Wozu sind Sie da, Ruth Klemme?

Als Pfarrsekretärin möchte ich für alle Menschen da sein, die sich mit einem Anliegen, mit einer Frage oder mit einer Bitte um Unterstützung an uns wenden. Da meine Kolleginnen und ich es täglich mit unterschiedlichen Menschen zu tun haben, wird die Arbeit nie langweilig. Wie in vielen anderen Berufen gibt es Tage, da klingelt das Telefon oder die Türklingel ununterbrochen. Hinzu kommen etliche zu beantwortende Mails und eine Vielzahl an organisatorischen Tätigkeiten. Da heißt es flexibel sein und zuerst die dringenden Aufgaben zu meistern.

Aber auch wenn es hektischer wird und Dinge gleichzeitig auf mich einströmen, ist es mein erstes Anliegen, dass ich mir die nötige Zeit für die Menschen nehme, sodass sie anschließend sagen können: Im Pfarrsekretariat wurde ich freundlich empfangen, die Kirche, wie ich sie angetroffen habe, ist offen, einladend und nimmt mich mit meinen Fragen und Sorgen ernst. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, denn es gibt immer mehr Menschen, die einsam mit ihren Gedanken sind, die große Sorgen haben und die jemanden suchen, dem sie ihr Herz ausschütten können. Aber leider gibt es auch Momente, in denen ich den Menschen nicht unmittelbar helfen kann. Trotzdem sollen sie spüren, dass meine Kolleginnen und ich ihnen zuhören und für sie da sind. Und dann gibt es auch noch die Menschen, die sich beschweren und massive Kritik üben. Auch das gehört zum Berufsalltag und auch mit diesen Menschen wollen wir als Kirche vernünftig, empathisch und taktvoll umgehen.

Ruth Klemme: „Jeder Mensch braucht also eine positive und wertschätzende Freundlichkeit.“

Eine Geschichte kommt mir dabei in den Sinn: Vor einigen Jahren ist mir ein Fehler unterlaufen. Eine ältere Dame, die um einen Krankenbesuch bat, habe ich versehentlich in einer falschen Datei abgelegt, sodass sie in den Pfarrnachrichten in der Rubrik Verstorbene aufgelistet wurde. Während ihr Bruder aus Südafrika anrief, sich wutentbrannt bei mir beschwerte und kaum zu bändigen war, reagierte die Dame sehr gelassen. Während unseres Telefonats fing sie sogar an zu lachen und sagte: „Sie kennen bestimmt das Sprichwort ‚Totgesagte leben länger‘. Jetzt lebe ich bestimmt noch ein paar Jahre.“ Das war eine schöne Begebenheit. Einerseits der wütende Bruder und dann die Betroffene, die das Ganze mit Humor aufgefasst hat. Das spiegelt gut den Alltag in einem Pfarrbüro wider. Wir haben hier Menschen, die sauer sind, und die Menschen, die es sehr gelassen sehen und sich freuen, wenn sich jemand meldet.

Jeder Mensch braucht also eine positive und wertschätzende Freundlichkeit. Diese versuche ich zu leben und auszustrahlen. Das schließt alle meine Aufgaben mit ein. In einer Region mit gerade einmal zehn Prozent Katholikenanteil müssen wir Hauptberuflichen insbesondere für die Ehrenamtlichen – die ihre Freizeit für die Kirche aufbringen – und die wenigen Gläubigen da sein. Da muss jeder mit anpacken, sei es der Pfarrer, der Verwaltungsleiter und die Sekretärinnen wie ich, die sich gegenseitig den Rücken freihalten. Und eben das macht mir Spaß!

Ruth Klemme

Zur Person

Ruth Klemme (60) arbeitet seit 1999 als Pfarrsekretärin im Pastoralverbund Lippe-­Detmold. Seit dem Jahr 2000 ist sie Vorstandsmitglied im Berufsverband der Pfarrsekretärinnen im Erzbistum Paderborn. Geboren wurde sie am 23. Juli am Fest des heiligen Liborius in Kassel, weshalb ihre Oma ihr gerne den Namen Liboria gegeben hätte.

Aufgezeichnet und Fotografiert von Patrick Kleibold

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Unsere Reihe Menschen im Erzbistum

Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der emeritierte Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten.

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