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14.12.2024
Das NS-Regime versuchte, das Weihnachtsfest gemäß der nationalsozialistischen Weltanschauung umzudeuten. Diese Baumkugel zeigt Symbole der nationalsozialistischen Bewegung: Hakenkreuz und Sonnenrad.
Foto / Quelle: Kreismuseum Wewelsburg / Rolf Hellmeier

Julkugeln am Christbaum

Ausstellung des LWL zeigt Weihnachten in der Nazizeit.

Lichtenau-Dalheim

Im LWL-Landesmuseum für Klosterkultur in Lichtenau-Dalheim (Kreis Paderborn) erinnert aktuell die Ausstellung „Und vergib uns unsere Schuld?“ an die Kirchen und Klöster im Nationalsozialismus (bis Mai 2025). Museumsleiter Dr. Ingo Grabowsky erläutert, dass das christliche Weihnachten in der Nazizeit zwar unter Druck kam, aber „Julfest“ und „Julkugeln“ am Weihnachtsbaum auch wieder verschwanden. Weniges blieb allerdings bis in die Gegenwart.

Herr Grabowsky, wie war denn das Verhältnis des NS-Regimes zu Weihnachten und den Weihnachtsbräuchen?

Die führenden Nationalsozialisten wie Hitler oder Goebbels waren antichristlich und antikirchlich eingestellt, auch wenn sie sich öffentlich anfangs mit antichristlicher Rhetorik zurückhielten, um die Leute nicht zu verprellen. Ihr langfristiges Ziel war es, christliche Bräuche zu verdrängen und sie durch eine neue völkisch-nationale Religion zu ersetzen. Das Weihnachtsfest sollte von der christlichen Tradition gelöst werden. Weihnachtsschmuck, Gebäck oder Lieder wurden von christlichen Bezügen bereinigt. SS-Leute feierten statt Weihnachten das „Julfest“ mit Julleuchtern“, „Vorweihnachtskalender“ sollten den Adventskalender ersetzen. Die SS hatte sogar ein eigenes „Glaubensbekenntnis“, das im Grunde genommen eine üble Parodie des christlichen Glaubensbekenntnisses war. Das Weihnachtsfest wurde zu einem „Fest der allgemeinen Mutterschaft“ umgedeutet. Nicht zuletzt wurde das sogenannte „Mutterkreuz“ zu Weihnachten 1938 ins Leben gerufen. Auch wurde versucht, den Nikolaus und das Christkind durch den Weihnachtsmann und andere Gestalten der Sagenwelt zu ersetzen.

Wenn sich das Regime so viel Mühe gegeben hat, die Weihnachtsbräuche zu überformen: Hatten die Nazis Erfolg?

Die Nationalsozialisten haben mit vergleichsweise großem Aufwand versucht, das Weihnachtsfest im Sinne ihrer Weltanschauung umzudeuten. Allerdings waren die christlichen Traditionen so stark, dass der Erfolg dieser Politik überschaubar blieb. Christliche Traditionen und der Glaube gaben vielen Menschen auch die Kraft, um die Kriegsjahre zu überstehen. Daher passten sie den Nationalsozialisten auf eine gewisse Weise auch ins Konzept. Im Krieg bemühte sich Hitler zunächst um einen „Burgfrieden“ im Innern. Eine „Abrechnung“ mit den Kirchen plante er für die Zeit nach Kriegsende.

Waren Julleuchter und anderes nach 1945 dann Geschichte?

Julleuchter und Julkugeln mit Hakenkreuzsymbolen sind nach 1945 natürlich aus dem öffentlichen Leben verschwunden. Es gelang den Nationalsozialisten in ihrer vergleichsweise kurzen Herrschaftszeit von gut zwölf Jahren nicht, christliche Traditionen zu beseitigen. Spuren ihrer Politik sind aber bis heute zu finden. Das Sternsingerlied „Es ist für uns eine Zeit angekommen“ wird bis heute meist in einer von den Nationalsozialisten bereinigten Form gesungen, die keine religiösen Bezüge mehr enthält. In der Nazi-Zeit entstanden auch Winterlieder wie „Hohe Nacht der klaren Sterne“. Auch dieses Lied wurde bis in die jüngste Vergangenheit gesungen, zum Beispiel von dem Schlagersänger Heino. Dabei ist gerade bei diesem Lied der Bezug zum Nationalsozialismus augenfällig. Auch der Weihnachtsmann begegnet uns heute noch allerorten.

lwl
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