„Freundschaft ist seelische Verbundenheit“
Mehr als 100 Gläubige aus Paderborn reisen zum Fest des Heiligen Julian nach Le Mans / Erzbischof Bentz besucht erstmals französische Partnerstadt.
Es sei eine Brüderlichkeit, die das ganze Jahr über zwischen den Diözesen Paderborn und Le Mans gelebt werde, erklärt Le Mans Bischof Dr. Jean-Pierre Vuillemin in seiner Predigt zum Festtag des Heiligen Julian.
In der Kathedrale von Le Mans hatten sich zahlreiche Gläubige vereint, um das traditionelle Juliansfest zu feiern. Mehr als hundert von ihnen waren aus dem Erzbistum Paderborn angereist, darunter 64 Jugendliche sowie 50 Erwachsene und 20 Libori-Schreinträger. Für Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz, der am 10. März 2024 ins Amt eingeführt worden war, war es nicht nur die erste Teilnahme am Fest des Heiligen Julian, sondern auch sein erster Besuch in der Partnerdiözese Le Mans: „Für mich selbst ist das alles noch sehr neu und spannend und zugleich auch ungemein berührend. Nie zuvor war ich an der Sarthe, und ich freue mich, dass ich nun – so Gott will – Jahr für Jahr Ihr Gast sein darf“, so der Erzbischof voller Vorfreude auf die Festlichkeiten.
Es ist eine der ältesten Städtepartnerschaften Europas. Paderborn und Le Mans verbindet seit 836 ein „Pakt der ewigen Brüderlichkeit“. Der Anlass: eine großzügige Geste der Freundschaft: Während die katholische Bevölkerung im Nordwesten Frankreichs seit jeher den Heiligen Julian verehrte, fehlte dem Bistum Paderborn nach seiner Gründung noch ein Heiliger, der als Schutzpatron der Stadt angebetet werden konnte. Als zweiter Bischof von Paderborn erhielt Bischof Badurad von seinem Freund dem heiligen Aldric, dem damaligen Bischof von Le Mans, schließlich die Reliquien des heiligen Liborius, der seinerzeit einer der ersten Bischöfe von Le Mans war. Das Gelübde der ewigen Bruderschaft zwischen Paderborn und Le Mans überdauert bereits Jahrhunderte und hielt auch Konflikten und Kriegen zwischen Frankreich und Deutschland stand. Seit Juni 1967 sind die Stadt Le Mans und die Stadt Paderborn Partnerstädte.
Die Zuwendung Gottes zu verkünden und zu erneuern sei die erste Aufgabe, die Jesus anvertraut wurde und die er während seines gesamten Wirkens erfüllen sollte, erinnert Le Mans Bischof Dr. Jean-Pierre Vuillemin in seiner Predigt während des Pontifikalamtes zu Ehren des Heiligen Julian. „Genau das war auch der Kern des Wirkens des Heiligen Julian. Das hat ihn hier in der Stadt Le Mans und in der gesamten Umgebung so berühmt gemacht. Die Berichte über die vom Heiligen Julian vollbrachten Wunder deuten darauf hin, dass Julian genau das vermochte, er hatte eine unglaublich wohltätige und befreiende Wirkung.“ Er habe der Stadt Wasser gegeben, indem er – wie einst Mose in der Wüste – seinen Stab in die Erde steckte. Und noch auf dem Weg dorthin habe er einen Blinden geheilt, berichtet Bischof Dr. Jean-Pierre Vuillemin. Viele weitere Wunder und wundersame Taten seien ihm zugeschrieben worden. „Wir sind heute beisammen, um den Heiligen Julian zu feiern. Wir danken für die Heiligkeit seines Lebens und die so schöne Fruchtbarkeit seines bischöflichen Dienstes. Als erster Bischof von Le Mans verkündete er an diesem Ort das Evangelium Christi. Ein lebendiges Wort, das für die vielen bestimmt ist, aber besonders an diejenigen gerichtet ist, die als die Unwürdigsten in der Gesellschaft gelten“, erinnert Bischof Dr. Vuillemin.
Das zweitägige Fest zu Ehren des Heiligen Julian wird in der Diözese Le Mans traditionell Ende Januar begangen. Neben Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz empfing Bischof Dr. Jean-Pierre Vuillemin in diesem Jahr ebenso die Generalvikare Dr. Michael Bredeck und Prälat Thomas Dornseifer, Weihbischof Josef Holtkotte, den Vorsitzenden der Paderborner Liborius-Fraternität, Domkapitular Dr. Thomas Witt, Pastor Jakob Küchler und viele weitere kirchliche Gäste aus der Erzdiözese.
Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz freute sich vor allem darüber, dass ihn Jugendliche aus der gesamten Kirchenprovinz Paderborn nach Le Mans begleitet hatten: „Besonders viele Jugendliche sind dabei, über 60 aus Paderborn und dem Bistum Magdeburg. So viele! Und dieses „Aufblühen“ der Jugendarbeit ist vor allem auch ein Verdienst von Ihnen beiden, Pfarrer Marc Isnard aus La Suze und Pastor Jakob Küchler“, lobte er das Engagement der Jugendleiter innerhalb der Deutsch-Französischen St. Liborius-Fraternität in seinem Grußwort während des Pontifikalamtes, dem er am Sonntag vorstand. Dem großen Festgottesdienst vorausgegangen war am Samstag bereits die traditionelle Vesper in der Kirche Saint-Benoît, gefolgt von der Fackelprozession mit der Reliquienbüste des heiligen Julian zur Kathedrale, wo ein Gebet für die Diözese stattfand.
Für viele der Jugendlichen war es nicht der erste Besuch in Le Mans. Sophie aus Minden hat bereits zum dritten Mal an den Feierlichkeiten zum Gedenken an den heiligen Julian teilgenommen. Trotzdem hat die 18-Jährige in diesem Jahr auch viel Neues erlebt: „Dieses Jahr konnten wir Tours besuchen und in der Krypta des Heiligen Martin Gottesdienst mit Erzbischof Udo Markus feiern. Danach hatten wir die Möglichkeit, mit ihm ins Gespräch zu kommen, was mir sehr gefallen hat“, berichtet Sophie. Eine Gelegenheit, die die Jugendlichen nur allzu gerne nutzten: So stellten sie Erzbischof Dr. Bentz Fragen zu seiner Berufung, zum Heiligen Jahr und zur Instrumentalisierung der Kirche. Die anschließende Fackelprozession war auch für die erfahrene Le Mans-Besucherin Sophie etwas Besonderes: „Dieses Jahr habe ich den Heiligen Geist vor allem in der Vesper und in der anschließenden Fackelprozession spüren dürfen. Die französischen Lieder berühren mich immer sehr.“ Das Juliansfest sei für sie ein Zeugnis von Freundschaft, Zusammenhalt und Liebe: „Ich verbinde mit der Reise Gespräche über Glauben, Erfahrungen und Banales, was eine durchaus gute Mischung ist“, erklärt Sophie. „Ich nehme für mich mit, dass Freundschaft nicht ständige Präsenz bedeutet, sondern seelische Verbundenheit“, so die Mindenerin weiter.
Auch Daniel aus Lippstadt ist bewegt von den Eindrücken der Reise nach Le Mans. Wie einige andere der Jugendlichen, hat er bei einer Gastfamilie übernachtet und hier ein Gefühl von Gemeinschaft über die Ländergrenzen hinweg verspürt: „Auch im christlichen Glauben“, erklärt der 15-Jährige. Er möchte im kommenden Jahr gerne wiederkommen, denn für ihn ist das Juliansfest: „Gemeinschaft im Glauben zwischen Tradition und Moderne.“ Ein besonderes Zeichen der Wertschätzung erfuhren die Jugendlichen stellvertretend durch Daniel Falkenkötter aus Lippstadt. Er war einer der jugendlichen Lektoren im Pontifikalamt am Sonntag. „Das war ein besonders schönes Zeichen der Verbundenheit zwischen den Bistümern und der Wertschätzung für die über 60 Jugendlichen“, resümiert Pastor Jakob Küchler.
Ein besonderes Fest erlebte auch Pfarrer iR Reinhard Bürger. Der langjährige Vorsitzende der St. Liborius-Fraternität wurde von seinem Nachfolger, Domkapitular Dr. Thomas Witt, für 50 Jahre Mitgliedschaft geehrt.
Hintergrund: Heiliger Julian
Der heilige Julian war im 4. Jahrhundert erster Bischof der Diözese Le Mans und damit Vorgänger des heiligen Liborius in diesem Amt. Gedenktag des heiligen Julian ist der 27. Januar. Seine Reliquien wurden im Jahr 835 in die Kathedrale von Le Mans überführt – ein Jahr vor der Übertragung der Liborius-Reliquien nach Paderborn. Seit dem 12. Jahrhundert wird der heilige Julian als Patron der Kathedrale von Le Mans verehrt. Im Jahr 1243 gelangten Reliquien des heiligen Julian nach Paderborn. Diese werden heute im vorletzten Gelass des Reliquienretabels im Hochchor des Paderborner Domes aufbewahrt. Auf dem Reliquiar befindet sich eine Darstellung des Heiligen. Weitere Darstellungen des heiligen Julian sind im Chorgestühl und am Paradiesportal des Paderborner Domes zu sehen.