Wozu sind Sie da, Daniela Krüger?
Wenn Menschen von einem Tier – etwa einem Hund oder einer Katze – nach dessen Tod Abschied nehmen müssen, dann verlangt ihnen das sehr viel ab. Ich möchte ihnen in diesen Momenten beistehen; zum einen ganz praktisch, dadurch dass ich mich um die Einäscherung und alle Formalitäten kümmere, zum anderen aber auch emotional. Wer ein Lebewesen verliert, das häufig fast ein Mitglied der Familie war, braucht Trost. Und den versuche ich zu geben.
Die Trauer kann ich nachvollziehen. Ich bin mit Tieren aufgewachsen und habe selbst vier Hunde. Meine Tierliebe war auch der Auslöser, mich als Tierbestatterin selbstständig zu machen. In den Gesprächen, die wir hier führen, schütten mir die Menschen ihr Herz aus. Gerade bei Hunden geht es immer wieder um die unbedingte Treue, die sie gegenüber ihrem Frauchen oder Herrchen haben. Diese absolute Hingabe löst in uns Menschen etwas aus, wir fühlen uns verantwortlich. Da ist es doch gut zu verstehen, dass man diesen Begleiter nach seinem Tod nicht einfach der Tierkörperverwertung überlässt. Die Kremierung der Tiere und die Übergabe der Asche an ihre Eigentümer ist in meinen Augen eine würdevollere Alternative.
Menschen trauern unterschiedlich – das gilt auch, wenn sie ein Haustier verloren haben. Manchmal wird mir die ganze Lebensgeschichte eines Tieres erzählt, ich sehe den Hund oder die Katze buchstäblich vor mir. Dann trauern wir gemeinsam. Ich habe es aber auch schon erlebt, dass jemand in diesem Moment regelrecht zusammengebrochen ist, weil es so belastend war.
Daniela Krüger: „Über das Ende eines Lebens zu bestimmen braucht viel Kraft.“
Der Entschluss, ein Tier einschläfern zu lassen, ist immer eine große Herausforderung. Über das Ende eines Lebens zu bestimmen, das einen so lange begleitet hat, braucht viel Kraft. Auch in diesen Momenten bin ich für meine Kundinnen und Kunden da und versuche zu trösten. Niemand macht sich diese Entscheidung leicht. Ich stelle dann die Frage, wie das Tier die letzten Tage verbracht hat, und schnell wird deutlich, dass es nicht länger leiden sollte.
Bei allem ist mir aber sehr wichtig, dass ein Hund ein Hund bleibt und nicht vermenschlicht wird! Wenn sich jemand hier bei mir von seinem Tier verabschiedet, soll das unter normalen Umständen geschehen. Ich würde niemals auf die Idee kommen, schwarz gekleidet zu sein oder dabei Trauermusik zu spielen. Wie gesagt, ich bin mit Tieren aufgewachsen und sehr bodenständig. Angst zum Beispiel, ein totes Tier zu berühren, habe ich nicht. Eine konstruierte Atmosphäre zu erzeugen oder zum Beispiel das verstorbene Haustier für den Kunden noch künstlich mit Blumenblättern oder so etwas zu dekorieren, halte ich für völlig unangebracht. Genauso wie das regelrechte Aufbahren wie im Humanbereich üblich. Damit würde man dem Tier nicht gerecht. Außer natürlich, es ist der ausdrückliche Wunsch des Kunden.
Großes Verständnis habe ich dafür, dass die Erinnerung wach bleiben soll. Da gibt es ganz unterschiedliche Wünsche: Häufig wird noch eine Fellsträhne abgeschnitten. Auch Pfoten- oder Tatzenabdrücke mache ich immer wieder. Es kommt auch sehr oft vor, dass sich jemand einen Pfotenabdruck als Vorlage für eine Tätowierung wünscht.
Vielleicht lässt es sich so zusammenfassen: Ich bin dazu da, dass etwas, was im Leben von Menschen eine wichtige Rolle gespielt hat, zu einem pietätvollen Abschluss kommt.
Zur Person Daniela Krüger
Daniela Krüger (45) aus Paderborn ist gelernte Hotelfachfrau. Im Jahr 2018 hat sie sich als Tierbestatterin selbstständig gemacht.
Aufgezeichnet und fotografiert von Andreas Wiedenhaus
Unsere Reihe Menschen im Erzbistum
Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der emeritierte Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten.