Das Hilfswerk Misereor zog Bilanz für das Jahr 2023.
Foto / Quelle: Misereor

Misereor: „Globale Kurzsichtigkeit schadet auch uns“

Hilfswerk nimmt mehr Spenden ein und fordert: „Nachhaltigkeitsziele müssen verwirklicht werden.“

Berlin

Misereor hat im Jahr 2023 mehr Spenden eingenommen. Das teilte Andreas Frick, neuer Hauptgeschäftsführer des bischöflichen Hilfswerks, bei der Jahresbilanzpressekonferenz seiner Organisation in Berlin mit. Mit 64,6 Millionen Euro fielen die Einnahmen aus Spenden und Kollekten um 2,9 Millionen Euro höher aus als ein Jahr zuvor. Frick, der seit Anfang Juli Vorstandsvorsitzender des weltweit größten katholischen Entwicklungshilfswerks ist, dankte allen Spenderinnen und Spendern, die sich auch in ökonomisch herausfordernden Zeiten sehr großzügig gezeigt hätten.

Hunger in der Welt entschlossener angehen

Frick verband seine Jahresbilanz mit einem Appell an Bundesregierung und Europäische Union, die von den Vereinten Nationen für das Jahr 2030 proklamierten 17 Nachhaltigkeitsziele bestmöglich zu verwirklichen. Der politische Wille müsse aufgebracht werden, den Hunger in der Welt entschlossener anzugehen. „Hunger und Ernährungsunsicherheit gehören zu den größten Skandalen unserer nach wie vor ungerechten Welt. Wir wissen, wie es zu verhindern wäre! Es ist genug Essen für alle da. Und doch werden 733 Millionen Menschen nicht satt“, so Frick. Politik und Gesellschaft müssten den Reichtum der Menschheit gerechter verteilen, damit die nach wie vor große Armut in vielen Ländern des globalen Südens abgemildert werden könne. „Wer über Armut spricht, darf über Reichtum nicht schweigen! Mit dem notwendigen politischen Willen im Kampf für Gerechtigkeit und einer starken, globalen Partnerschaft wäre es möglich, die notwendigen Ressourcen aufzubringen“, unterstrich Frick.

Misereor-Geschäftsführer Bernd Bornhorst kritisierte in diesem Zusammenhang die geplanten Kürzungen im Bundes-Etat für Entwicklungszusammenarbeit: „Die vorgesehenen deutlichen Einsparungen im Etat für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe senden das Signal aus, dass nationale Interessen Vorrang vor globaler Solidarität haben sollen. Aus Sicht von Misereor ist dieser Kurs mehr als kurzsichtig. Wenn wir unserer Verantwortung zur Linderung von Notlagen und Krisen nicht in ausreichendem Maße gerecht werden, riskieren wir einen weiteren Rückgang an globaler Stabilität. Was nichts anderes bedeutet, als dass besagte Notlagen und Krisen zunehmen könnten und wir auch in Deutschland die Folgen zu spüren bekämen. Was wir heute nicht gemeinsam global angehen, wird uns morgen noch mehr Anstrengungen und Geld kosten.“

Weniger Chancen und weniger Hoffnung

Auch der Vorsitzende der Katholischen Zentralstelle für globale Entwicklung (KZE), Prälat Karl Jüsten, beklagte, dass bereits im vergangenen Jahr die staatlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit reduziert wurden. „Bei weiteren Kürzungen wäre klar, dass weniger Projekte gefördert, bzw. Projekte nur noch in reduziertem Umfang unterstützt werden könnten. Bei den aktuellen Zahlen müssten wir bei Misereor von Kürzungen von mindestens zehn Prozent im Bewilligungsvolumen ausgehen. Was sich hier abstrakt anhört, bedeutet vor Ort, Prozesse nicht weiterführen und Chancen nicht ergreifen zu können. Und damit weniger Hoffnung“, warnte Jüsten.

Zudem betonte der KZE-Vorsitzende die Wirkung von Entwicklungszusammenarbeit: „Wir brauchen ein starkes und eigenständiges Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Nur so kann Deutschland seiner globalen Verantwortung gerecht werden und einen starken Beitrag zur Bekämpfung von Armut, Hunger und den Folgen der Klimakrise leisten“.

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