Wozu sind Sie da, Herr Hasselmeyer?
Tobias Hasselmeyer
Aufgezeichnet und fotografiert von Martin Schmid
Wozu sind Sie da, Herr Hasselmeyer?
Ich glaube ich bin dafür da, Menschen zu helfen, ihre Beziehung zu Gott zu finden, zu leben und immer wieder zu erneuern. Das Wort verkuppeln kommt mir da in den Sinn. Paare, die mit mir das Traugespräch hatten, erzählten mir oft, dass sie sich über Freunde kennengelernt haben. Da war irgendwo eine Party und jemand hat vielleicht bewusst zwei eingeladen, von denen er dachte, dass sie sich treffen sollten. Wenn es mir in diesem Sinne gelänge, Menschen mit Gott zu verkuppeln, dann wäre das schon cool. In der Katholischen Hochschulgemeinde, die ich seit Juli leite, kann ein Ort dafür sein. Gott ist eben ein konkretes Du, mit dem man eine Beziehung pflegen kann. Das meine ich aber nicht so paarhaft, als wäre ich mit Jesus verheiratet, sondern mehr wie eine tiefe, echte Freundschaft.
Tobias Hasselmeyer – Reicht mein eigener Glaube?
Bevor ich Priester geworden bin, hatte ich immer Bedenken, ob mein eigener Glaube reicht. Schließlich würde ich nachher eine Aufgabe wahrnehmen, wo ich anderen im Glauben helfen soll. Mir helfen wiederum Zeiten, wo ich bei Ihm anhalten kann, beispielsweise bei der abendlichen Anbetung im Dom. Ich merke dann, dass Angst oder Ungeduld weniger werden. Ich bekomme wieder ein besseres Verhältnis zu mir und zu den Dingen, die mir begegnen. Also das Verhältnis zu Christus ordnet die anderen Verhältnisse bzw. Beziehungen. Und das ist doch eine super Erfahrung, die ich auch jedem anderen gönne.
Messdiener mit Zweifeln
Als Jugendlicher war ich mit Leib und Seele Messdiener. Gottesdienste hatten für mich etwas Geheimnisvolles. Doch in der neunten Klasse diskutierten wir mit unserem Politiklehrer eines Tages über Religion. Darauf fragte ich meinen Priester: „Kann das wirklich alles sein? Ist Gott in der Messe da und Eucharistie, was ist das denn?“ Er fragte zurück, ob ich Gott zugestehen könnte, dass er mehr kann als wir. Ich: „Ja klar, sonst wäre er ja nicht Gott.“ Darauf sagte er zu mir, „Dann kannst du ihm ja auch zugestehen, dass er da ist, obwohl wir nur Brot und Wein sehen“.
Die Befreiung – Gott kann Gott sein
Das war für mich so, als hätte jemand ein Seil durchgeschnitten, mit dem ich gefesselt war und ich bin in Gott hineingeplumpst. Ich konnte plötzlich darauf vertrauen, dass Gott Gott ist. Da war eine große Kraft und Freude. Aber trotzdem hätte ich nicht im Traum daran gedacht, Priester zu werden. Das war mir viel zu hoch. Und so habe ich nach der Schule eine Ausbildung zum Konditor gemacht.
Tobias Hasselmeyer – Ich kann auch gut allein sein
Das passt zu meiner heutigen Freizeitgestaltung. Ich gehe gerne Wandern, vor allem wenn da am Ende ein gutes Café steht. Außerdem lese ich gerne oder lade Freunde ein und koche für sie, aber ich kann auch sehr gut allein sein. Bei meinen Patenkindern ist zum Beispiel immer Remmidemmi im Haus. Das ist bei mir anders. Ich kann mal die Tür hinter mir zuziehen und dann herrscht Stille.
Wenn man Gott einen Platz gibt …
Das spannendste am Priesterberuf ist das, was passiert, wenn Menschen Gott einen Platz in ihrem Leben geben. Da fängt etwas an, was nicht aufhört, weil die Menschen sich immer wieder neu entdecken und auch was Neues von Gott entdecken. So wie bei mir. Als ich mich entschied, Abitur zu machen, um vielleicht Priester zu werden, war ich 19. Und es war klar, dass ich nochmal zehn Jahre draufpacken muss, bis ich ans Ziel komme. Mein Vater meinte nur: „Was sind schon zehn Jahre, jetzt fängst du erstmal an und wenn es funktioniert, dann funktioniert es.“
Zur Person
Tobias Hasselmeyer (38) ist seit dem 1. Juli neuer Studierendenpfarrer in Paderborn und außerdem Diözesanjugendpfarrer. Zuvor war er Pastor in Hüsten und Diözesankurat der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG). Hasselmeyer ist in Stukenbrock aufgewachsen und hat vor seiner Laufbahn als Priester eine Ausbildung zum Konditor gemacht.
Tobias Hasselmeyer