Ein reiches und lebendiges Erbe
Pontifikalamt im Dom mit Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz, Prozession durch die Paderborner Innenstadt und Empfang des Erzbistums am Libori-Sonntag
„Alle Reform in der Kirche ist nur dann wirklich innovativ, wenn sie hilft, Christus im Heute glaubwürdig den Menschen zu vermitteln.“ Diese Überzeugung betonte Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz im Pontifikalamt am Sonntag des Libori-Festes. Echte „Innovation im Glauben“ müsse sich daran messen lassen, dass dadurch die Botschaft Christi in Treue zum Ursprung neu und besser verstanden werde. Der Paderborner Erzbischof feierte erstmals die Heilige Messe zum Hochfest des heiligen Liborius – Patron von Erzbistum, Dom und Stadt Paderborn. Zahlreiche Bischöfe aus der Weltkirche und Deutschland konzelebrierten, viele Gläubige füllten den Hohen Dom. Nach dem Pontifikalgottesdienst wurden das Allerheiligste und der vergoldete Schrein mit den Reliquien des heiligen Liborius in einer Prozession durch die Paderborner Innenstadt getragen. Beim Empfang des Paderborner Erzbischofs für geladene Gäste aus Kirche, Gesellschaft, Politik und Kultur im Bildungs- und Tagungshaus Liborianum kennzeichnete Erzbischof Dr. Bentz den heiligen Liborius als Friedens- und Freundschaftsstifter „bis heute“. Durch die Live-Übertragung in Bild und Ton konnten Interessierte weltweit den Gottesdienst mitfeiern.
„Verwurzelt in unserer Herkunft“ komme es darauf an, das Evangelium lebensrelevant anschlussfähig zu machen an die gesellschaftlichen und kulturellen Herausforderungen der aktuellen Zeit, forderte Erzbischof Dr. Bentz in seiner Predigt. „Wir haben keine andere Zeit als unsere Gegenwart, um die Kraft des Evangeliums zu bezeugen.“ Das christliche Menschenbild sei gerade heute ein Schlüssel, um die unverbrüchliche Würde eines jeden Menschen zu schützen und den Einzelnen stark zu machen. „Jesu Vision vom Miteinander der Menschen stärkt die Eigenverantwortung eines jeden und zugleich die Solidarität der Gemeinschaft mit den Schwachen und erteilt allen eine Absage, die das eine gegen das andere ausspielen wollen“, erklärte der neue Paderborner Erzbischof.
Das Wissen darum, sich vor einem Gott zu verantworten, stärke das Verantwortungsbewusstsein im Hier und Jetzt für die Schöpfung, für den Umgang mit Ressourcen, für Frieden und für eine generationenübergreifende Verantwortung. „Jesu Vision vom Reich Gottes heute glaubwürdig gelebt, zeigt einer säkularen Gesellschaft, wie trostreich der Glaube sein kann in Lebenskrisen, wie reich der Glaube das Leben macht, weil er die spirituelle Sehnsucht des Menschen ernst nimmt, wie sinnstiftend der Glaube für das Leben ist, weil er in den Ausweglosigkeiten des Hier und Jetzt den Blick weitet auf Ewigkeit hin!“ Es sei wichtig, als Christen auf die innovative Kraft des Evangeliums zu bauen.
Tradition im Heute
Ausgehend vom diesjährigen Libori-Leitwort „1225 Jahre – So alt! So neu! So schön!“ erläuterte Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz, dass „Tradition“ nicht das „ewig Gestrige“ sei. Angesichts der Beschleunigung des modernen Lebens in allen Lebensbereichen seien Kontinuität und Vertrautes wichtig. „Tradition stemmt sich gegen die Vergesslichkeit einer dahinrasenden Zeit. Sie schafft Kontinuität im Wandel.“ Somit bedeute „Tradition“, darauf zu vertrauen, dass die Erfahrungen derer, die vor uns gelebt haben, die eigenen Einsichten erweitern, bereichern, korrigieren und ergänzen. Die Tradition der Kirche sei „die Brücke zum Ursprung“, betonte Erzbischof Dr. Bentz, „der rote Faden auf dem Weg des Gottesvolkes mit seinem Gott durch die Geschichte, wissend dass das Neue der Gegenwart einmal die Tradition der Zukunft werden wird“.
„Tradition“ könne allerdings auch zu einem einschnürenden Korsett werden, in dem das Leben erstarre, ein blutleeres Festhalten an etwas, das seine Plausibilität verloren habe, mahnte Erzbischof Dr. Bentz. „Tradition“ dürfe nicht Ausrede für die Bequemlichkeit sein, die das Wagnis der Gegenwart nicht leben will. „Wir müssen uns den Veränderungen der Gegenwart stellen“, bekräftigte Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz und formulierte abschließend einen Appell: „Wirken wir so im Heute, dass unser Heute nicht zur Belastung künftiger Generationen wird!“
Christus und Liborius in die Welt hineintragen
Nach dem Pontifikalamt im Dom wurden das Allerheiligste in einer Monstranz und die Reliquien des heiligen Liborius im vergoldeten Schrein in einer Prozession durch die Paderborner Innenstadt getragen. Die Gläubigen begleiteten „ihren“ Bistumspatron durch die Straßen, vorbei an Besuchern des Pott-Markts und an Menschen, die den Sonntagvormittag in den Cafés verbrachten. Dem von den Schreinträgern der Libori-Bruderschaft geschulterten Reliquienschrein wurde ein Fächer aus Pfauenfedern vorangetragen – dieser erinnert an den Pfau, der laut Überlieferung der Prozession vorangeflogen sein soll, in der im Jahr 836 die Reliquien des heiligen Liborius von Le Mans nach Paderborn überführt wurden.
Vor dem Paderborner Rathaus spendete Weihbischof Dr. Dominicus Meier OSB mit dem Allerheiligsten den sakramentalen Segen. Anschließend führte die Prozession zurück in die Paderborner Bischofskirche, wo der Reliquienschrein wieder im Hochchor zur Verehrung aufgestellt wurde.
Libori-Fest
Alles begann damit, dass der Bischof des französischen Bistums Le Mans im Jahr 836 dem noch jungen Bistum Paderborn die Gebeine des heiligen Liborius als Geschenk überließ. Darauf gründet eine bis heute lebendige Freundschaft zwischen den beiden Bistümern und die Tradition, den Gedenktag des heiligen Liborius besonders zu feiern. Der fast 1.200-jährige „Liebesbund ewiger Bruderschaft“ zwischen den beiden Diözesen Le Mans und Paderborn hat Bestand. Das Libori-Fest ist ein Ausdruck davon.