Bischof Vicente Ferreira (Mitte) kämpft gegen den illegalen Abbau von Gold in Brasilien. Mit Tommy Piemonte (rechts) und Dr. Richard Böger (links) von der Paderborner Bank für Kirche und Caritas tauschte er sich aus.
Foto / Quelle: BKC

Ohne Regeln und Umweltgewissen

Tommy Piemonte imd Dr. Richard Böger von der Bank für Kirche und Caritas, prangerten im Februar den illegalen Abbau von Gold an. Mit Bischof Vicente Ferreira trafen sie einen einflussreichen Gleichgesinnten.

Autorenzeile

Bischof Ferreira, warum ist der illegale Abbau von Gold so ein wichtiges Thema für Sie?

Der illegale Goldabbau ist deshalb ein wichtiges Thema für mich, weil er signifikante Umwelt- und Gesundheitsschäden verursacht, besonders in der Amazonasregion. Nahezu alle diese illegalen Bergbaubereiche (95 Prozent) liegen in drei Gebieten der indigenen Völker ­Kayapó, gefolgt von ­Munduruku und ­Yanomami. Diese heimlichen Aktivitäten führen zu Abholzung von Wäldern und der Verschmutzung von Wasser, Boden und Luft mit giftigen Substanzen wie Quecksilber. Das zerstört Leben, besonders von der indigenen Bevölkerung.

Bergbau funktioniert nicht ohne Schadstoffe. Wo liegen die Unterschiede zu legalen Unternehmen?

Legale wie illegale Goldminen arbeiten mit gefährlichen Chemikalien wie Quecksilber oder Zyanid, die Ökosysteme verschmutzen und die menschliche Gesundheit gefährden können. Das Schlimme am illegalen Goldabbau ist, dass er ohne Verantwortung für die Umwelt und ohne Erlaubnis arbeitet und dabei unkontrolliert Schäden verursacht. Darüber hinaus hat die globale Goldindustrie einen erheblichen CO2- und Wasser-Fußabdruck. Forschungen von der ­Smith ­School of ­Enterprise and the ­Environment an der Universität Oxford legen nahe, dass das Recycling von Gold den notwendigen Bedarf decken könnte, ohne die Umwelt noch weiter zu schädigen. Nur 8 Prozent des Goldes werden in der Technologie verwendet, während 92 Prozent zu Schmuck verarbeitet oder in Banktresoren gelagert werden. Angesichts dieser erheblichen Auswirkungen ist die Beendigung des Gold­abbaus für den Schutz unseres Planeten von entscheidender Bedeutung.

Wie erleben Sie die Atmosphäre in ­Brasilien? Gibt es ein neues Bewusstsein für den Umweltschutz?

In Brasilien erlebt der Bergbau eine besorgniserregende Expansion. Nach der Amtsenthebung der ehemaligen Präsidentin Dilma Rousseff im Jahr 2016 und insbesondere während der Regierung von Jair Bolsonaro von 2019 bis 2022 kam es zu einer deutlichen Lockerung der Umweltgesetzgebung und zur Aufhebung formeller Vorschriften für diese Tätigkeit. Im Jahr 2022 zielte eine Reform des Bergbaugesetzes darauf ab, mehr Investitionen in den Mineraliensektor zu ziehen, indem die Mineraliengesetzgebung an das Gesetz zur wirtschaftlichen Freiheit angepasst wurde. Diese Reform förderte schnellere, vereinfachte Verfahren, was katastrophale Folgen für die Natur und das Leben der Menschen hatte.

Die Regierung hat wieder gewechselt. Was erhoffen Sie sich davon?

Wir hoffen, dass Brasilien unter der demokratischeren und populäreren Regierung von Präsident Lula eine stärkere Umwelt- und Menschenrechtsgesetzgebung bekommt und die räuberische Expansion des Mineralienabbaus gestoppt wird. Wir beobachten in dieser Regierung ein klares ­Bewusstsein für den Naturschutz. Insbesondere im Hinblick auf den illegalen Goldabbau gibt es bereits Anzeichen einer Verbesserung, ­beispielsweise neue Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Illegalität. Derzeit ist mehr als die Hälfte des von Brasilien produzierten und exportierten ­Goldes mit ernsthaften rechtlichen ­Problemen behaftet. Es ist dringend erforderlich, klare Regeln zu schaffen, um zu verhindern, dass illegales Metall auf den Markt kommt, und um Goldwäsche-­Systeme zu beenden.

Die Wirtschaft ist die eine Seite. Wie steht es um die Menschenrechte?

