Wozu sind Sie da, Herr Poggel?
Konditormeister Georg Poggel (44) führt den Familienbetrieb Café Poggel in Hemer bereits in der vierten Generation und bildet auch Lehrlinge aus. (Foto: Annabell Jatzke)
Als Konditormeister versüße ich Menschen das Leben, jedenfalls für einen kurzen Moment. Aber ich glaube, das ist gerade in so bitteren Zeiten wie unseren wichtig. Es ist doch interessant, dass die Leute zu besonderen Tagen besondere Torten und nicht etwa eine besondere Wurst haben möchten.
Jetzt zu Ostern haben wir Hochkonjunktur, da stellen wir Hasen und Eier aus Schokolade her. Viele erinnern sich an die eigene Kindheit und verschenken die Sachen gern. In der Werbung für Schokoladenosterhasen sieht so eine Konditorstube etwas altmodisch aus. So ist es in Wirklichkeit nicht. Aber ich nehme für mich schon in Anspruch, dass ich meine Schokohasen mit Liebe herstelle, so wie der Kollege aus der Werbung. Das gilt auch für die Pralinen. Alles, was wir hier machen, ist nämlich echte Handwerkskunst. Und dazu braucht man Fingerspitzengefühl, Geduld, Erfahrung und eben Liebe zum Produkt.
Nach Ostern kommen die Erstkommunionfeiern oder die Konfirmationen. Auch da spielt das Essen eine wichtige Rolle. Früher war es so, dass am Montag nach dem Weißen Sonntag die Nachbarn kamen und die Tortenreste aßen. Das gibt es heute gar nicht mehr so. Heute liefern wir für den Montag noch mal neue Kuchen. Ich hoffe, dass die Reste dann nicht weggeworfen werden.
„Wenn das Essen nicht schmeckt, werden sich alle daran noch länger erinnern“
Solche Tage sind für uns immer eine besondere Herausforderung. Zum einen, weil wir besonders viel zu tun haben, und zum anderen spüre ich schon eine gewisse Verantwortung. Denn mit meiner Arbeit trage ich doch wesentlich dazu bei, wie so ein Tag gelingt. Wenn das Essen nicht schmeckt, werden sich alle daran noch länger erinnern als an den Tag selbst.
Besonders gern machen wir Torten für Hochzeiten. Für sie gibt es ja bei der Feier sogar einen eigenen Ritus: das gemeinsame Anschneiden. So eine Hochzeitstorte ist sehr aufwendig herzustellen. Sie hat mehrere Etagen und ist reich verziert. Darin steckt wirklich viel Arbeit, aber dass sie zerschnitten wird, tut mir nur ein bisschen weh. Denn dafür ist sie gemacht. Und ich weiß: Diesen besonderen und hoffentlich doch einzigartigen Tag im Leben zweier Menschen habe ich bereichern können. Wenn auch nur für einen Moment, aber nichts von dem, was ich herstelle, ist für die Ewigkeit. Das gilt für das Leben insgesamt: Nichts ist von Dauer. Das darf man nicht vergessen. Alles ist nur vorübergehend. Die guten Zeiten enden und auch die schlechten. Als Konditor bin ich dazu da, die guten Zeiten besonders genussvoll zu machen und über die schlechten Zeiten hinwegzuhelfen. Denn das kann ich schon sagen: Ein schönes Stück Kuchen schmeckt fast immer.
Zur Person
Konditormeister Georg Poggel (44) führt den Familienbetrieb Café Poggel in Hemer bereits in der vierten Generation und bildet auch Lehrlinge aus. Die Konditorei existiert bereits seit 1888. Anders als ein Bäcker muss er nicht mitten in der Nacht in die Backstube, sondern erst am frühen Morgen. Als Ausgleich zum Beruf zieht es ihn ans Gewässer zum Angeln. Der passionierte Angler ist auch Vorsitzender des ortsansässigen Angelvereines.
Aufgezeichnet und fotografiert von Annabell Jatzke
Unsere Reihe Menschen im Erzbistum
Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten. Wir fragen nach, heute bei: Georg Poggel