„Den Geschmack Gottes unter die Leute bringen“
Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz besucht Gläubige in Wiedenbrück, Varensell, Stockkämpen und Rheda.
„Jeden Tag so zu leben, als würde es nur diesen geben, diese Stunde, diesen Augenblick.“ Beim musikalischen Morgengebet in der St. Marienkirche steht die Zeit für einen kurzen Moment still. Bewusste Entschleunigung, auf einer rasanten Reise, die Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz in sechs Monaten durch das 15.000 Quadratkilometer große Erzbistum Paderborn führt. Rietberg-Wiedenbrück ist dabei das neunte von insgesamt 19 Dekanaten, die der neue Paderborner Erzbischof besucht.
Auf diesen Tag hat das Dekanat Rietberg-Wiedenbrück drei Monate lang hin gefiebert. Jetzt sind die Namensschilder gedruckt, die Plätze eingedeckt und die Info-Broschüren ausgelegt. Alles ist vorbereitet. Nur einer fehlt: Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz. Gespannt wartet das Dekanatsteam auf das Eintreffen seines neuen Erzbischofs. Um halb zehn ist es schließlich so weit. Gemeinsam mit Generalvikar Thomas Dornseifer betritt Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz das Verwaltungszentrum Reckenberg.
Das Dekanat stellt sich vor
Sechs Pastoralverbünde, 25 Pfarreien und Pfarrvikarien, 24 aktive Priester, zehn Diakone, 17 Gemeindereferentinnen und -referenten: Als Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz die Willkommens-Broschüre aufschlägt, blicken ihm die zahlreichen Hauptamtlichen von bunten Bildern entgegen: „Damit Sie später nochmal nachsehen können, mit wem Sie da überhaupt gesprochen haben“, begründet Dekanatsreferent Matthias Stumpe vergnügt. Ein hilfreicher Ansatz, um Namen und Gesichter im 850 Quadratkilometer großen Dekanat zu verorten. Im Dekanat Rietberg-Wiedenbrück leben rund 104.000 katholische Christen. Die Strukturen gestalten sich – wie an vielen Orten im Erzbistum – heterogen: städtisches Glaubensleben in Gütersloh, zahlreiche Orte des Glaubens in Rheda-Wiedenbrück und die Diaspora in Stockkämpen. Doch Schluss mit der Theorie und rein ins Dekanat: Um Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz einen authentischen Eindruck vom Glaubensleben im Dekanat Rietberg-Wiedenbrück zu vermitteln, nimmt ihn das Dekanatsteam mit auf eine Busreise nach Wiedenbrück, Varensell, Stockkämpen und Rheda.
Generationen im Glauben vereint
Nach dem Morgengebet und der Vorstellung der Hauptamtlichen steigt die Reisegruppe in den Bus. 15 Minuten später: Ankunft an der Abtei Varensell. Hier laden die Benediktinerinnen zum Mittagsgebet ein. Im Chorraum des Klosters ist es still. Kein Husten, kein Räuspern, kein Murmeln ist zu vernehmen. Dann setzen die Ordensschwestern zum Gesang an. Die Gäste folgen der Einladung und es bietet sich ein weiterer Moment, innezuhalten und sich ganz auf Gott zu besinnen.
Auf das Gebet folgt die „bunte Reihe mit den Schwestern“. Äbtissin Angela erklärt: „Eigentlich begehen wir das Mittagessen in Stille. Heute möchten wir Sie jedoch zum Gespräch und zum Austausch einladen.“ In den „bunten Reihen“ beginnen schnell angeregte Gespräche zwischen Menschen verschiedenen Alters, Herkunft und Glaubensräumen. Begeistert berichtet Schwester Konstantia vom Alltag in der Abtei, in der sie seit 1961 lebt. Sie berichtet von der Hostienbäckerei, die im Jahr 2022 nach mehr als 100 Jahren schließen musste, vom Zusammenleben der 26 Schwestern in der Abtei und davon, wie es auch älteren und erkrankten Schwestern ermöglicht wird, weiterhin in der Abtei zu leben. Die älteste Schwester sei bereits über 90 Jahre alt.
Ein Kontrast dazu: Die Jugendarbeit im Dekanat Rietberg-Wiedenbrück, die Gemeindereferentin Esther Kampel im Anschluss an das gemeinsame Essen vorstellt. Dass Jugendarbeit hier großgeschrieben wird, verdeutlicht sich schnell: „Wir können mit Stolz behaupten, dass ein Viertel der gesamten Jugendfreizeitstätten des Erzbistums hier im Dekanat angesiedelt ist“, berichtet Esther Kampel. „Das macht acht Jugendfreizeitstätten mit 13 hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“ Eine von ihnen ist Julia Palsherm. Sie ist pädagogische Fachkraft im Wiedenbrücker Jugendhaus St. Aegidius. Für die Jugendlichen fungiert sie dabei in verschiedenen Rollen: „Wir sind das, was die Jugendlichen brauchen: mal Vati, mal Mutti, mal Beschützer, mal Anwalt der Jugendlichen, mal die lobende Person und mal das kritische Gegenüber“, erklärt Julia Palsherm.
