Wohin soll ich mich wenden?
Sitzplatz eines Abgeordneten, den seine Fraktion ausgeschlossen hat: aufgenommen im Brandenburger Landtag.Foto: dpa
Der für die Liturgie zuständige Kurienkardinal hat neulich die katholische Welt mit der Anregung erschreckt, die Priester sollten wieder mit dem Rücken zum Volk zelebrieren, ad orientem also. Auch der DOM hat darüber berichtet. Der Vorschlag wurde seitens des Vatikans schnell wieder einkassiert.
von Claudia Auffenberg
Zwei Dinge sind angesichts des Vorschlages und der Aufregung darüber jedoch festzuhalten: Zum einen spürt der Kardinal offenbar, dass die räumliche Anordnung derjenigen, die miteinander Gottesdienst feiern, irgendwie (noch) nicht stimmig ist. Zum anderen ist es nicht egal, wie sich Menschen, die in einem Raum miteinander etwas tun wollen, darin positionieren: Wie ist die Sitzordnung bei einer Besprechung im Büro, bei einer Hochzeit oder – wie im heutigen Evangelium – im Reich Gottes?
In Sachen irdischer Feiern ist das Internet voll mit entsprechenden Ratschlägen. Auf einer dieser Seiten heißt es einleitend: „Eine durchdachte Sitzordnung sorgt für eine gute Stimmung und trägt so zum Gelingen Ihrer Hochzeit bei.“
Sehr konkret wird diese Frage nach dem eigenen Sitzplatz am kommenden Mittwoch für die Schülerinnen und Schüler, deren Ferien zu Ende gehen. Schon jetzt brüten womöglich Lehrerinnen und Lehrer über Sitzplänen und tüfteln aus, wie sie die Kinder und Jugendlichen setzen. Manche überlassen die Sitzordnung zunächst dem freien Spiel der Kräfte, um sie dann nach ein paar Wochen zu verändern. Das Hauptanliegen ist auch hier das Gelingen der Sache, in diesem Fall des Unterrichts. Kriterien sind jeweils: Welche Schüler sind zu sehr mit dem Nachbarn beschäftigt, wer könnte von wem profitieren, wer fühlt sich wo am wohlsten? Die einen sitzen gern am Rand, die anderen lieber in der Mitte.
Eine wichtige Rolle spielt zudem, wie die Tische gestellt sind. Auch da gibt es verschiedene Lösungen, was zeigt, dass die optimale noch nicht gefunden ist, zumal sich die pädagogischen Konzepte immer mal wieder ändern.
Die Änderung des Konzeptes hat auch in der Kirche dafür gesorgt, dass vielerorts umgeräumt wurde. Allerdings: Die meisten sitzen im Gottesdienst noch immer so wie vor dem Konzil. Geändert hat sich in der Regel nur etwas für die Priester und Messdiener, was dazu führt, dass sie der Gemeinde mehr oder weniger gegenübersitzen bzw. -stehen. Das war aber nicht die Idee des Konzils. Dessen Konzept ging auf ein sehr altes zurück: „Das Volk Gottes versammelt sich um den Altar, auf dem Leib und Blut Christi in den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig werden. Christus ist die Mitte der Versammlung; er ist unter anderem gegenwärtig im verkündeten Wort und in den Gestalten von Brot und Wein. Diese Zentralität Christi bringt die Versammlung um den Altar besonders treffend zum Ausdruck.“ So hat es Prof. Martin Klöckener, ein Kind des Sauerlandes und heute Professor für Liturgiewissenschaft in der Schweiz, kürzlich in einem Interview formuliert.
Es bleibt, wie in der Schule, eine Herausforderung, dies wirklich in den Kirchen umzusetzen.