Die derzeitige Regierung legt größten Wert darauf, Abholzung und Menschenrechtsverletzungen zu beenden. Doch die jetzige Gesetzgebung erleichtert noch Geldwäsche-­Systeme und schafft einen ständigen Anreiz, in indigene Ländereien und Naturschutzgebiete einzudringen, wodurch Abholzung und Menschenrechtsverletzungen im Land zunehmen. Es ist auch von entscheidender Bedeutung, die Grenzkontrollen und die Regulierung des Luftverkehrs im Amazonasgebiet zu verbessern. Wir haben große Hoffnungen, dass die derzeit in der Abgeordnetenkammer und im Bundessenat behandelten Gesetzesentwürfe angenommen werden, um diese Situation umzukehren. Diese Projekte zielen darauf ab, Kontrollen über die Kommerzialisierung von Gold einzuführen und seinen Ursprung von der Gewinnung bis zum Export nachzuverfolgen. Darüber hinaus ist es sehr wichtig, von Endkäufern wie Luxusjuweliergeschäften in Europa und großen Technologieunternehmen in den USA zu verlangen, den Erwerb von reguliertem Metall nachzuweisen. Unter der aktuellen Regierung ist ein neues Bewusstsein für den Schutz der Natur entstanden, das für die Zukunft der brasilianischen Umwelt und seiner Bevölkerung von entscheidender Bedeutung ist.

Wie können Käufer in Europa sichergehen, dass sie kein Gold aus illegalem Abbau erwerben?

Wenn sie nicht auf Gold verzichten möchten, ist recyceltes Gold meiner Meinung nach die beste Option. Anleger sollten jedoch bedenken, dass der Kauf von recyceltem Gold immer noch zur weltweiten Gesamtnachfrage nach Gold beiträgt.

Menschen, die in Brasilien „­Garimpagem“ (Kleinschürfer) genannt werden, sind ein großer Teil dieses illegalen Geschäfts. Sind sie verzweifelt, weil es keine legalen Möglichkeiten für sie gibt, Geld zu verdienen?

Die Gründe für den illegalen Bergbau sind sehr komplex. Es gibt unzählige Faktoren, die zu seiner Existenz beitragen. Die Regierung muss mehr tun, als nur die Bergleute aus sensiblen Gebieten zu entfernen, darunter auch aus indigenen Gebieten und Naturschutzgebieten, sonst ziehen sie in andere geschützte Gebiete oder kehren an dieselben Orte zurück, an denen sie Bergbau betrieben haben. Es ist notwendig, soziale Maßnahmen umzusetzen, denn solange es die Bergbauoption gibt, werden die verarmten Massen betroffen sein.

Wie können die Menschen in Deutschland helfen?

Menschen in Deutschland können den Menschen in Brasilien helfen, indem sie den Rat der Richtlinie für ethische Investitionen der Österreichischen Bischofskonferenz (siehe Infobox) befolgen, die Desinvestitionen aus dem Goldbergbau fördert. Dazu gehört die Vermeidung von Investitionen in physisches Gold, Goldminenunternehmen und Finanz­instrumenten, die die Nachfrage nach physischem Gold erhöhen. Die Richtlinie hebt die systematischen Umweltschäden und negativen Auswirkungen des Goldbergbaus auf die Gemeinschaft hervor und betont die Notwendigkeit, im Lichte des Evangeliums für die Schöpfung zu sorgen. Mit der Befolgung dieser Leitlinien können die Menschen in Deutschland dazu beitragen, die ökologischen und sozialen Schäden zu verringern, die durch den Goldabbau in Brasilien entstehen.​

// Interview: Wolfgang Maas

Zur Sache

„Edelmetalle, insbesondere Gold, haben seit jeher eine besondere Stellung als Investment inne. Gold wird sowohl wegen seiner Wertstabilität über sehr lange Zeiträume und in Zeiten von Währungsabwertungen oder politischen Krisen als auch wegen seiner Transportfähigkeit in Krisensituationen geschätzt. Die Gewinnung von neuem Gold ist jedoch mit enormen Umweltschäden sowie ausbeuterischen und gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen verbunden. Daher sollten Investitionen in Unternehmen und Projekte, die Gold abbauen, physisches Gold und Finanz­instrumente, die zu einer weiteren Nachfrage nach physischem Gold beitragen, abgelehnt werden. Eine Risikoabsicherung mittels an die Entwicklung des Goldpreises gekoppelter Finanzprodukte ist bei Vorliegen sachlicher Gründe ebenso möglich wie das Beibehalten bestehender Investitionen in physisches Gold. Gleiches gilt auch für andere Edelmetalle.“

Aus: Richtlinie für ethische Investitionen der Österreichischen Bischofskonferenz

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