Den gemeinsamen Weg nutzen
Kritisch wird es – wie bei allen Dekanatsreisen, in denen der lebhafte Austausch die Zeit rasen lässt – mit dem Blick auf die Uhr. Auf dem Programm steht nun die 45-minütige Busfahrt nach Stockkämpen. Zunächst als Pause vorgesehen, wollen die Gespräche nicht so recht abbrechen. Zu viel hat man sich zu erzählen. „Als wir den Plan geschmiedet haben, gemeinsam mit dem Bus zu reisen, war das die Hoffnung: dass Gespräche entstehen und ein individueller Austausch stattfinden kann, für den im straffen Programm vielleicht kein Raum wäre“, freut sich Dekanatsreferent Matthias Stumpe darüber, dass die Zeit im Bus gemeinsam genutzt wird.
In Stockkämpen angekommen, finden sich die Reisenden in einem verwunschenen Ort wieder. Die 1696 geweihte Pfarrkirche ist umgeben von einem idyllischen Waldstück, durch das ein „Genießerpfad“ führt. Vor Ort erwartet Diakon Heinrich Bittner die Reisegruppe bereits. Nach einem Gang in die barocke Kapelle besucht die Gruppe das Grab des Paderborner Weihbischofs Paul Consbruch auf dem benachbarten Friedhof.
Ein Ausflug zur „Hörstation“ des „Genießerpfads“ gibt Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz buchstäblich Gelegenheit, genau hinzuhören, was er in anschließenden Gesprächen bei Kaffee und Kuchen gerne vertieft. „Aufeinander zu hören“ – was schon im Zukunftsbild des Erzbistums anklingt, stellt sich auch bei der Dekanatsreise nach Rietberg-Wiedenbrück wesentlich heraus. So stellt Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz schon bei seiner Begrüßung am Morgen in Wiedenbrück fest, dass es die Begegnungen seien und das, was er auf den Dekanatsreisen vor Ort erfahre, mit wem er ins Gespräch komme und was er höre, was ihn mit Energie erfülle.
„Eine Hoffnung, größer als wir selbst“
Erneut setzt sich die Reisegruppe in Bewegung. Dieses Mal geht es nach Rheda. Hier in der St. Clemens Kirche feiert Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz die gemeinsame Eucharistie mit den Gläubigen des Dekanats Rietberg-Wiedenbrück. Der Einladung, die neben Haupt- und Ehrenamtlichen allen interessierten Gläubigen galt, sind viele gefolgt. Die St. Clemens Kirche ist bis auf die letzte Bank gefüllt. Seine Predigt fasst Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz bewusst unter den Titel „Salz in euch“. Wie auch die Jünger Jesu das Salz der Erde sind, sind es auch wir, die einen klaren Auftrag haben, die frohe Botschaft zu verbreiten: „Bringen wir Würze unter die Leute, den Geschmack Gottes! Zeigen wir vor, dass es eine Hoffnung gibt, die bleibt, trotz allem, „dennoch“ – die größer ist als wir selbst“, appelliert Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz an die Gläubigen.
Ehrenamt ist bei den Menschen
Ortswechsel, dieses Mal zu Fuß. Im Domhof Rheda wird es eng. Über 100 ehrenamtlich Engagierte sind gekommen, um ihren Erzbischof zu erleben und ihm davon zu berichten, was sie in ihrem Engagement antreibt, wo es gut läuft und wo Unterstützung notwendig ist. Ob in der Kolpingsfamilie, in der Caritas, der KFD oder dem BDKJ – Ehrenamtliche im Dekanat Rietberg-Wiedenbrück engagieren sich vielfältig. So auch Henrik Brockschnieder und Patrick Rehkämper. Sie sind das Team der sogenannten „Miniburg“ am Mastholter See – ein besonderer Ort der Begegnung in der Jugendpastoral, der gemietet werden kann und an dem junge Ministranten regelmäßig Messen begehen. Orte der Begegnung sind auch immer häufiger in den sozialen Medien zu finden. Ein Grund dafür, dort auch als Kirche den Kontakt zu Gläubigen zu suchen, findet Dr. Alexandra Schmied. Sie hat einen Instagram-Account für den Pastoralen Raum Gütersloh angelegt, um präsenter zu sein: „Bei uns im Pastoralen Raum Gütersloh ist so viel Leben. Da findet so viel statt. Jedoch bekommen nur wenige etwas davon mit. In den sozialen Medien können wir tagesaktuell aktiv sein und berichten.“ Die anfängliche Scheu vor den sozialen Medien, die manch einer empfand, hat sich dabei als unbegründet erwiesen: „Es war überhaupt nicht schwierig anzufangen. Zunächst haben wir unterschiedliche Aktive unserer Gemeinde mit Bildern und Statements vorgestellt. Inzwischen berichten wir regelmäßig von unseren Aktivitäten und haben schon über 700 Follower“, freut sich Dr. Alexandra Schmied. Der Mut, etwas Neues zu wagen, habe sich ausgezahlt.
Ermutigung ist auch ein wesentlicher Wert, den Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz bei Begegnungen mit dem Ehrenamt erlebt: „Bei allen Dekanatsreisen standen am Ende des Tages Begegnungen mit den ehrenamtlich Engagierten an. Und immer wieder habe ich gespürt, welche Ermutigung von ihnen ausgeht. Es zeigt sich: Gott schenkt seiner Kirche die Charismen, die sie braucht. Und Gott schenkt seiner Kirche viele Charismen, mehr als wir ahnen und mehr als wir denken.“ Kirche beginne dort zu leben, wo wir Ausschau halten nach diesen Charismen, lobt Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz das Engagement der Ehrenamtlichen.