Wozu sind Sie da, Patrick Cellnik?
„Hebe deine Augen auf zu den Bergen, von denen dir Hilfe kommt.“ Diese Motette von Felix Mendelssohn Bartholdy erschließt mir textlich den Sinn von Glauben, von Kirche. Den Blick in die Ferne, in die Weite, zu richten, das findet man wenig in der säkularen Musik. Da ist der Fokus mehr auf einen selbst gerichtet, das menschliche Miteinander, die Beziehungsgeflechte. Doch die Kirchenmusik öffnet die Ebene ins „Mehr“. Man spürt, dass Komponistinnen und Komponisten davon beeinflusst werden und anders schreiben. So auch in der oben genannten Motette: Der Prophet Elias sitzt einsam, dem Tod nahe, in der Wüste. Mendelssohn muss inspiriert worden sein von diesem Bild, und so schrieb er dem Propheten in seinem Oratorium einen Chor der Engel, der ihm zuspricht: „Hebe deine Augen auf zu den Bergen, von denen dir Hilfe kommt.“
Musik allgemein hat schon immer eine große Rolle in meinem Leben gespielt. Angefangen habe ich mit der Blockflöte, dann kamen das Klavier und die Orgel. Gesungen habe ich auch immer. Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind auf der Orgelbank saß und wusste: Das mache ich einmal. Es war wie eine Berufung.
Patrick Cellnik: „Wenn die passende Fassung fehlt, greife ich auch selbst zum Stift“
Wenn ich einen schönen und geeigneten Text finde, den die Mädchenkantorei singen soll, aber keine Fassung für einen gleichstimmigen Chor finde, komponiere ich dann selbst etwas. Note für Note, Pause für Pause, bis es in meinen Augen und Ohren fertig ist.
Kirchenmusik gibt es in vielen Farben und Formen. Bei einem längeren USA-Aufenthalt habe ich die Worshipmusik kennen- und schätzen gelernt. In dieser geistlichen Pop-Musik sind andere Parameter wichtig im Gegensatz zu Volks- oder Kirchenliedern zum Beispiel. In der Mädchenkantorei versuche ich für die musikalische Ausbildung auch populäre Elemente einzubauen: Aktuell proben wir ein Stück von „Coldplay“, das wir wahrscheinlich im kommenden Jahr aufführen. Wir spüren schon, dass wir uns Zeit lassen müssen mit dieser neuen Stilistik.
Egal, welches Repertoire: Das Singen – ob alleine oder in der Gruppe – erzeugt ein einzigartiges Gefühl. Noch viel intensiver als die Proben sind die Auftritte. Da kann man sich richtig das Herz aus der Brust singen. In der Corona-Zeit war das aufgrund der fehlenden Möglichkeiten gerade für die jüngeren Sängerinnen schwierig. Ich hoffe sehr, dass wir als Singende und Zuhörende in Zukunft wieder mehr positive Auftrittserfahrungen machen können.
Warum ich das alles mache? Ich möchte etwas Gutes in die Welt bringen und gerade jungen Menschen eine Form von Qualität mitgeben, die über ein richtig oder falsch hinausgeht. Ich erlebe sie häufig als gestresst und unter Druck gesetzt. Sie haben Sorgen, dass sie das Pensum der Schulzeit, vielleicht sogar ihres Lebens nicht in den Griff kriegen. Da möchte ich ihnen zeigen, dass es im Leben noch um etwas anderes geht und hoffe, dass sie das für sich annehmen können und es später einmal weitergeben. Kurz gesagt: Ich möchte dazu beitragen, dass Musik und der Glaube im Herzen der Menschen bleiben.
Zur Person Patrick Cellnik
Patrick Cellnik, 1993 in Remscheid geboren, studierte Kirchenmusik, Gesangspädagogik und Chorleitung in Köln und Detmold. Zum 1. Februar 2021 wurde er zum Domkantor am Hohen Dom zu Paderborn berufen. In dieser Funktion leitet er die Mädchenkantorei am Paderborner Dom, betreut die Kantorinnen und Kantoren der Hohen Domkirche und leitet Projekte und Musikstunden in den Schulen St. Michael. Das Foto zeigt ihn an einem seiner Arbeitsplätze: im Hochchor des Domes.
Unsere Reihe Menschen im Erzbistum
Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der emeritierte Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten.