Christen in Deutschland begehen Karfreitag
Viele der Kreuztrachten haben eine Jahrhunderte alte Tradition. An mehreren Orten in Deutschland zogen Christen am Karfreitag mit großen Kreuzen durch die Straßen.
Mit feierlichen Gottesdiensten und Kreuzweg-Prozessionen haben Christen in ganz Deutschland am Karfreitag des Leidens und Sterbens Jesu gedacht. In ihren Predigten nahmen viele Bischöfe Bezug auf das Leiden der Menschen in der Ukraine, in Israel und Gaza. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, rief die Menschen dazu auf, trotz der vielfachen Krisen Gott und das wirklich Menschliche stärker zu suchen.
Die kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kristen Fehrs, betonte, Mitgefühl müsse in diesen Zeiten für jeden gelten: „Und deshalb darf niemals das eine Leid gegen anderes Leid aufgewogen werden. Weder rechtfertigt der jahrzehntelange Nahostkonflikt die Gräueltaten der Hamas, noch kann der Kampf gegen den Terror die Tötung unschuldiger Zivilisten entschuldigen.“
Für Frieden in der Welt
An manchen Orten fanden Kreuztrachten statt. Beim Lübecker Kreuzweg beteten 600 katholische und evangelische Christen für Frieden in der Welt. Unter dem Motto „Was eint“ zogen sie am Vormittag mit einem Holzkreuz durch das Zentrum der Hansestadt. An fünf Stationen erinnerten sie an das Leiden und Sterben Jesu am Kreuz, das am Karfreitag im Mittelpunkt steht.
Der Lübecker Kreuzweg war Ende des 15. Jahrhunderts angelegt worden. Deutschlands wohl ältester Kreuzweg geriet nach der Reformation in Vergessenheit. Seit 1994 wird er wieder jährlich gegangen, seit 2002 in ökumenischer Gemeinsamkeit. Der Kreuzweg ist wie die „Via Dolorosa“ in Jerusalem 1.650 Meter lang und führt von der Jakobi-Kirche in der Altstadt zum sogenannten Jerusalemsberg außerhalb der Innenstadt.
Beim 30. Kreuzweg auf der Halde an der ehemaligen Zeche Prosper Haniel in Bottrop setzte der Essener katholische Bischof Franz-Josef Overbeck die Behandlung des Kremlkritikers Alexej Nawalny mit dem Gerichtsprozess gegen Jesus vor dem römischen Statthalter Pontius Pilatus in Beziehung. „Die Zeiten, in denen wir leben, drängen danach, mehr nach der Wahrheit zu suchen und zugleich auszuhalten, dass sie sich im paradoxen Sinne oft nicht nur einsinnig und eindeutig beantworten lässt“, sagte er. Oftmals werde die Frage nach der Wahrheit daher bewusst verschwiegen, so der Bischof. An dem Kreuzweg nahmen trotz kräftiger Regenschauer rund 800 Menschen teil.
Die Geschichte von Leiden und Tod
Der rund 1.200 Meter lange Stationengang auf der Halde eines alten Steinkohle-Bergbaus besteht seit 1995. Er soll die enge Verbundenheit zwischen Kirche und Bergbau im Ruhrgebiet verdeutlichen. Auf 15 Kupfertafeln ist dort die Geschichte von Leiden und Tod Jesu mit Elementen der Bergbauwelt dargestellt. Der Kreuzweg wurde von der Ordensschwester Tisa von der Schulenburg, dem Oberhausener Künstler Adolf Radecki sowie Auszubildenden des Bergwerks gestaltet.
Auch im unterfränkischen Lohr am Main nahmen viele Menschen bei strömendem Regen an einer Kreuztracht teil. Gut eine Stunde lang wurden 13 lebensgroße Holzfiguren schweigend durch die Gassen der Altstadt getragen, die die Leidensgeschichte Jesu darstellen. Der 1658 erstmals urkundlich erwähnte Umzug gilt als eine der letzten vollständigen Bilderprozessionen in Deutschland. Bis in die 1960er-Jahre hatten die Gläubigen den Zug noch singend und betend begleitet. Seitdem herrscht jedoch Stille während der Prozession.
Auch zur traditionsreichen Kreuztracht im emsländischen Meppen, die seit 1647 begangen wird, fanden sich mehrere Hundert Menschen ein. Ein von der Meppener Kreuzträger-Bruderschaft ausgewählter Mann trug ein schweres Holzkreuz durch die Straßen.