zu verdanken, dass im Fall von Fahat Rezai eine Ausnahme­regelung griff. So konnte Thomas Fröbrich am 1. August früh um vier Uhr doch noch seinen neuen Azubi in der Backstube begrüßen. Er ist heilfroh, dass alles im letzten Moment geklappt hat.

„Bäcker möchte doch keiner mehr werden“, sagt er und schüttelt den Kopf. Die Betriebe in der Region, die einen Azubi gefunden haben, sind an einer Hand abzuzählen. Verstehen kann er es nicht, dass die Ausländerbehörde beinahe die Einstellung seines neuen Azubis verhindert hätte.

Wolfgang Patzelt versteht die Entscheidung ebenso wenig. „Es ist umstritten, ob Af­ghanistan als sicheres Herkunftsland gilt“, sagt er. Fahat Rezai hat nur eine Aufenthaltsgestattung. Die Kombination des Herkunftslandes und des Aufenthaltsstatus machen die Situation schwierig. Man könne aber Spielräume nutzen, vor allem, wenn die Rahmenbedingungen so gut sind wie bei dem jungen Afghanen, meint Wolfgang Patzelt.

Durch die Vermittlung der katholischen Gemeinde in Barntrup und mit Unterstützung der Caritas-Konferenzen und der Caritas konnte der neue Bäckerlehrling ein eigenes Zimmer nicht weit von der Bäckerei beziehen. In der katholischen Gemeinde erhält er auch zusätzlichen Deutsch­unterricht. Und Bäckermeister Thomas Fröbrich ist zufrieden. „Er hat das Backen in den Fingern“, sagt er. „Man merkt, dass er in einer Bäckerei groß geworden ist.“

In der Berufsschule wartet die nächste Bewährungsprobe auf Fahat Rezai. Vor allem die Sprache ist noch ein Problem für ihn. „Es wäre traumhaft, wenn wir einen Meister im Ruhestand oder einen Bäckergesellen finden würden, der Fahat Nachhilfe in der Berufskunde geben könnte“, sagt Wolfgang Patzelt.

Bei einer Sache, die viele junge Menschen von einer Bäckerausbildung abhält, gibt es allerdings keine Schwierigkeiten. Das Aufstehen mitten in der Nacht ist Fahat Rezai gewöhnt. „Kein Problem“, sagt er. „Auch in Afghanistan fangen die Bäcker früh an zu arbeiten.“

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