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14.06.2024
Im GlaubensGarten in Bad Lippspringe freute sich Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz über das Gespräch mit vielen Engagierten unterschiedlichen Glaubens.
Foto / Quelle: Maria Aßhauer / Erzbistum Paderborn

„Für uns lebt die Kirche!“

Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz besucht das Dekanat Paderborn mit einmaligem Projekt des interreligiösen Dialoges.

Paderborn (pdp)

Das Dekanat Paderborn umfasst aber mehr als das Stadtgebiet. Beim Besuch seines „Heimat-Dekanats“ erlebte der neue Paderborner Erzbischof Bentz mit dem GlaubensGarten in Bad Lippspringe auch ein bundesweit einmaliges Projekt des interreligiösen Dialoges. Zudem traf er „viele Menschen, die in der Kirche etwas können und wollen“. Dass es trotzdem nie ohne Demut geht, machte Erzbischof Dr. Bentz in der Vesper deutlich, die er mit allen Ehren- und Hauptamtlichen in der Kirche des Leokonvikts feierte.

Die Vesper war die Klammer, die Hauptamtliche und Ehrenamtliche an diesem Tag zusammenführte. Mit einem kraftvollen „Vertraut den neuen Wegen“ als Schlusslied setzten die Menschen, die im Dekanat Paderborn an unterschiedlichen Stellen wirken, ein starkes Zeichen für die gemeinsame Verbundenheit und den Blick nach vorn. Dabei sei aber für das gegenwärtige Christsein laut Erzbischof Dr. Bentz Demut geboten – als geistliche Haltung des realistischen Blicks auf sich selbst, als achtsamer Umgang miteinander und als Teil von Gottes Schöpfung. „Demut hat nichts mit Selbstverachtung zu tun“, erklärte der Paderborner Erzbischof in der Vesper. „Demut drückt aus, dass nicht wir der Maßstab sind, sondern Gott.“ Für die Kirche bedeute das, die Vielfalt der von Gott geschenkten Gaben zuzulassen und „dem Einfall des Geistes in unserer Wirklichkeit Raum zu lassen“. Eine demütige Kirche sei immer auch dankbar. „Und eine dankbare Kirche liebt die Demut“, betonte Erzbischof Dr. Bentz.

Kirche in die Gesellschaft einbringen

Der Vesper vorausgegangen waren für den Paderborner Erzbischof viele Eindrücke und Begegnungen. Im Leokonvikt, dem Zuhause des Dekanatsbüros, hatte Dechant und Domkapitular Benedikt Fischer den Erzbischof, seinen Referenten Matthias Micheel und Generalvikar Monsignore Dr. Michael Bredeck morgens begrüßt und den Tag mit einem Gebet in der Konviktskirche begonnen. Im Herzen des Dekanatsbüros, dem transparenten Besprechungsraum, stellte das Dekanatsteam seine Arbeitsschwerpunkte vor. Schon hier wurde deutlich, was Nicole Müller-Kipshagen für den Bereich des Sekretariats unterstrich: „Das Dekanatsbüro ist eine Servicestelle mit Willkommenskultur.“ Ihre Kollegin Christiane Meyer warf jedoch auch einen Blick auf die Realität der Kirchenaustritte, deren Bearbeitung auch im Dekanatsbüro zunehmend ein Thema ist.

Als „Ort der Begegnung“ erlebte Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz (M.) den GlaubensGarten, hier mit den Engagierten des Gartens.
Foto / Quelle: Maria Aßhauer / Erzbistum Paderborn

Wie sich das Dekanat strukturell zusammensetzt, machte Dechant Fischer anschaulich: Neben den drei Pastoralverbünden Paderborn Mitte-Süd, Paderborn Nord-Ost-West, Elsen-Wewer-Borchen und der Pfarrei Heiliger Martin in Paderborn-Schloß Neuhaus zählt auch der Pastorale Raum An Egge und Lippe dazu. „In der lippischen Diaspora ist Schlangen die kleinste Gemeinde auf der größten Fläche unseres Dekanats“, wies der Dechant auf eine Besonderheit hin.

Der interreligiöse Dialog wird im Dekanat Paderborn großgeschrieben, etwa durch eine Kooperation mit den Dekanaten Höxter und Büren-Delbrück. „Wir wollen Kirche in die Gesellschaft einbringen“, ergänzte Dekanatsreferent Rainer Fromme. Das passiert zum Beispiel im Bündnis für Demokratie und Toleranz. Aber eben auch im Forum der Religionen: 14 Religions- und Konfessionsvertreter setzen sich hier für eine friedliche und tolerante Gesellschaft ein – besonders eindrucksvoll in der regelmäßig stattfindenden Interkulturellen Woche.

Kreative Vielfalt

Rebecca Pohl, Dekanatsreferentin für Jugend und Familie, stellte dem Erzbischof Schlaglichter vor, an denen das Dekanat beteiligt ist: vom Jugend-Musik-Festival „Louder than before“ über die monatliche Aktion „Gute N8acht“ bis zur „72-Stunden-Aktion“. Dominik Kräling von der Citypastoral berichtete vom Escape-Room im Dom, der dort zwei Mal im Jahr aufgebaut wird – vielleicht ja auch eine Team-Challenge für die Bistumsleitung? „Der Escape Room ist eine niedrigschwellige Möglichkeit, um Menschen in den Kirchenraum zu bringen“, so Kräling. Seine Citypastoral-Kollegin Alexandra Boxberger erinnerte an den „KI-Kreuzweg“ während der Libori-Woche 2023, der als mobile Ausstellung noch immer im Erzbistum ausgeliehen werde. Für Libori 2024 kündigte sie ein neues Projekt an. „Die Ausstellung ‚Übers Leben‘ wird Wohnungslosigkeit über Bilder und Skulpturen zeigen. Die ist bei uns in der Stadt ein großes Thema.“

Ortswechsel: Am späten Vormittag ging es in den Pastoralen Raum An Egge und Lippe, nach Bad Lippspringe. Ob der Erzbischof sich wunderte, dass auf dem Ortseingangsschild nicht Bad Lippspringe, sondern Paris stand? Vermutlich nicht, denn – Schicksal oder nicht: Die französische Fußball-Fußballnationalmannschaft kam am selben Tag im EM-Quartier in Bad Lippspringe an. Super-Star Kylian Mbappé und der Erzbischof liefen sich zwar nicht über den Weg, waren sich aber am Gartenschaugelände in Bad Lippspringe zumindest für einen gewissen Zeitraum ganz nah.

Beim Austausch mit den Ehrenamtlichen suchte Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz das Gespräch mit den Engagierten.
Foto / Quelle: Maria Aßhauer / Erzbistum Paderborn

Aus der guten Zusammenarbeit unterschiedlicher Religionen ist für die Landesgartenschau von 2017 in Bad Lippspringe ein Projekt gewachsen, das auch sieben Jahre später noch gedeiht: der GlaubensGarten, bundesweit beispielhaft für den interreligiösen Dialog. Nach wie vor feiern hier im großen Pavillon mit den Gärtchen der Religionen verschiedene Religionsgemeinschaften Andachten – von den Baha‘i über Christen und Muslimen bis zu Hindus und Buddhisten. Der Garten ist Raum für interreligiöse Gartengespräche, Musik und Tanz.

Im Gespräch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Religionen und Konfessionen wurde deutlich: Hier steckt ganz viel Herzblut in einem echten Friedensprojekt. „Mein Engagement hier hat mich bereichert“ und „Der Garten ist ein Schatz für mich“ – das waren nur zwei der Aussagen von Menschen ganz unterschiedlichen Glaubens, deren Herz am GlaubensGarten hängt und die Erzbischof Dr. Bentz hier traf. „Der Garten ist ein Ort der Begegnung. In den einzelnen Gärten bleiben die unterschiedlichen Religionen aber für sich erkennbar“, erklärte Pfarrer Georg Kersting, Leiter des Pastoralen Raumes An Egge und Lippe. „Ohne aufdringlich zu sein, wird Glaube hier zum Thema für die Menschen.“ Beim Gang durch die Gärten stellte Erzbischof Dr. Bentz fest: „Es ist schön, dass man von jedem Garten erst wieder zur Mitte geht, um in den nächsten zu gelangen. Das ist ein Heran- und auch wieder Zurücktreten. Niemand wird vereinnahmt. Von Begegnung ist hier viel spürbar“, sagte er zum Abschied vor der nächsten Station.

