Wozu sind Sie da, Herr Fuest?
Markus Fuest (37) aus Paderborn. (Foto: Patrick Kleibold)
Für uns Paderborner liegt nun die schönste Zeit des Jahres vor uns. Unser Libori-Fest ist ein unvergleichliches Highlight im Kirchenjahr. Als Mitglied der Libori-Schreinträgerbruderschaft bin ich dafür da, den Schrein zu tragen, so wie er früher von Le Mans nach Paderborn überführt wurde. Dieses Fest als Träger des Schreins mitgestalten zu dürfen, ist für mich eine große Ehre.
Zum Schreinträger wird man berufen. Man kann sich nicht bewerben. Mein Vater, der selbst viele Jahre den Schrein mitgetragen hat, ist im vergangenen Jahr in Rente gegangen. Mit dem beruflichen Ruhestand geht man traditionell auch als Schreinträger in Rente und dann muss ein Nachfolger für die 16-köpfige Libori-Schreinträgerbruderschaft gefunden werden. Früher wurden ausschließlich Handwerker in die Bruderschaft berufen, das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten schrittweise verändert, sodass mein Vater mich schon sehr früh gefragt hat, ob ich mir das eines Tages vorstellen könnte. Gedrängt hat er mich jedoch nicht. Ich musste nicht lange darüber nachdenken und so kam es dazu, dass er mich der Bruderschaft vorgeschlagen hat. Den Schrein durch den Dom tragen zu dürfen ist eine ehrenvolle Aufgabe, daher bin ich sehr dankbar dafür, dass sich die Bruderschaft während einer Beratung für mich entschieden hat. Zum Glück habe ich die richtige Größe, denn auch die kann ein Auswahlkriterium sein.
Nervös und aufgeregt vor der Erhebung der Reliquien
Mein erstes Jahr als Schreinträger werde ich in zweifacher Hinsicht niemals vergessen. Obwohl ich mir die Handgriffe und Abläufe genau eingeprägt hatte, so erinnere ich mich noch genau daran, dass ich nervös und aufgeregt war vor der Erhebung der Reliquien am Libori-Samstag. Doch in dem Moment, in dem man den Schrein auf der Schulter hat, legt sich die Anspannung schlagartig. Und dann ist ein weiteres wundervolles Ereignis eingetreten, das mein erstes Libori als Schreinträger noch bedeutsamer und für immer unvergessen gemacht hat. Am Libori-Sonntag ist es Tradition, dass die Bruderschaft vor dem Pontifikalamt gemeinsam frühstückt. Ich hatte diesen Tag fest eingeplant, aber dann meinte unser Sohn, er müsse sich auf den Weg machen, um geboren zu werden. Und so sind wir ins Krankenhaus gefahren und mein Vater musste für mich als Schreinträger einspringen. Libori-Sonntag verbinde ich daher mit der Geburt meines Sohnes. Er heißt aber nicht Liborius.
Nach den vergangenen zwei Jahren und den Veranstaltungen „Libori digital“ und „Libori light“ ist meine Vorfreude in diesem Jahr besonders groß. Los geht es am Donnerstag vor Libori, wenn wir den Schrein aus dem Diözesanmuseum holen und in den Dom bringen. Und am Libori-Sonntag werde ich erstmalig den Schrein im Pontifikalamt und während der anschließenden Prozession tragen. Darauf fiebere ich hin. Und wenn dann noch der Tusch im Dom erklingt, wird das sicherlich ein ganz besonderer Moment.
Zur Person
Markus Fuest (37) aus Paderborn arbeitet seit zehn Jahren als Mediengestalter in den Bereichen Bild und Ton für das Paderborner Unternehmen Lean-pro. Seit dem vergangenen Jahr gehört er der Libori-Schreinträgerbruderschaft an. Er ist ihr jüngstes Mitglied.
Aufgezeichnet und fotografiert von Patrick Kleibold
Unsere Reihe Menschen im Erzbistum
Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten. Wir fragen nach, heute bei: Markus Fuest