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04.12.2024
Mitarbeitende der Caritasverbände Olpe und Paderborn freuten sich über die Auszeichnung des Projektes zur Integrierten Pflegebegleitung.
Foto / Quelle: Florian Arp

Mitgehen und nicht alleinlassen

Ausgezeichnetes Projekt der Caritas im Kreis Olpe will Lücke bei Leistungs-erbringung schließen.

Essen/Kreis Olpe

Pflegebegleitung bedeutet „Mitgehen“ und „Nicht-Alleinlassen – Ein Credo, welches die Caritasverbände Padeborn und Olpe mit ihrem Gemeinschaftsprojekt, das jüngst in Es-sen mit dem Häusliche Pflege Innovationspreis ausgezeichnet wurde, zielgerichtet verfolgen. Angesichts steigender Pflegebedürftigkeit und begrenzter personeller Ressourcen entwickelten beide Caritasverbände im Rahmen eines geförderten Projektes die „Integrierte Pflegebegleitung“ als neue, bisher nicht verfügbare Leistung. Das Projekt zielt darauf ab, Pflegebedürftige und deren Ange-hörige in Krisensituationen zu begleiten und durch gezielte Bera-tung zu stärken.

Was es konkret mit dem „Leuchtturmprojekt“ auf sich hat, erklärt Dirk Schürmann, Leitung des Caritas-Zentrums Lennestadt und einer der En-gagierten: „Die Organisation der Pflege eines Angehörigen überfordert immer wieder viele Familien und Beziehungen, führt zu hohem Druck und einer kritischen Kommunikation im Miteinander“, weiß Schürmann. Gerade bei Krisen gebe es im bestehenden Leistungssystem kaum Hil-fen für das Pflegeumfeld. „Eine umfassende anfängliche Begleitung, die den Betroffenen ermöglicht, ein geeignetes Setting in Verbindung mit konkreten Unterstützungsleistungen zu organisieren, ist dringend erfor-derlich – nicht zuletzt auch, um die professionelle Pflege zu entlasten.“

Die Caritasverbände Paderborn und Olpe setzen genau hier an und er-proben noch bis Ende kommenden Jahres das gemeinsam entwickelte Konzept „Integrierte Pflegebegleitung“. Systemisch geschulte Pflege- und Sozialkräfte begleiten Pflegebedürf-tige und deren Angehörige bedarfsorientiert und für einen befristeten Zeitraum. „Vier bis sechs Termine genügen meist für eine stabile Versor-gung“, weiß Schürmann aus Erfahrung. Pflegebedürftige und Angehö-rige werden unterstützt, eigenständiger zu handeln und weniger auf pro-fessionelle Hilfe angewiesen zu sein. So profitieren mehr Menschen von den knappen Ressourcen der Pflegedienste.

Beteiligung des sozialen Umfeldes

Eine verlässliche Ansprechperson gibt ihnen vor allem in schwierigen Situationen – etwa bei veränderter Pflegesituation oder einem Ausfall der Pflegeperson – eine gewisse Sicherheit. Bestes Beispiel, so Schürmann, sei der Fall des an Demenz erkrankten 86-jährigen Herrn F. aus Lennestadt, der von seiner Frau gepflegt wird. „Nach ihrem Beinbruch drohte seine Pflege zu scheitern. Die Mitarbeitenden unseres Projektes organisierten kurzfristig den Einsatz eines Pflegedienstes, kümmerten sich um eine Betreuungskraft, die für die Zeit des Ausfalls der Ehefrau als Live-In-Betreuerin im Haushalt lebt, und stehen der Ehefrau beratend zur Seite. Außerdem wurde auch das familiäre und nachbarschaftliche Umfeld aktiviert, das einen Teil der Be-treuung übernimmt.“

Marion Hegener, Pflegedienstleitung im Caritas-Zentrum Lennestadt und Projekt-Beteiligte ergänzt: „Wir gestalten individuelle Hilfe-Mixe, fördern die (Selbst-)Pflegekompetenzen und klären über Leistungsansprüche für eine sichere Betreuung im eigenen Zu-hause auf.“ Durch die Vernetzung unterschiedlichster Akteure und Bera-tungsstellen entstehen so neue Ressourcen. Darüber hinaus sei die Pflegebegleitung als integrierter Bestandteil eines umfassenden Pflege-dienstes gedacht: Sie passt sich der aktuellen Situation im familiären Pflegesystem an und kombiniert bedarfsgerecht verschiedene Unterstüt-zungsangebote.

Es sei ein „Mitgehen“ und „Nicht-Alleinlassen“, betonen die Verantwortli-chen. „Gerade auch bei knappen Kapazitäten“, ergänzt Dirk Schürmann. Die Mitarbeitenden sehen sich als Begleiter, ohne fertige Lösungen vor-zugeben – ein neuer, im aktuellen Leistungssystem unberücksichtigter Ansatz. Bislang werde die Beratung eher als Information und Schulung verstanden, während psychosoziale und systemische Unterstützung zu kurz kommt – wenn nicht sogar „ganz fehlt.“

Aktuell wird die Leistung nicht von den Pflegekassen in NRW refinanziert und kann daher nicht regelmäßig angeboten werden. Das beste-hende Vergütungssystem belohnt tendenziell verrichtungsbezogene Leistungen für Pflegebedürftige, während die integrierte Pflegebeglei-tung Betroffenen und pflegenden Zu- und Angehörigen zu Gute käme.

Preisverleihung in Essen

„Wir haben bereits viel investiert, führen gute Gespräche und vernetzen uns weiter“, so die Projektgruppe des Caritasverbandes Olpe um Dirk Schürmann, die gemeinsam mit den Paderborner Kolleginnen und Kolle-gen hofft, dass der Projekt-Status bald passé ist. Erklärtes Ziel ist, dass die „Integrierte Pflegebegleitung“ als Leistung in den Landesrahmenver-trag mitaufgenommen und eine entsprechende Refinanzierung im Leis-tungsrecht verankert wird. Mit Hilfe ausgebildeter Experten soll gemein-sam mit den Pflegebedürftigen und ihren Zu- und Angehörigen ein stabi-les Versorgungssetting aufgebaut werden. „Durch die aktive Einbindung aller möglichen Ressourcen entstehen so stabile Pflegesituationen, die dauerhaft eine gute Versorgung gewährleisten können“, ist Dirk Schürmann überzeugt.

Gemeinsam mit den Projekt-Mitstreiterinnen Marion Hegener, Antonia Künchen, Claudia Vennteicher und Birgit Voucko nahm er jüngst den mit 3.000 Euro dotierten Häusliche Pflege Innovati-onspreis des Vinzentz-Verlages unterstützt von dem Unternehmen opta data auf der LUNA (Leitkongress und Netzwerk Plattform ambulant) in Essen entgegen.

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