Wolle mer’n eroilosse?
Foto: Timo Klostermeier
Ähm, … also: Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, und euch, Brüdern und Schwestern, dass ich die Sendung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ liebe! Da können die ganzen Nörgler ob des organisierten Spießertumfrohsinns jetzt ruhig aufjaulen.
von Claudia Auffenberg
Schon als Kind habe ich das gern geguckt, obwohl ich ganz sicher kaum eine Pointe wirklich verstanden habe. Wahrscheinlich wurde die Liebe in mir auch gar nicht durch die Sendung an sich grundgelegt, sondern durch das Drumherum. Denn es war ein Familienfernsehhochamt der ganz besonderen Güte: Oma kam zum Gucken und – boah super – es gab eine Tüte Chips! Wenn Rolf Braun Witze machte und die Erwachsenen sich bogen vor Lachen, dann haben wir Kinder wohlig mitgelacht.
Heute ist Oma tot, Rolf Braun auch, aber wenn der Narrhallamarsch erklingt und das Publi-
kum vermeintliche Grenzüberschreitungen singend mit „Auwauwauwauwau…“ kommentiert, dann kommt die ganze Wärme der Kindheit wieder hoch und wohlwollend sitzt unsereins vorm Fernseher, jetzt mit einer selbst gekauften Tüte Chips, und sieht fern. Gutes Fernsehen muss man sagen, denn die Kindheitserinnerungen allein tragen die Sendung nicht.
So, dies ist ein geistlicher Impuls, wir müssen kurz fromm werden oder jedenfalls noch über Kirche reden. Im Augenblick diskutieren sie im Internet mal wieder die Qualität der sonntäglichen Gottesfeier. Gibt es eigentlich einen aktuellen Anlass? Ach egal, bei dem Thema findet sich immer ein aktueller Anlass. Die Frage ist, warum die Leute nicht mehr zur Kirche gehen. Ob das auf eine bestimmte Weise mit den wärmenden Erinnerungen an „Mainz bleibt Mainz“ zu tun haben könnte? Ganz gewiss!
(Nachsatz für diejenigen, die sich nun fragen, ob diese Zeilen dafür plädieren, zur Predigt eine Tüte Chips zu reichen: Nein, das tun sie nicht! Obwohl genau das – bildlich gesprochen – mancherorts geschieht …)