Von der extrovertierten und der introvertierten Seite des einen Geistes
Pontifikalamt von Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz im Paderborner Dom am Pfingstfest.
Paderborn (pdp). Paderborns Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz rief am Hochfest Pfingsten, 19. Mai 2024, in der Kathedralkirche des Erzbistums Paderborn dazu auf, sich von Gottes Kraft ergreifen, von Gottes Geist verwandeln zu lassen. „Wir brauchen diese Kraft, die uns von außen her gegeben ist, und die uns von innen her antreibt, die die Verschlossenheit und Lähmung im persönlichen Leben, aber auch in Gesellschaft und Kirche, aufbricht und auflöst“, unterstrich der neue Paderborner Erzbischof im Pontifikalamt im Paderborner Dom. An Hochfest Pfingsten gedenkt die Kirche der Sendung des Heiligen Geistes und begeht damit ihr eigenes Geburtsfest: Die Entstehung der Kirche.
Krisen-Phänomene
In einer Krise ziehe sich der Mensch auf sich selbst zurück, neige dazu, sich abzugrenzen, erklärte Erzbischof Dr. Bentz in seiner Predigt. Abgrenzung, dauernde, teilweise krampfhafte Selbstvergewisserung und Polarisierungen seien Phänomene der Gegenwart und würden das gesellschaftliche Miteinander prägen. Das Erstarken politischer Extreme sei eine Zuspitzung dieser Krisen-Dynamik. Auch in der Kirche sei „Krise“ zu erleben, führte der Paderborner Erzbischof weiter aus und nannte als Beispiele die Abkehr von unglaublich vielen Getauften von den Kirchen, der kirchliche Relevanzverlust in der Gesellschaft, schwindende Ressourcen, Ringen und Streiten und Polarisierungen, die Selbstblockaden, um notwendige Konsequenzen zu ziehen. Das um-sich-selber-Kreisen der Kirche führe dazu, dass die Wirksamkeit und die Auseinandersetzung in den politischen und ethischen Diskursen leide, zeigte sich Erzbischof Dr. Bentz überzeugt.
Isolation und Abschottung – vom Auferstandenen durchbrochen
Ausgehend von der biblischen Pfingst-Erzählung entfaltete Erzbischof Dr. Bentz, dass sich auch die Jünger Jesu nach seinem Tod zurückgezogen hätten, denn „Krise provoziert Rückzug“: Die Jünger hätten in ihrer Angst und Verunsicherung die Türen zugemacht, alle Schotten dicht gemacht. Für den Durchbruch zu einem neuen Anfang sei diese Erfahrung allerdings notwendig, bekräftigte Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz: „Der Auferstandene durchbricht die Abschottung der Jünger, er kommt durch verschlossene Türen. In ihrer Lähmung bricht der Auferstandene bei den Jüngern etwas auf, so dass sie selbst neu aufbrechen, aus sich heraus und über sich hinaus gehen.“ Der Geist Jesu sei eine extrovertierte Kraft, die das Kreisen um sich selbst durchbreche, sagte Erzbischof Bentz. „‘Pfingsten‘ ist der ultimative Ausdruck dieser Dynamik.“
Sendung als Kirche in die Gesellschaft
Der Geist des Auferstandenen, der Geist Gottes hole aus der Isolation heraus und überwinde Barrieren, vertiefte Erzbischof Dr. Bentz. Er konkretisierte: „Wenn wir uns vom Geist leiten lassen, dann werden wir unserer Sendung als Kirche in die Gesellschaft hinein gerecht und wirken mit, dass anstelle von Barrieren und Ausgrenzungen, Abschottung und Selbstbehauptung das Miteinander stark werden kann.“ Zur Kirche gehöre wesentlich, dass sie bestehende politische und kulturelle Barrieren nicht noch verstärke, sondern dass sie im Geist der Einheit, im Bewusstsein der Solidarität mit allen, Hindernisse überschreite und mithelfe, dass die gemeinsame Verantwortung wahrgenommen werden könne.
Die Krise wird von innen her überwunden – Aufbruch von innen
Die biblische Pfingst-Erzählung zeige allerdings auch, dass zu Pfingsten „eben nicht nur der Sturm, das Drängen nach draußen, die Dynamik des Aufbruchs“ gehöre, erklärte Erzbischof Dr. Bentz weiter. Um aus einer krisenhaften Situation herauskommen und aufbrechen zu können, brauche es Orte und Räume der Innerlichkeit, an denen man gemeinsam bete, in denen man dem Auferstandenen die Chance gebe, seinen Geist auszugießen. Erzbischof Dr. Bentz betonte: „Krise wird von innen her überwunden, Aufbruch geschieht von innen heraus. Die extrovertierte Seite des Geistes hat eine introvertierte Innenseite.“
„Die Sammlung ist die Voraussetzung für die Sendung. Wir können unseren Auftrag als Kirche für die Gesellschaft nur dann erfüllen, wenn wir uns auch selbst von diesem Geist sammeln lassen, vom Geist, der eint und Einheit schafft. Nur wenn wir in der Communio des Gebetes zusammen sind, kann auch die Sendung in Wort und Tat wirksam und glaubwürdig bezeugt werden“, zeigte sich Erzbischof Dr. Bentz gewiss. „Nur wenn wir selbst aus dieser Kraftquelle des Geistes immer neu schöpfen, löschen wir den Geist nicht aus, der die Welt verändern will.“
Sturm und Windhauch – Bilder für den einen Geist
Pfingsten habe viele Facetten, erklärte der Paderborner Erzbischof. Es seien nicht nur die „großen und lauten Gaben“, die im „Sturm“, im „flackernden Feuer“, „tosenden Wasser“, in Ekstase und Enthusiasmus Ausdruck fänden. Früchte des Geistes seien auch leise und undramatische Gaben wie Geduld, Treue oder die Kraft zur Bewältigung des Alltags, Trost. Der „sanfte Windhauch“, „stille Glut“, „kühlender Windhauch“ in der Hitze, Ruhe, Sanftmut seien Bilder des einen Geistes. Geist sei nicht nur extrovertierte und unbändige Kraft Gottes, vielmehr ein „tiefes, inneres, ganz unaufdringliches, aber beständiges Wirken in uns“. Zum Abschluss seiner Predigt betonte Erzbischof Bentz: „Der Geist Gottes ist das dynamische Lebensprinzip der Kirche, aber alle Veränderung, alle Erneuerung wächst von innen her.“ Das „Außen“ und das „Innen“ seien an Pfingsten wichtig: die Dynamik, die nach außen führe, und die Kraft, die innen wirke.
Stichwort: Pfingsten
Pfingsten ist ein christliches Fest, das Jahr für Jahr genau 49 Tage nach Ostern gefeiert wird. Pfingsten bildet damit den 50. Tag der Osterzeit. Es steht für den Tag, an dem der Heilige Geist auf die Jünger Jesu – die Apostel – herabkam und ihnen die Kraft und die Fähigkeit gab, die Botschaft Jesu Christi in die Welt zu tragen. Deshalb gilt Pfingsten auch als „Geburtstag der Kirche“. Pfingsten ist weltweit ein wichtiger Feiertag für Christinnen und Christen und stellt die große Bedeutung des Heiligen Geistes im christlichen Glauben heraus.