„Armut kann alle treffen“
In Dortmund kamen Betroffene von Armut ins Gespräch mit Lokalpolitik und Caritas.
Menschen mit Armutserfahrung zuhören und mit ihnen ins Gespräch kommen: Das war das Ziel eines Runden Tisches unter dem Motto „Kirche und Dortmund hören zu“ in der Pfarrei Heilige Drei Könige im Dortmunder Norden. Dort berichteten etwa Frau Moldoveanu und Frau Zerouali, die ihren Vornamen nicht nennen möchten, von den zahlreichen Hürden, die sie und ihre Familien jeden Tag überwinden müssen. So sei es in einer Einzimmerwohnung mit drei Personen schwer, sich auf die nächste Mathearbeit vorzubereiten oder an einem Online-Sprachkurs teilzunehmen. Herr Lagoda schilderte dagegen, wie schnell er nach seiner Berufsunfähigkeit als Krankenpfleger in die Armut abrutschte und wie stark sein Alltag davon bestimmt ist.
„Armut geht uns alle an und kann jede und jeden betreffen“, erklärt Matthias Krieg vom Caritasverband für das Erzbistum Paderborn, der den Runden Tisch moderierte. „Es ist wichtig, dass die Politik die konkreten Bedarfe der Menschen kennt und aktiv wird, um Hürden abzubauen und Belastungen zu reduzieren. Wir können Armut nur gemeinsam bewältigen.“
Ehrenamt als Ausweg
Dem stimmten Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum (Bündnis 90/die Grünen) und ihre beiden Stellvertreter Thomas Oppermann (SPD) und Cornelia Wimmer (Die Linke) zu. Sie hörten sich aufmerksam die sehr persönlichen Schilderungen an und gingen konkret auf die Bedarfe ein.
Einen Ausweg zumindest aus sozialer Armut und Einsamkeit skizzierten Frau Agoume und Herr Hafemann: Sie engagieren sich ehrenamtlich. Frau Agoume, alleinerziehende Mutter einer achtjährigen Tochter, ist neben ihrem beruflichen Praktikum in der Pflege bei der „NachbarBude“, einem Quartiersprojekt des SKM Dortmund für mehr Nachbarschaftshilfe in der Nordstadt, ehrenamtlich tätig – ebenso wie Herr Hafemann, dessen Textilhandels-Unternehmen Insolvenz anmelden musste. Im Nachbarschaftsprojekt schätzt er die gute Zusammenarbeit und die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen.
Eingeladen zu dem Runden Tisch unter dem Motto „Kirche und Dortmund hören zu“ hatten der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn, der Caritasverband Dortmund, der SkF Hörde, der SKM Dortmund, die youngcaritas Dortmund, IN VIA Dortmund, kefb An der Ruhr, die katholische Pfarrei Heilige Dreikönige und die Caritas-Konferenzen (CKD) im Erzbistum Paderborn sowie die CKD Dortmund.
Durchs Raster fallen
„Bei unseren Gesprächen wurde deutlich: Armut betrifft viel mehr Menschen, als es auf den ersten Blick scheint“, sagt Matthias Krieg. „Menschen ohne klassischen Lebenslauf oder Bildungswerdegang können leicht durchs behördliche Raster fallen.“ Er kritisierte, dass in Deutschland praktische Erfahrung in Arbeitsbereichen kaum gewürdigt werde und das Fehlen formaler Abschlüsse ein erhebliches Eingliederungs- und Integrationshindernis darstelle.
Im Gespräch wurde seitens der Lokalpolitik aber auch angemerkt, dass in der Nordstadt aktuell wichtige Investitionen erfolgen: Die Schulen im Dortmunder Norden werden saniert und zum Teil vergrößert und auf den wenigen freien Bauflächen soll der soziale Wohnungsbau vorangebracht werden.