Wettrennen für das Leben
Foto: Petra Bork / pixelio
Wer an die Auferstehung glaubt, muss für das Leben in Bewegung geraten.
von Katharina Hartleib
Dieses Evangelium ist für uns Christen DAS Evangelium. Und dabei kommt es so schrecklich sachlich daher. Es ist nicht hellgrün frühlingshaft und Osterglocken-bekränzt und schon gar nicht jubelnd und zum Osterlachen geeignet. Zunächst geht Maria von Magdala, die Jesus von Herzen geliebt hatte, ganz in der Frühe zum Grab, entdeckt entsetzt, dass es leer ist und rennt in panischem Schrecken zu Petrus und zu dem anderen Jünger, den Jesus liebte.
Und dann beginnt das nächste große Rennen: Johannes ist schneller, weil er von der Liebe zu seinem Meister getrieben, wie von einem
Magneten angezogen, rennt. Dann kommt ganz atemlos Petrus und geht zuerst hinein ins Grab. Und dann werden, sehr wenig jubelnd, die einfachen Fakten beschrieben, was die Männer sehen: Da liegen die Leinenbinden, da das Schweißtuch, aber an einer anderen Stelle. Dann geht der andere Jünger hinein und er sah und glaubte. Aber was glaubt er denn? Das steht da nicht.
Eine Geschichte, die mir vor Kurzem erzählt worden ist, sagt das Ganze sehr viel anschaulicher. Eine Lehrerin geht mit ihrer Schulklasse zum örtlichen Friedhof, um über das Thema Sterben, Tod und Beerdigungskultur zu reden und das Ganze ein bisschen anschaulich zu machen. Der Eingang zum Friedhof hat einen schon ziemlich verwitterten Torbogen, auf dem noch lesbar ist: „Wer an mich glaubt, der wird l…“ Der Rest dieses Wortes, nach dem L, ist nicht mehr zu erkennen. So fragt die Lehrerin ihre Klasse: Was glaubt ihr, was da steht, welches Wort muss dahin? Wer an mich glaubt, der wird l… Und nach einer kleinen Weile sagt der Erste: laufen. Wer an mich glaubt, der wird laufen! Und dann sprudelte es auch aus den anderen Kindern heraus: der wird lachen, der wird liebhaben, der wird loben, der wird lernen, der wird loslassen, der wird läuten …
Ja genau: Wer an mich glaubt, der wird laufen, loslaufen wie die Jünger und nicht mehr am Platz hocken bleiben. Der muss davon erzählen und mit seinem Tun den anderen klar machen, dass er an die Auferstehung Jesu glaubt, und diesen Glauben wirklich leben.
Wer an mich glaubt, der wird lachen. Ja, er wird lachen, weil nicht der Tod und das Trauern und Weinen das letzte Wort hat, sondern das Leben und das Lachen, das über den Tod hinausreicht und dem der ewige Tod nichts anhaben kann.
Wer an mich glaubt, der wird liebhaben, weil er dann reif ist für die Liebe, die niemals mehr vergeht und genau weiß, dass sie im Tod nicht endet. Und weil er sich unendlich geliebt weiß, kann auch er immer neu lieben.
Wer an mich glaubt, der wird loben, weil er weiß, wem er alles Leben verdankt und alle Liebe und alles Neue beginnen.
Wer an mich glaubt, der wird lernen, wie das alles geht: das Vertrauen in die gute Schöpfung, das Hoffen auf die unendliche Liebe, das Glauben an das unendliche Leben.
Wer an mich glaubt, der wird loslassen: alle Vorurteile, alle Ängste, alle „Das geht doch gar nicht“-Worte.
Wer an mich glaubt, der wird läuten. Der wird das Festtagsgeläut im Kirchturm anwerfen und immer länger, immer mehr, immer voller alle Glocken läuten lassen, damit es alle hören: Christus ist auferstanden von den Toten. Halleluja.
Und wenn dann alle diese Worte mit L zusammengefasst werden: laufen, lachen, liebhaben, loben, lernen, loslassen, läuten, dann ergibt sich von selbst das Wort, das über dem Torbogen noch fehlte: leben.
Wer an mich glaubt, der wird leben.