05.06.2020

Wie Orgelspiel ein Leben prägt

Paul Maiworm spielt auch heute noch die Orgel als Aushilfsorganist in sechs verschiedenen Kirchen. Mit zwölf Jahren hatte der 87-Jährige seine Premiere in Sondern. Das bedeutet 75 Jahre Orgelspiel zur Ehre Gottes. Ein ganz seltenes Jubiläum. Foto: Lüttecke 

Attendorn. Es ist ein erstaunliches Jubiläum: Seit sage und schreibe 75 Jahren spielt Paul Maiworm (87) regelmäßig die Orgel während der heiligen Messe, das erste Mal nur vier Tage nach Kriegsende am 12.Mai 1945.

von Meinolf Lüttecke

Paul Maiworm ist ein Naturtalent in Sachen Musik. Am 12.Mai jährte sich zum 75.Mal, dass er erstmals an der Orgel eine Eucharistiefeier begleitete. Der gebürtige Sonderner hatte bereits mit zehn Jahren in der Kirche von Alt-Sondern die Lieder angestimmt, da die Stelle des Organisten vakant war. Im April 1945 fragte ihn der Rhoder Pastor: „Paul, du kannst so schön vorsingen. Hast du nicht Lust, das Orgelspielen zu lernen?“ Zwar war der junge Paul bereits mit elf Jahren in den Musikverein Sondern eingetreten, um dort die Klarinette zu spielen, aber bis zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nie eine Taste, weder an der Orgel noch am Klavier, berührt. Paul Maiworm zögerte nicht lange. Ohne Musiklehrer oder fremden Beistand übte er mit seinem besten Freund vier Wochen lang nach der Schule in der Sonderner Kirche.

Begeisterte Besucher

Dann kam der 12.Mai 1945, wenige Tage nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Paul hatte mit seinen zwölf Lebensjahren den ersten Auftritt bei einer heiligen Messe an der Orgel im alten Sondern. Als er mit seinen Eltern in die Kirche gehen wollte, sagte sein Vater in plattdeutscher Sprache: „Iäk goh nitt mett in de Kärke, iäk well miäk doch nitt dout blamäieren.“ In Hochdeutsch: Ich geh nicht mit in die Kirche, ich will mich doch nicht tot blamieren. Als Pauls Mutter dem skeptischen Vater, der ohnehin nichts für die Musik übrig hatte, nach der Messe erzählte, dass die Leute vom Orgelspiel begeistert waren, antwortet der Vater: „Sou, jetz hästet ahnjefangen, un jetz mustet luter.“ In Hochdeutsch: So, jetzt hast du es angefangen, und jetzt musst du es immer. Und aus dem „luter“ sind nun bereits 75 Jahre geworden. Der junge Paul spielte fortan jede Woche in Sondern zwei Messen werktags, zwei Messen sonntags und die Andacht am Sonntag und bekam für diese fünf Dienste damals insgesamt drei Mark.

Für drei Mark

Mit der Zeit reifte in Paul Maiworm der innere Wunsch, dass er eines Tages einmal als hauptamtlicher Organist an einer Kirche tätig sein möchte. Und so kam es, wie es kommen musste. Pastor Schmitz aus Bönen bei Unna machte in Sondern Urlaub und hörte Paul Maiworm Orgel spielen. Nach dem Gottesdienst stand er plötzlich an der Haustür von Paul Maiworm, um ihm ein Angebot zu unterbreiten: „Herr Maiworm, ich brauche in Bönen einen Organisten. Mein Urlaub ist heute beendet. Sie müssen sich also noch heute entscheiden, ob Sie dieses Angebot annehmen.“ Da gab es kein langes Zögern und der musikbegeisterte gebürtige Sonderner sagte spontan „Ja“. Am 1.August 1962 war Maiworm Küster, Organist und Chorleiter in einer Person in Bönen an der Pfarrkirche. 

Sehnsucht nach dem Sauerland

Alles schien perfekt, doch dann kamen bei den Eheleuten Maiworm das Heimweh und die Sehnsucht nach dem Sauerland. So kam Ende des Jahres 1963 ein Anruf des damaligen Attendorner Pfarrers Richard Wurm gar nicht ungelegen. Der Geistliche wollte die Familie ins Sauerland zurückholen. Paul Maiworm kann sich noch genau an die Worte von Pastor Wurm erinnern: „Paul, ich brauche dich. Wir haben in Attendorn die Josefskirche gebaut und da könntest du deinen Beruf ausüben.“

Er zögerte auch diesmal nicht lange und übernahm für dann über 30 Jahre, bis zu seiner Pensionierung, den Orgel- und Küsterdienst an der Josefskirche. Dort gründete er auch einen Kinder- und Kirchenchor. Der Josefschor existiert noch heute. Nachdem Maiworm diesen viele Jahre selbst dirigierte, ist seit 1998 Diethard Wurm der Dirigent. Als Aushilfsorganist ist der 87-Jährige noch heute an sechs verschiedenen Kirchen tätig.

 

Info

Durch den Biggetalsperrenbau wurde die Wallfahrtskapelle Waldenburg neu errichtet und im Jahr 1966 ihrer Bestimmung übergeben. Von Anfang an war Paul Maiworm dort Küster und Organist und gab diese Aufgabe erst im Jahr 2016– nach genau 50 Jahren– in jüngere Hände.

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