Von Roller-Tour bis Quellensuche

Erneuter Ortswechsel nach dem Mittagessen, zurück ins Leokonvikt. Bei Kaffee und Kuchen kam Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz hier mit insgesamt 70 Hauptamtlichen aus den fünf Hauptamtlichen-Teams der Pastoralen Räume ins Gespräch. Zum Austausch war auch Generalvikar Prälat Thomas Dornseifer dazugekommen. „Ich bin jetzt bei Ihnen fast am Bergfest meiner Reisen durch die Dekanate angekommen“, begrüßte der Erzbischof die Mitarbeitenden. „Es ist gut, dass die Besuche nah beieinander liegen. Denn so nehme ich die Heterogenität dieses Erzbistums besser wahr. Und seien Sie gewiss: Das ist nicht nur eine Erzbischöfliche Sightseeing-Tour, sondern wir greifen die Themen, die wir hören, auch auf.“

In der Kirche des Leokonvikts betete Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz mit den Haupt- und Ehrenamtlichen aus dem Dekanat Paderborn die Vesper.
Foto / Quelle: Maria Aßhauer / Erzbistum Paderborn

Auf ganz unterschiedliche Weise stellten sich die Teams ihrem neuen Erzbischof vor. Der Pastorale Raum Paderborn Mitte-Süd mit Pfarrer Benedikt Fischer deklinierte die Pastoralvereinbarung an konkreten Beispielen und krönte dies mit einem gemeinsamen Lied. Beim Pastoralen Raum Paderborn Nord-Ost-West mit Pfarrer Thomas Stolz konnte der Erzbischof Infos auf Tafeln zu „chilliger“ Begleitmusik in seinem Tempo buzzernd wahrnehmen. Eine Roller-Tour durch die Pfarrei Heiliger Martin Schloß-Neuhaus unternahm er im wörtlichen Sinn mit Pfarrer Tobias Dirksmeier zu dessen Teammitgliedern. Das Team um Pfarrer und Domkapitular Dr. Thomas Witt vom Pastoralen Raum Elsen-Wewer-Borchen präsentierte sich und seine Aufgaben im Speeddating. Pfarrer Georg Kerstin und sein Team des Pastoralen Raumes An Egge und Lippe sangen und sprachen schließlich von ihren Quellen. Gemeindereferentin Elisabeth Frewer aus dem Pastoralen Raum Elsen-Wewer-Borchen brachte die vielfältige Präsentation auf den Punkt: „Für uns lebt die Kirche!“

Von dieser „geballten Menge an pastoraler Wirklichkeit“ beeindruckt, wie Dekanatsreferent und Moderator Rainer Fromme zusammenfasste, machte Erzbischof Dr. Bentz im Schlusswort seine Hoffnung deutlich, „dass diese Tage auch für die Dekanate wichtig sind, ums sich die eigene Vielfalt bewusst zu machen“. Im derzeitigen Transformationsprozess sei die Befähigung von Haupt- wie Ehrenamtlichen wichtiger denn je. Ebenso müsse die geistliche Profilbildung ein Schwerpunkt sein. „Statt in flächendeckenden Versorgungspunkten werden wir künftig stärker in Ankerpunkten arbeiten, die sich vernetzen“, blickte der Erzbischof nach vorn. Es gelte, eine „Dynamik des Geistes“ in Vertrauen und Gelassenheit zuzulassen. Dank für diese Ermutigung sagte Dekanatsreferent Rainer Fromme mit der Zusicherung: „Sie haben ein Dekanat erlebt, das voller Leben ist. Auf uns können Sie zählen!

Das konnte der Erzbischof nach der Vesper auch beim Treffen mit den Ehrenamtlichen erfahren: Jeweils 20 Menschen waren pro Pastoralem Raum gekommen, um bei einem Imbiss mit dem Erzbischof ein möglichst repräsentatives Bild des ehrenamtlichen Engagements im Dekanat Paderborn zu zeichnen. Erzbischof Dr. Bentz zeigte auch nach dem langen Tag noch immer reges Interesse an den Anliegen der Ehrenamtlichen. Von Tisch zu Tisch gehend suchte er offen das Gespräch, hörte mit großer Ernsthaftigkeit aufmerksam zu, notierte sich Vieles – lachte aber auch herzlich. „So, wer sitzt denn hier am Tisch?“, fragte er mit unverminderter Neugier, als er seinen Platz wechselte.

Diese Art des neuen Erzbischofs kam auch in Paderborn an. „Er geht auf Menschen zu und ist selbst demütig“, bezog sich Beatrix Gierling auf die Worte des Erzbischofs in der Vesper. Sie engagiert sich nicht nur in der Seniorenarbeit in Elsen, sondern auch im Vorstand der deutsch-französischen Liborius-Fraternität. In dieser Funktion durfte sie den Erzbischof als Begleiterin der französischen Delegation aus Le Mans auch bei seiner Amtseinführung erleben. „Seine ganze Mimik und Gestik vermitteln den Eindruck, dass er wirklich zuhört“, zeigte sich Gierling begeistert.

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