Beier-Gruppe machte Station in der Gaukirche
Besondere Klangerlebnisse etablieren sich in Paderborn.
Traditionell rufen Kirchenglocken die Gläubigen zum Gebet und dienen mitunter als akustische Zeitanzeiger. Darüber hinaus hat sich in der Vergangenheit ein weiterer Nutzen etabliert: Das Beiern als besondere Form historischer Klangkunst. Dabei werden die Kirchenglocken von einer Person zum Klingen gebracht, indem diese an zwei Seilen zieht und auf ein oder zwei Pedale tritt. Dadurch werden die Klöppel bewegt und machen jeweils einen Anschlag an die Glockenwandung.
In Paderborn wurde vor etwa einem Jahr eine Beier-Gruppe gegründet. Taktgeber war dabei Pastor Martin Hufelschulte, der das Beiern in Neuenbeken etabliert hat und diese historische Läutetechnik – dabei handelt es sich gleichzeitig um eine traditionsreiche Kulturtechnik – mit Unterstützung vom Paderborner Dechanten Pfarrer Benedikt Fischer in die Kernstadt brachte.
Da das Anbringen der Seilkonstruktion im Geläut mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, wurde die Busdorfkirche in der Paderborner Innenstadt zum Übungsraum, da die Glocken selbst hier aus statischen Gründen nicht mehr bewegt werden. „Das Anschlagen selbst ist aber unkritisch, sodass wir die Glocken im Rahmen des Beierns zumindest temporär endlich wieder erklingen lassen können“, sagt Benedikt Fischer.
Die Vielfalt der Klänge
Sein Wunsch ist es, auch andere Innenstadt-Kirchen hin und wieder einzubeziehen. „Wir wollen den Menschen in der Stadt die Vielfalt der Klänge zu besonderen Anlässen zu Gehör bringen“, sagt der Dechant. Mit seiner Idee traf er beim mittlerweile eingespielten Paderborner Beier-Team auf offene Ohren. Schließlich ist es durchaus reizvoll, die unterschiedlichen mittelalterlichen Kirchtürme auf diese Weise zu erkunden. Zuletzt stand dabei die Gaukirche St. Ulrich am Marktplatz im Mittelpunkt. Da deren Geläut aber nach wie vor im regulären Dienst ist, galt es, für die Übungsstunden und das Konzert die Automatik mittels Schalter in den Pausenmodus zu führen. Anschließend befestigten die Musiker ihre Seilkonstruktion – das gelingt mit ein wenig Übung in wenigen Minuten – und brachten die still hängenden Glocken wohldosiert zum Erklingen.
Geübt wurde, wenn parallel die benachbarten Domglocken erklangen, um die Menschen auf dem Marktplatz nicht zu irritieren. Das rund 15-minütige Konzert sorgte jetzt für staunende Blicke, die sich gen Gaukirchturm richteten. Dem Beier-Team gelang es, mit den vier Glocken eigens komponierte Stücke zu spielen.
Bald wird die Seilkonstruktion in der Gaukirche entfernt und die Musiker ziehen sich wieder in die Busdorfkirche zurück. An den Wochenenden üben sie dann für den nächsten großen Auftritt. Wann und wo er stattfindet, steht noch nicht fest. Die Beiergruppe eint aber die Freude, dass das Beiern in Paderborn eine Renaissance erlebt.