Wozu sind Sie da, Karl Haunert?

Geweckt wurde meine Leidenschaft für die Fotografie, als ich 13 Jahre alt war: Beim Preisausschreiben zum Jugendweltspartag habe ich den ersten Preis gewonnen, eine Kodak-Instamatic-50-­Kamera. Der Apparat funktionierte automatisch, einzustellen gab es nichts. Mit der Kamera habe ich Clarholz unsicher gemacht und bei allen möglichen Gelegenheiten auf den Auslöser gedrückt. Schon damals hat mich die Idee fasziniert, ganz unterschiedliche Szenen und Personen fotografisch festzuhalten. Im Ort gab es einen Briefträger, der als freier Mitarbeiter für die Tageszeitung arbeitete und immer seine Kamera dabeihatte. Den habe ich mir ein wenig zum Vorbild genommen. Allerdings musste man sich damals gut überlegen, was man fotografierte. Die Filme und ihre Entwicklung und ganz besonders die Abzüge waren teuer. 

Im dritten Lehrjahr hatte ich dann so viel Geld zusammengespart, dass ich mir eine Spiegelreflex­kamera kaufen konnte, eine ­Canon AE1. Das war eine ganz andere Welt. Mit der Ausrüstung wuchs auch mein Ehrgeiz: Ich wollte genau wissen, was ich tat; was passierte, wenn man Blende und Verschlusszeit variierte. Eine eigene Dunkelkammer kam im Laufe der Zeit auch noch dazu. Kurse bei der Volkshochschule und Seminare bei Profi-­Fotografen habe ich ebenfalls belegt, um Tipps und Anregungen von Experten zu bekommen. 

Karl Haunert – das fotografische Gedächtnis von Clarholz

In der Maschinenbau-­Firma, in der ich arbeitete, war ich zusätzlich dafür zuständig, die fertigen Anlagen zu fotografieren. Eins kam zum anderen und in einem kleinen Ort wie Clarholz spricht sich so etwas natürlich herum. Immer öfter wurde ich gefragt – nach dem Motto: „Kannst du nicht bei der und der Gelegenheit fotografieren?“ So bin ich im Laufe der Jahre zum „fotografischen Gedächtnis“ von Clarholz geworden, wie es unser Bürgermeister kürzlich genannt hat. Den Clarholzer Erntedank-­Umzug habe ich 40 Jahre in Folge fotografiert. Für Heimat-, Schützen- und Gesangverein habe ich Bilder gemacht, bei Erstkommunion und Hochzeiten ebenso.

Die Digitaltechnik hat der Fotografie viele neue Möglichkeiten eröffnet. Aber trotzdem bin ich meinem Motto treu geblieben, lieber auf den passenden Moment zu warten, als wahllos zigmal auf den Auslöser zu drücken. Die Menge ist nicht entscheidend.

Im Moment bin ich dabei, alte Papierbilder und Negative zu digitalisieren und zu archivieren. Da finden sich Fotografien, die mehr als 130 Jahre alt sind. Die Qualität der Negative, die manchmal noch aus Glasplatten bestehen, ist auch heute noch unglaublich gut. Und genauso faszinierend ist es, sich mit den Szenen und den Menschen auf den Bildern zu befassen. Leider kann man nur in seltenen Fällen noch recherchieren, wer abgebildet ist. Manchmal können ältere Clarholzer noch Tipps geben. Gerade hat noch eine Frau bei mir angerufen, die ins Altenheim umzieht und dem Heimatverein, dessen zweiter Vorsitzender ich bin, Fotos übergeben möchte. Die Arbeit geht mir also nicht aus!

Karl Haunert ist 69 Jahre alt und lebt seit seiner Geburt in Clarholz.

Zur Person

Karl Haunert ist 69 Jahre alt und lebt seit seiner Geburt in Clarholz. Gerade ist der gelernte Schmied und Maschinenschlosser für sein Engagement mit dem zum ersten Mal verliehenen Heimatpreis der Gemeinde Herzebrock-­Clarholz ausgezeichnet worden.

Aufgezeichnet und fotografiert von Andreas Wiedenhaus

Unsere Reihe Menschen im Erzbistum

Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der emeritierte Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten.

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