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01.09.2024
Der jüdische Friedhof in Beverungen.
Foto / Quelle: Patrick Kleibold

Erinnern und mahnen

Friedensorte sind Leuchttürme für das Frieden stiftende Engagement unserer Gesellschaft. Der jüdische Friedhof in Beverungen ist ein solcher Ort.

Beverungen

Einst gehörte der jüdische Friedhof in Beverungen zu den größten im ehemaligen Fürstbistum Paderborn. In der Mitte des 19. Jahrhunderts erreichte die Zahl der Angehörigen der jüdischen Gemeinde ihren Höchststand. Dass sich viele jüdische Familien in der Weserstadt niederließen, lag daran, dass die Stadt in der Zeit eine wesentliche Rolle für den Handel auf der Weser einnahm. Bereits in dieser Zeit gab es erste Anfeindungen und die christliche Stadtbevölkerung forderte die Reduzierung der Zahl der dort lebenden Juden. Unterbunden wurden diese Rufe durch die Paderborner Fürstbischöfe in ihrer Funktion als Landesherren, da sie von der Wirtschaftskraft der Juden profitieren wollten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts schrumpfte die jüdische Gemeinde zunehmend, da viele von ihnen in die industriellen Ballungsräume Westfalens übersiedelten.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten führte dann zur endgültigen Auflösung der jüdischen Gemeinde. Am 31. März 1933 veröffentlichte eine Beverunger Zeitung den Aufruf zum Boykott. Im Jahr 1935 folgte die Schließung der jüdischen Schule und alle antijüdischen Maßnahmen wurden verschärft. Unter anderem sollten aufgehängte Transparente an den Ortseingängen und am Bahnhof – mit Aufschriften wie „Wanderer, kehr’ bei uns ein, nur sollst Du kein Jude sein“ oder „Jude, raus aus unserm Vaterland“ – die NS-­Gesinnung der Bewohner verdeutlichen. Dies hatte zur Folge, dass weitere jüdische Familien ihre Geschäfte aufgaben und den Ort verließen.

Etwa zwei Monate vor der Pogromnacht im Jahr 1938 wurde die Synagoge angegriffen. Vermutlich haben angetrunkene SA-­Leute die Eingangstür aufgebrochen und die Ritualgegenstände auf die Straße geworfen. In der Pogromnacht selbst wurde das Synagogengebäude von angereisten und einheimischen SA-­Angehörigen geschändet. Das Gebäude wurde jedoch nicht in Brand gesetzt, da der Bürgermeister Angst vor einem Stadtbrand hatte. Zeitgleich wurden die jüdischen Männer einschließlich des Rabbiners Seligmann Buxbaum verhaftet und im Rathaus misshandelt. Einige von ihnen wurden ins KZ Buchenwald deportiert. Die bis zu diesem Tag noch vorhandenen jüdischen Geschäfte wurden zur Jahreswende 1938/39 „arisiert“.

Die Juden, denen es nicht geglückt war zu emigrieren, wurden deportiert, unter anderem in die Ghettos von Warschau und Theresienstadt. Nachweislich wurden 41 Angehörige der jüdischen Gemeinde Beverungen Opfer der „Endlösung“. Den jüdischen Familien in den Orts­teilen Amelunxen und Herstelle erging es ebenso. Besonders erschreckend: Der jüdische Friedhof in Amelunxen wurde zuletzt im Jahr 2008 schwer geschändet.

// Aufgezeichnet und fotografiertvon Patrick Kleibold

Zur Sache

Im Jahr 2007 wurden auf Initiative von Schülern der Städtischen Realschule in Beverungen sieben Stolpersteine verlegt, die die Erinnerung an Angehörige der jüdischen Familien Goldschmidt und Löwenstein wachhalten sollen. 2023 wurden weitere elf Stolpersteine verlegt, die an in die Emigration getriebene jüdische Bewohner erinnern.

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